Designerin Anna Fuchs ist seit 14 Jahren mit ihrer Mode sehr erfolgreich. Doch der Kampf gegen große Ketten und den Internethandel sei oft schwierig, sagt die 40-Jährige.
St. Pauli. Zwischen den alternativ anmutenden Cafés an der Karolinenstraße ist der Showroom von Anna Fuchs ein Exot: Gesichtslose Mannequins präsentieren elegante Businessmode, Lampen aus Eisprinzessinnenglas der österreichischen Firma Kalmar beleuchten das aufgeräumte Interieur. Auf der Galerie thront ein schwarzes Ledersofa. „Ein Hauch Chanel 1932“, kündigt Designerin Fuchs an.
Wer sie nicht kennt, könnte die zierliche Frau auf den ersten Blick für schüchtern, vielleicht sogar scheu halten. Doch die braunen Rehaugen in dem schmalen Gesicht, das von langen dunkelbraunen Haaren gerahmt wird, können schnell zu Schlitzen werden und Anna Fuchs dann sehr energisch. Etwa, wenn es um das geringe Ansehen von Modedesignern in Deutschland oder das Sterben von inhabergeführten Läden geht. „Das ist doch schlimm für eine Stadt“, sagt sie, „ich verstehe nicht, warum die Hamburger sich nicht mehr dafür engagieren, dass der Einzelhandel bleibt. Wer möchte denn schon in einer Automaten-Stadt leben, ohne persönlichen Kontakt und Beratung?“
Anna Fuchs ist bekannt dafür, Klartext zu reden. Mit ihrer kritischen Haltung, die sich gegen große Moderiesen richtet und das Verschwinden von Eleganz und Individualität zugunsten von Massenware bemängelt, passt die 40-Jährige ins Karoviertel, das sich noch einen letzten Rest Subkultur bewahrt hat. „Ich mag die Leute hier sehr gern. Aber ich bin nicht aus nostalgischen Gründen hergezogen, sondern weil ich Lagerfläche für meine Mode brauchte“, sagt die Eppendorferin, die in ihrem Laden keine Hosen verkauft und Kleider als „Privileg der Frauen“ bezeichnet.
Neuer Wall kommt nicht infrage
Sie selbst verzichtet nie auf hohe Absätze – selbst wenn sie mit ihrem sechsjährigen Sohn Karl unterwegs ist. Von der Kollektionsentwicklung über den Wareneinkauf bis zur Kundenpflege ist das Label mit dem signifikanten Fuchs-Logo eine „One-Woman-Show“ – seit 14 Jahren. Anna Fuchs glaubt an ihre Mode, den perfekten Schnitt von gleichwohl glamourösen wie alltagstauglichen Kostümen, Mänteln und Kleidern. Sie schwört auf edle Stoffe, die von Produzenten stammen, die auch für Fendi und Chanel herstellen. Ihr modischer Anspruch ist ein Alleinstellungsmerkmal, nicht nur im Karoviertel, sondern in ganz Hamburg und macht sie zu einer der erfolgreichsten Modeschaffenden der Stadt.
Tatsächlich ist die Designerin im Moment aber nicht besonders glücklich über ihren Standort: kaum Parkplätze vor der Tür und in der Nachbarschaft zwar viele Lokale, aber kaum andere Boutiquen. Dazu ergab eine Umfrage unter ihren Kunden, dass die Mehrheit am liebsten eben doch in der Innenstadt einkauft. „Immer weniger Leute gehen einfach so bummeln, sondern fahren lieber gezielt Einkaufsgegenden an, die ihnen eine große Auswahl an Marken bieten. Daher werden Destinationen wie mein Laden aus Bequemlichkeitsgründen zunehmend ausgespart.“ Was also tun? An den Neuen Wall ziehen? „Monatliche Mieten um die 50.000 Euro kann sich doch keiner leisten“, sagt Anna Fuchs empört. Sie hätte den alten Chanel-Laden an der ABC-Straße gerne gemietet und sich damit einen Kindheitstraum erfüllt, aber Insider rieten ihr ab: Die ABC-Straße sei zwar Innenstadt, aber eben nur C-Lage. Was tun, wenn die Innenstädte durch Immobilienspekulanten veröden, Hamburger Traditionsläden aufgeben müssen? Ist die stationäre Modeboutique vielleicht ein Auslaufmodell?
„Mein Berufsleben ist ein ständiger Kampf“
Eine Lösung habe sie nicht für das Problem, sagt Fuchs, aber sie sei mittlerweile krisenerprobt: „Mein Berufsleben ist ein ständiger Kampf“, sagt die 40-Jährige. „Aber ich stehe immer wieder auf und erfinde eine neue Strategie.“ Ideen gibt es viele: „Toll wäre eine Fashiontour, bei der Busse gezielt Modestandorte in der ganzen Stadt anfahren und die Kunden so direkt vor die Haustür chauffieren.“
Angedacht ist auch eine Kooperation mit Hamburger Luxushotels. Bei „Productmate“, bei dem Ladeninhaber ihre Produkte online vorstellen können, ist die Designerin vertreten. „Ich habe zudem das Glück, dass ich Kundinnen habe, die mir die Treue halten“, sagt Anna Fuchs. Und letztlich sei das Internet nicht nur Fluch, sondern auch Segen . Denn längst sitzt ihre Kundschaft nicht mehr nur in Hamburg oder Deutschland, sondern in der Schweiz und in Österreich. Ob sie es dennoch manchmal leid sei nach so Jahren als Überlebenskünstlerin? „Nein, dafür liebe ich meinen Beruf viel zu sehr!“