Hamburg. In Hamburg und dem Land rollt wenig: Die Lokführergewerkschaft GDL überzieht erneut – zum Schaden der Kunden, der Bahn und der Umwelt.
Zumindest auf einen kann sich die kriselnde Automobilindustrie noch verlassen: auf Claus Weselsky, den Vorsitzenden der Gewerkschaft der Lokomotivführer. Er beweist immer wieder, dass es in Deutschland nicht ohne das Auto geht. In jeder Tarifrunde überzieht die GDL das Land mit unangemessenen Warnstreiks und Ausständen. Nun will der Gewerkschaftschef das Land gleich sechs Tage lahmlegen. Und das, obwohl noch verhandelt wird. Ja, die Bahn hatte sogar gerade erst ein neues Angebot vorgelegt.
Offenbar hat der 64-jährige Gewerkschaftschef eine Lust auf Eskalation – anders ist nicht zu erklären, warum es immer wieder nur eine Gewerkschaft ist, die Wut und Unverständnis auslöst: die GDL.
Fast alle Gewerkschaften haben die Gesamtheit im Blick – nicht so die GDL
Eine der großen Stärken des Standorts Deutschland – und davon gibt es leider immer weniger – sind die Sozialpartnerschaft und die Tarifeinheit. Das Land hat starke Einheitsgewerkschaften, die zugleich mit dem Wünschenswerten stets auch das Mögliche im Blick behalten. Da ging und geht es oft kämpferisch zu, aber die Interessen der Unternehmen denken die meisten Gewerkschafter immer mit. So gelang es nicht nur, einen Teil der Gewinnzuwächse auf die Beschäftigten zu verteilen, sondern einen vorbildlichen sozialen Frieden zu schaffen. Es gibt nur wenige Staaten, in denen so wenig gestreikt wird wie hierzulande.
Die GDL aber ist anders – als Spartengewerkschaft der Lokführer trieb sie mit ihrem Hang zum Egoismus einen Keil in die Belegschaft. Die Auseinandersetzung mit der Eisenbahnergewerkschaft EVG sind legendär. Die Bahn vorangebracht haben sie nicht – ganz im Gegenteil. Seit bald zwei Jahrzehnten krankt das öffentliche Unternehmen. Doch als Experte, wie die Bahn besser werden kann, ist die GDL kaum aufgefallen. Ihr ging es vor allem um mehr Geld und kürzere Arbeitszeiten. Schon jetzt ächzt das Unternehmen aber unter einem Fachkräftemangel; nach Weselskys jüngstem Arbeitskampf dürfte alles noch schlimmer werden.
Der Verkehrsminister hat recht, wenn er von „destruktiven Zügen“ spricht
Nun darf man eine Gewerkschaft nicht dafür kritisieren, dass sie ein Maximum für ihre Leute herausholen will – das ist ihre Aufgabe. Und ein Streik, der nicht wehtut, verfehlt seine Wirkung. Das bedeutet aber nicht, dass man jedes Maß und jede Mitte verliert. Die nun angekündigte Streikwoche ist maßlos. Der letzte „Warnstreik“ liegt erst wenige Tage zurück. Nun zettelt das CDU-Mitglied Weselsky den mittlerweile vierten und längsten Streik an. Verkehrsminister Volker Wissing hat recht, wenn er von „destruktiven Zügen“ spricht.
Das Land befindet sich derzeit in einer prekären Lage. Der Streik verschärft den Teufelskreis aus Vertrauensverlust, Wohlstandseinbußen und Stärkung der politischen Ränder. In einer Wirtschaftskrise das Land für sechs Tage lahmzulegen, damit 36.500 Lokführer etwas weniger arbeiten müssen, ist verantwortungslos.
Am Ende wird es auch für die Bahnkunden teuer
Anders als fast alle anderen Gewerkschaften kümmert es Weselsky auch nicht, dass sein Unternehmen seit Jahren hohe Verluste einfährt. Im vergangenen Jahr lag das Minus des Gesamtkonzerns bei gut 1,2 Milliarden Euro. Im Zweifelsfall, das weiß der Gewerkschaftsführer, springt der Steuerzahler ein oder der Bahnkunde.
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Damit wiederum wird die Verkehrswende zusätzlich erschwert. Schon heute gibt es Menschen, die entnervt vom Pannenkonzern Bahn aufs Auto umsteigen. Weselskys Streik wirkt wie ein Deutschlandticket – für Privat-Pkw. Immerhin eine Hoffnung bleibt: Nun muss Deutschland Modellregion und Marktführer bei autonom fahrenden Zügen werden.