Harvestehude. Zweiter Teil der Serie: Die Modesignerin Ella Deck hat die Besucher des Isemarkts unter die Lupe genommen.

Auf dem Isemarkt herrscht reges Treiben. Sogar bei null Grad, wie an diesem Vormittag. Der ein Kilometer lange Wochenmarkt unter der U-Bahn-Brücke an der Isestraße ist nicht nur der längste der Stadt, sondern gehört auch zu den beliebtesten. Zweimal in der Woche tummeln sich hier Hamburger und Touristen, treffen Anwohner aus Harvestehude und Eppendorf auf Reisende aus England oder Spanien, mischen sich Mütter mit Kinderwagen unter Senioren und Studenten.

An diesem kalten Morgen ist auch die Modedesignerin Ella Deck auf dem Isemarkt unterwegs. Sie betreibt nur wenige Schritte entfernt am Lehmweg ihr gleichnamiges Atelier. Für den Bummel über den Markt zu einer Stilkritik hat sie sich für einen schwarzen Pelzmantel entschieden, darunter trägt sie eine rote Seidenbluse, einen schwarzen Hosenrock und schwarze Wildlederstiefel mit Absatz.

„Für ein elegantes Outfit ist immer der richtige Anlass“, sagt die 40-Jährige. Ihre Mission: die Frau von heute, die Karriere, Familie und deshalb nur wenig Zeit hat, stilbewusst, feminin und edel einzukleiden.

Wollmäntel in gedeckten Farben

Die meisten der Marktbesucher tragen Daunenjacken und Wollmäntel in gedeckten Farben wie Blau, Schwarz oder Grau. „Wir sind in Hamburg, Blau ist die Lieblingsfarbe der Hanseaten.“ Doch am Käsestand fällt der Designerin ein Accessoire einer Kundin ins Auge: „Eine Fellmütze mit Ohrenschützern und gelbem Futter. Das ist ein Statement“, sagt Deck. „Eine Frau, die so eine Mütze trägt, traut sich etwas. Nicht nur, weil es eine Pelzmütze ist, sondern auch wegen der Farbe Gelb. Sie fällt auf.“ Für die Designerin mit deutsch-russischen Wurzeln sind Fellmützen ein zeitloses und stylisches Accessoire. „Sie kommen jedes Jahr wieder, liegen immer im Trend. Damit kann man nichts falsch machen.“

Ein paar Meter weiter steht eine Mutter mit Kinderwagen am Brotstand an, sie trägt eine dunkle Winterjacke, Wollmütze und eine pinkfarbene Skihose. „Diese Frau ist definitiv keine Eppendorferin. Das sehe ich sofort“, sagt Deck, die viele Stammkundinnen aus dem Stadtteil hat. „Eine Eppendorferin würde nie eine Skihose tragen, wenn sie auf den Isemarkt geht.“ Wie denn die typische Mutter aus Eppendorf gekleidet wäre? „Sie trägt ein schlichtes T-Shirt mit einem Kaschmirpulli darüber, dazu Slimjeans – teure Slimjeans wohlgemerkt – und eine Strickmütze, während sie ihren Bugaboo-Kinderwagen schiebt und den Hund an der Leine führt.“

Turnschuhe zu hochgekrempelten Röhrenjeans

Wenig später laufen zwei junge Mädchen vorbei. Eins von ihnen trägt Turnschuhe zu einer hochgekrempelten Röhrenjeans, die Knöchel sind frei. „Dieser Trend ist bei Kälte natürlich ein Problem. Socken kann man dazu nicht anziehen, das sieht einfach nicht gut aus“, meint Deck. Ihr Ratschlag: „Im Winter sollten Turnschuhe lieber ganz zu Hause bleiben, Stiefel – ob mit oder ohne Absatz – sind modisch, bequem und halten schön warm.“

Vor dem Blumenstand steht eine Frau, die sich in einen braunen Poncho mit schwarzen Streifen gehüllt hat. „Ein Poncho bereichert das Outfit, macht es gleich viel lebendiger“, findet Deck. „Und das Beste ist: Ich kann darunter auch eine ältere Jacke tragen, die vielleicht nicht mehr ganz so schick ist, und sehe trotzdem gut aus.“

Ein Model im
Abendkleid von Ella Deck
Ein Model im Abendkleid von Ella Deck © HA | Guido Rottmann

Eins fällt der Designerin beim Gang über den Isemarkt immer wieder ins Auge: „Viele Schals mit Sternchen.“ Mal in Schwarz, mal in Rot, mal große Sterne, mal kleine. „Sterne waren im vergangenen Jahr im Trend, in diesem Jahr sind es Animal Prints. Also Motive von Insekten, Affen oder Zebras. Zum Beispiel die Spinne, die auf das ganze
T-Shirt gedruckt ist.“ Doch die Tierdrucke sind bei den Marktbesuchern an diesem Tag nicht zu finden. Vielleicht sind sie versteckt unter den dicken Jacken, „manchmal dauert es aber auch, bis neue Trends bei den Kunden ankommen“, sagt Deck.

Insgesamt sind es vor allem die Accessoires, mit denen sich einzelne Marktbesucher von der Masse abheben, resümiert die Modedesignerin. So wie die Fellmütze oder der Poncho. Das typische Eppendorf, edel und elegant, findet sich an diesem Tag nicht auf dem Markt wieder. „Das Aussehen steht heute nicht im Vordergrund, sondern Kleidung, die warm hält. Beim Marktbesuch darf man aber gerne auch schlunzig aussehen, niemand muss sich dafür herausputzen.“

Die Ausnahme bleibt Ella Deck selbst, ganz nach dem Motto „Schick geht immer.“ Auch bei Schnee und Kälte.