Hamburg. Vermehrt Razzien durch Polizei und Ämter. Viele Verfahren werden eingestellt. Täter setzen große Summen mit illegalen Automaten um.
Illegales Glücksspiel boomt weiter in der Hansestadt. Das geht aus der Zahl der Verfahren hervor, die die Staatsanwaltschaft einleitete. Dazu passen Daten der Polizei. Sie stellte in diesem Jahr 271 illegale Glücksspielautomaten und 22 Steuereinheiten aus Automaten sicher. Zum Vergleich: 2021 waren noch 109 illegale Glücksspielautomaten aus dem Verkehr gezogen worden.
Es ist vor allem die hohe Zahl der sogenannten Verbundeinsätze, Razzien, an denen sowohl die Polizei wie auch Bezirksämter beteiligt sind. Sie haben sich mit 47 im Vergleich zum Vorjahr etwas mehr als verdoppelt. Ziel sind in der Regel Gastronomiebetriebe und sogenannte „Kulturvereine“. Dazu kamen sechs Durchsuchungen nur durch die Polizei. Das geht aus der Antwort des Senats auf eine Kleine Anfrage des Bürgerschaftsabgeordneten Dennis Gladiator (CDU) hervor.
Polizei und Ämter kontrollieren oft in „Kulturvereinen“
Auch bei der Staatsanwaltschaft spiegelt sich das erhöhte Aufkommen wider. Dort sind in diesem Jahr 155 Verfahren wegen der „unerlaubten Veranstaltung eines Glücksspiels“ registriert. Im Vorjahr waren es 95 Verfahren.
Ernüchternd: Vergangenes Jahr stellte die Staatsanwaltschaft 47 der Verfahren ein – also nahezu jedes zweite. Rechtskräftige Verurteilungen gab es lediglich 16. Von den Verfahren mit einem Aktenzeichen aus diesem Jahr wurden bereits 45 eingestellt. In fünf Fällen wurde ein Beschuldigter verurteilt.
Der Umfang des illegalen Glücksspiels wurde durch die „Corona-Kontrollen“ aufgedeckt. Dabei stieß die Polizei immer wieder auf Geräte. Dabei handelt es sich oft um sogenannte Fun-Game-Automaten. Die Täter wandeln sie in Automaten um, mit denen um Geld gespielt wird. Dazu implementieren sie eine Buchhaltungssoftware. Um sich vor dem Zugriff der Behörden zu schützen, werden illegale Automaten an Extra-Stromkreise geschaltet, um sie beim Eintreffen der Polizei außer Betrieb zu setzen, in Hinterzimmern oder sogar hinter „geheimen“ Wänden versteckt.
Jeder illegale Automat bringt bis zu 10.000 Euro im Monat
Der Aufwand lohnt sich für die Täter. Durch das Auslesen von Software wissen die Ermittler, dass über die Automaten große Summen umgesetzt werden. Insider schätzen die monatlichen Umsätze pro Gerät auf 5000 bis 10.000 Euro. Trotzdem ist es immer schwerer, den Tätern gewerbsmäßiges Vorgehen nachzuweisen. Denn es handelt sich in der Regel um gebrauchte Geräte, die bereits mehrere Besitzer hatten. So kann dem letzten Betreiber oft nicht nachgewiesen werden, wie lange er überhaupt das Gerät bei sich in Betrieb hatte.
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Der legalen „Automatenwirtschaft“, wie sich die Betreiber legaler Spielautomaten nennen, ist das illegale Glücksspiel ein Dorn im Auge. In Hamburg gibt es rund 950 legale Glücksspielautomaten. Das Angebot ist stark reglementiert. Die Zahl der illegalen Geräte schätzt man dort auf ein Vielfaches, mindestens auf 3000.
Beim Dachverband der legalen Anbieter setzt man auf mehr legale Automaten gegen illegale Automaten. „Der Schwarzmarkt fällt nicht vom Himmel, er wird produziert, indem das legale Angebot durch eine fehlgeleitete Regulierung reduziert wird“, glaubt der Sprecher des Vorstands, Georg Strecker. Um das Wachstum des Schwarzmarktes nachhaltig zu begrenzen, so seine Einschätzung, brauche man neben mehr Repression gegen illegales Glücksspiel ein ausreichend verfügbares und den Bedürfnissen der Kunden gerecht werdendes legales Angebot.