Hamburg. Wegen Personalmangel senkt Hamburger Kita die Betreuungsdauer von zehn auf neun Stunden, wird aber voll bezahlt. Was die Behörde sagt.

Der Ärger bei den Eltern ist groß: Wegen Personalmangels hat eine Hamburger Kita im Bezirk Nord die Betreuungszeiten gekürzt– erhält aber die vollen Gebühren. Obwohl die Eltern einen Kita-Gutschein für zehn Stunden Betreuung täglich haben, werden die Kinder dort nur neun Stunden betreut. Und das bereits seit Oktober vergangenen Jahres.

„Dieser Zustand hält auf jeden Fall noch dieses Jahr an, weil es kein Personal gibt“, sagt eine betroffene Mutter, die anonym bleiben möchte.

Kita in Hamburg: Ärger um Gebühr – zehn Stunden bezahlt, aber neun bekommen

Das Problem: In Hamburg gibt es Kita-Gutscheine nur für sechs, acht, zehn oder zwölf Stunden. „Da die Kinder aber nur neun Stunden betreut werden, bekommt die Kita täglich eine Stunde mehr bezahlt als vereinbart“, erklärt die Mutter und rechnet vor: „Das sind bei fünf Tagen in der Woche 20 Stunden im Monat.“ Wenn man das auf alle Kinder und noch andere Kitas hochrechne, komme eine große Summe an Steuergeldern zusammen – die einfach verschwendet werde.

Der Kita selbst möchten die betroffenen Eltern keinen Vorwurf machen. Sie haben mitbekommen, wie eng die Personaldecke seit Monaten ist und wie sich alle bemühen, den Personalmangel auszugleichen. Ohne Erfolg.

Personalmangel in Hamburg: Kita kürzt Betreuungszeit von zehn auf neun Stunden

Nachdem die Eltern bereits mündlich über die Betreuungsengpässe informiert worden sind, haben sie jetzt ein offizielles Schreiben von der Kita bekommen, in dem darauf hingewiesen wird, dass eine zehnstündige Betreuung nicht mehr angeboten wird.

„Wir verstehen die Kita total: Woher sollen die Erzieher denn kommen? Die Lage ist ja überall angespannt“, so die betroffene Mutter.

Studie: In Hamburg fehlen etwa 6400 Kita-Plätze

Laut dem Landesmonitor frühkindliche Bildungssysteme der Bertelsmann Stiftung fehlen in Hamburg etwa 6400 Kita-Plätze, um den Bedarf der Eltern zu decken.

Die Quote der unter dreijährigen Kinder in Kindertagesbetreuung liegt laut Studie in der Hansestadt mit 49 Prozent über dem Bundesdurchschnitt (36 Prozent). Allerdings wünschten sich 58 Prozent der Eltern für ihr Kind in dieser Altersgruppe eine Betreuung. Bei den ab Dreijährigen befindet sich die Betreuungsquote mit 95 Prozent ebenfalls über dem Bundesdurchschnitt (92 Prozent). Hier haben jedoch laut Bertelsmann 98 Prozent der Eltern Bedarf an einer Kindertagesbetreuung.

Fachkräftemangel in Kita sorgt für Kürzung der Betreuungszeit von Kindern (Symbolfoto).
Fachkräftemangel in Kita sorgt für Kürzung der Betreuungszeit von Kindern (Symbolfoto). © Oksana Kuzmina - stock.adobe.com | stock adobe com

Derzeit besuchen 86.355 Kinder in Hamburg eine Kindertageseinrichtungen. Für alle Kinder gilt in Hamburg ein beitragsfreier Rechtsanspruch auf fünfstündige Betreuung inklusive Mittagessen bis zur Einschulung.

Sozialbehörde: „Es kommt zu befristeten Einschränkungen.“

„Grundsätzlich können die Rechtsansprüche auf Kindertagesbetreuung in Hamburg erfüllt werden und die Kitas ihrem Bildungs- und Betreuungsauftrag nachkommen“, sagt Wolfgang Arnhold, Sprecher der Sozialbehörde. „Es kommt aktuell allerdings verschiedentlich zu befristeten Einschränkungen der Betreuungszeiten in Kindertageseinrichtungen.“

Gründe für die erhöhte Arbeitsbelastung in Kindertageseinrichtungen seien insbesondere die anhaltend hohen Krankenständen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie eine zugenommenen Fluktuation von Arbeitskräften.

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„Sollte es zu unerwartet größeren Personalausfällen kommen und die Aufsichtspflicht nicht sichergestellt werden können, kann die Kita im Einzelfall über Einschränkungen z. B. in Bezug auf die Betreuungszeiten entscheiden und gemäß ihrer Meldepflicht die Sozialbehörde darüber informieren. Dabei sind auch die privatrechtlichen Betreuungsverträge zu beachten und die Eltern so zeitnah wie möglich zu informieren“, heißt es von der Sozialbehörde.

Kita-Ärger in Hamburg: Eingeschränkte Betreuungszeiten trotz voller Gebühren

Die Kita dürfe also, um Personalausfälle aufzufangen, kurzfristig auf neun Stunden Betreuung reduzieren. „Sollte das aber dauerhaft der Fall sein, müsste der Betreuungsumfang reduziert werden. Hierbei muss aber der privatrechtliche Betreuungsvertrag zwischen Sorgeberechtigten und Kita mit seinen Kündigungsfristen im Blick behalten werden“, sagt Wolfgang Arnhold und fügt hinzu: „Eine Reduktion wäre dann nur von zehn auf acht Stunden möglich, da die Betreuungsumfänge im Sinne eines pauschalisierten Kita-Gutschein-Systems gestuft sind.“ So solle der Verwaltungsaufwand reduziert werden.

Nach einer solchen Absenkung müsse dann auch entsprechend der Familienbeitrag angepasst werden.

In Hamburg sind bis zu fünf Stunden täglich in der Kita bzw. bis zu 30 Wochenstunden in der Kindertagespflege beitragsfrei. Für darüber hinausgehende Betreuungszeiten sind die Elternbeiträge nach Einkommenshöhe, Familiengröße, Altersgruppe des betreuten Kindes und Betreuungsumfang gestaffelt.

Hamburger Kita erhält fast 1000 Euro für Betreuung

Derzeit bezahlt die betroffene Familie aus dem Bezirk Nord einen Eigenanteil von 204 Euro. Für eine Betreuung in dem Leistungsumfang erhält eine Hamburger Kita durchschnittlich 947 Euro pro Monat.

Der Landeselternausschuss (LEA) sieht die schwierige Lage, in der sich die Eltern befinden. „Die Kita-Krise führt vielfach zu Schließungen, verkürzten Öffnungszeiten der Einrichtungen, oder es wird nur noch eine Notbetreuung angeboten. Das Problem liegt meistens nicht in der einzelnen Kita, sondern die Politik muss bessere Bedingungen für die Kitas schaffen“ sagt Mariam Prühs-Temori von LEA-Vorstand. Der LEA ist die offizielle gesetzliche Elternvertretung aller Hamburger Krippen, Kitas und der Nachmittags- und Ferienbetreuung.

Eine stundenweise Abrechnung der Kita-Gutscheine sei ein enormer bürokratischer Aufwand und kaum sinnvoll. Es sei ein großes Problem für die Eltern, wenn die Kita die benötigte Betreung nicht mehr anbieten könne. „Gleichzeitig haben wir auch Verständnis für die Kitas, die nicht genug Personal haben – gute Kinderbetreuung in Kitas ist mehr als nur beaufsichtigen“.