Kunstkennerin Janine van den Ende, Ehefrau des Stage-Chefs, gestaltete das Foyer des neuen Hauses im Hamburger Hafen.
Steinwerder. Manche stürmen eilig hindurch, um den Vorstellungsbeginn nicht zu verpassen. Andere trinken noch versunken hier ihren Pausensekt. Das Foyer eines Theaters ist so etwas wie die Diele eines Wohnhauses: gut zu haben, doch nicht hoch genug geschätzt.
Doch sehr wahrscheinlich werden die zukünftigen Besucher des Foyers des nagelneuen Musicaltheaters an der Elbe diesem Gebäudeteil ein wenig mehr Aufmerksamkeit zollen. Sonntag betraten erstmals 200 ausgewählte Gäste den knallroten Teppichboden und konnten einen Eindruck von der offenen Architektur und dem Ambiente bekommen. Lichtdurchflutet, mit bestem Blick auf Hafen und Elbphilharmonie. Erst diesen Montagabend aber wird das gesamte Stage Theater eröffnet.
Doch welchen Stellenwert der riesige Eingangsbereich für den Musicalveranstalter Stage, vielmehr die Inhaber selbst, hat, wurde am Sonntagnachmittag deutlich. So luden Joop und Janine van den Ende Familienangehörige, Freunde und Künstler ein, die an der Gestaltung des Foyers beteiligt waren. Denn Janine van den Ende ist beileibe nicht die repräsentierende Ehefrau an der Seite des bekannten 73 Jahre alten Musicalmoguls, vielmehr hat sie in der Theaterwelt ihr eigenes Aufgabenfeld gefunden. Deshalb sei es auch ihr Tag, wie Joop van den Ende immer wieder betonte. Sie eröffnete mit einer Rede auf Deutsch die Dauerausstellung internationaler zeitgenössischer Künstler im Foyer des Theaterneubaus, sie stellte die Werke von Künstlern wie Erwin Olaf, Richard Deacon, Anke Doberauer, Salvador Dalí und Werner Büttner vor. Drei Jahre Arbeit investierte van den Ende, die jahrelang als TV-Produzentin in den Niederlanden arbeitete, in die Auswahl der Werke und begleitete die Entstehung der Auftragsarbeiten intensiv. „Ich erinnere mich noch sehr gut an die leichte Panik, die mich befiel, als ich erstmals die hohen Wände sah“, so die Kunstkennerin. „Welches Werk kann dort wirken?“, fragte sie sich. Antwort: großformatige Fotos.
Eigens für das neue Haus gab die 55-Jährige solche Arbeiten in Auftrag, entwickelte die Ideen des vielfach ausgezeichneten niederländischen Fotografen Erwin Olaf weiter mit und begleitete die aufwendigen Shootings in Hamburg. Olaf stellt fünf symbolische Werke deutscher Kultur fünf Musicals an fünf für Hamburg charakteristischen Orten gegenüber. Ein Beispiel: ein leuchtendes Bild, entstanden im Alten Elbtunnel von zwei kleinen Jungen und vielen Luftballons. „Ich dachte an Nenas ‚99 Luftballons‘ als deutsches Kulturgut, der kleine Junge mit der Blechtrommel erinnert natürlich an Grass’ Roman, der andere Junge ist die Hauptfigur aus ‚Das Wunder von Bern‘“, erläutert der Fotokünstler. Wie eindrücklich dieser Mix bei den ersten Besuchern ankam, konnte man daran sehen, dass viele die Werke mit dem Handy abfotografierten. Und darüber sprachen.
Genau das geschah also, was sich die van den Endes wünschten. „Wir sind davon überzeugt, dass Theater als ein Ort, an dem Menschen zusammenkommen, um gemeinsam Aufführungen auf der Bühne zu genießen, durch Werke bildender Kunst eine spannende Bereicherung erfahren. Die Besucher können ihre ganz persönlichen Entdeckungen machen“, sagte Janine van den Ende. Sie kenne die Vorurteile gegenüber Musicals als Kunst- und Kulturform, scheut deshalb jedoch keinesfalls den Mix mit der Hochkultur. „Ich möchte hiermit niemanden erziehen, nur aufmerksam machen“, sagt sie schlicht.
In den Niederlanden ist die aufmerksame Frau als Kennerin bekannt, hat viele andere Stage-Häuser mit Kunst ausgestattet, ist im Kunstbereich engagiert, vergibt Preise und Stipendien, sitzt in unterschiedlichen Gremien. Jeder kennt sie, schließlich ist die Familie van den Ende – das Paar hat zwei Kinder, Iris, 25, hat eine Fernsehproduktionsfirma und Vincent, 22, produziert House-Musik – nach der Königsfamilie die bekannteste der Niederlande.
Stolz war am Sonntagnachmittag die gesamte Familie auf Janine van den Ende, doch als sie in ihrer Rede ihrem Ehemann Joop dankte, brach ihr die Stimme. „Ohne deine Unterstützung wäre alles nicht so gekommen“, sagt sie gerührt. Er dankte ihr für ihre Arbeit mit einem Strauß tiefroter Rosen. Küsse und Händchenhalten, eine feste Umarmung, all das war keine Inszenierung, gehört einfach zum Umgang der beiden Partner miteinander. „Unsere Basis ist sicher, dass wir auch zusammengearbeitet haben“, sagte sie, „er war ja mal mein Boss!“ Sie war vor 31 Jahren Produzentin in einem Team, das TV-Shows machte, unter anderen mit Rudi Carrell. „Es hat einfach gepasst“, sagt sie. Heute gestalten sie gemeinsam, doch in unterschiedlichen Funktionen, die Stage-Theater.