Hamburg. Bei der Schlüsselübergabe für den Neubau der Martini-Klinik zeigen sich ehemalige Patienten ergriffen. Was die Einrichtung bietet.

Den beiden Brüdern Michael und Ulrich Roth versagt zunächst die Stimme, als sie sich mit Tränen in den Augen an die Mitarbeitenden der Martini-Klinik am UKE wenden. Die Zwillinge, früher Handball-Nationalspieler, schieben sich erst gegenseitig das Mikrofon zu, sprechen von einem „besonderen Moment“, erklären schließlich: „Wir haben euch allen unser Leben nach dem Krebs zu verdanken.“

Im Frühjahr 2009 hatten die Roths kurz nacheinander die Diagnose „Prostatakarzinom“ erhalten. Ein Schock – aber zum Glück waren die Tumoren in einem frühen Stadium entdeckt worden; die Operation durch Martini-Klinik-Gründer Hartwig Huland verlief erfolgreich. Heute gelten die 61-Jährigen als geheilt und werben bundesweit dafür, dass Männer zur Früherkennung gehen.

UKE: Neubau der Martini-Klinik soll 2024 in Betrieb gehen

Sehr verbunden ist der Martini-Klinik in Eppendorf auch HSV-Vize Bernd Wehmeyer. Er war ebenfalls in der Eppendorfer Einrichtung operiert worden, nachdem er im Herbst 2011 die Nachricht erhielt, dass er an Prostatakrebs leidet. „Was hier geleistet wird, ist Champions League“, sagte der 71-Jährige, neben den Roth-Zwillingen stehend, am Mittwoch.

Die Auftritte der drei ehemaligen Patienten waren der emotionale Höhepunkt bei der Feier zur Schlüsselübergabe für den Neubau der Martini-Klinik. Nach vier Jahren Bauzeit ist das siebengeschossige Gebäude mit 17.000 Quadratmetern Bruttogeschossfläche fast fertiggestellt; im Frühjahr 2024 soll dort der klinische Betrieb beginnen.

Martini-Klinik soll mit 2500 Tumor-Operationen pro Jahr weltweit führend sein

Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank (Grüne) sprach von einem „guten Tag für den Wissenschafts- und Medizinstandort Hamburg“. Der ärztliche Leiter der Martini-Klinik, Markus Graefen, hält intensive Betreuung auch über Jahre hinweg für eine besondere Stärke der Einrichtung: „Hier wird man empathisch begleitet“, sagte er – und wandte sich an die Mitarbeitenden der Klinik: „Behandelt den Patienten genauso, wie ihr selbst behandelt werden wollt.“

Nach Angaben des UKE führt die Martini-Klinik mit rund 2500 Prostatakrebsoperationen pro Jahr die meisten Eingriffe dieser Art im weltweiten Vergleich durch. Den Ärztinnen und Ärzten gehe es allerdings nicht nur um erfolgreiche Operationen und eine hohe Heilungsrate, sondern – so wirbt das UKE – auch um den „maximalen Erhalt der Lebensqualität“, konkret um den Erhalt von Kontinenz und Potenz. Wie das gelinge, werde seit vielen Jahren mit den sogenannten Patient Reported Outcome Measures (PROM) erfasst. Die Ergebnisse fließen der Klinik zufolge in die Forschung und Verbesserung der operativen Therapie ein.

Klinik in Hamburg startete im Jahr 2005 mit nur acht Betten

Seit der Eröffnung 2005 stieg die Zahl der Betten in der alten Martini-Klinik von acht auf 72; immer deutlicher zeichnete sich ab, dass das Gebäude aus den 1960er-Jahren zu klein ist, um der steigenden Nachfrage von Patienten aus aller Welt gerecht zu werden und die von Robotern unterstützten Operationen auszuweiten. Abhilfe schaffen soll der Neubau, der über 100 Betten verfügt, verteilt auf vier Stationen.

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Bei der Grundsteinlegung im September 2020 war von 70 Millionen Euro für das Projekt die Rede. Mittlerweile belaufen sich die Kosten für das vom UKE eigenfinanzierte Vorhaben allerdings auf rund 86 Millionen Euro, wie das Universitätsklinikum am Mittwoch mitteilte. Der Nebau ist das erste abgeschlossene Projekt unter den Vorhaben, die das UKE in seinem „Zukunftsplan 2050“ aufführt. Als nächstes steht die Fertigstellung des Universitären Herz- und Gefäßzentrums an.