Johann Christian Jacobs, der Spross der bekannten Kaffeedynastie, sprach mit dem Hamburger Abendblatt über Familie, Firma, Pferde und ein ganz besonderes Jubiläum.

Hamburg. Am Neuen Jungfernstieg, wenige Meter vom Hotel Vierjahreszeiten entfernt, sitzt die Rechtsanwaltskanzlei Huth, Dietrich, Hahn mit vielen prominenten Namen. Einer davon ist Johann Christian Jacobs. Hier, mit Blick auf die Alsterfontäne, berät der 52 Jahre alte Familienunternehmen. Damit kennt er sich aus. Schließlich ist er der Urgroßneffe des Kaffeepioniers Johann Jacobs, der die Firma Jacobs Kaffee einst in Bremen gründete. Seit 2004 ist Johann Christian Jacobs Präsident des Stiftungsrats der Jacobs Foundation mit Sitz in Zürich, die eine der größten privaten Stiftungen Europas ist und sich für Kinder- und Jugendentwicklung weltweit engagiert. Am Freitag feiert die Stiftung 25. Jubiläum. Es wird Kaffee gereicht – von Tchibo.

Hamburger Abendblatt: Tchibo-Kaffee – das überrascht mich nun doch.
Johann Christian Jacobs: Wieso? Die machen guten Kaffee.

Aber bei einem Interview mit einem Jacobs erwartet man doch auch Jacobs-Kaffee...
Jacobs: Nachdem die Jacobs Suchard AG 1990 an Philip Morris verkauft worden war, hatte die Familie Jacobs rein geschäftsmäßig nichts mehr mit Kaffee zu tun. Es war zugegebenermaßen ein unerfreuliches Datum in der Familiengeschichte. Keiner wollte das. Mein Vater Klaus J. Jacobs hatte seine Geschwister ausgekauft, da sie sich nicht einig werden konnten über die Zukunft der Firma. In dieser Generation hat der Firmenübergang also nicht geklappt. Und so kamen mein Vater und wir Kinder auf die Idee, die Erträge unserer Unternehmen der Jacobs Foundation zukommen zu lassen, ohne die Führung der Unternehmen aus der Hand zu geben – mit großem Erfolg, wie wir heute sagen können. So haben wir Barry Callebaut von einem kleinen Schokoladenhersteller zum weltweit größten Hersteller von hochwertigen Schokoladen- und Kakaoprodukten weiterentwickelt.

2004 folgten Sie Ihrem Vater als Präsident des Stiftungsrats in die Jacobs Foundation. Das war so nicht geplant. Wie kam es dazu?
Jacobs: Jeder aus der Familie hat ein bisschen was vom Vermögen bekommen – mit dem Ziel, selber unternehmerisch tätig zu werden. Ich habe lange Zeit als Rechtsanwalt und Investor gearbeitet. Und als dann 2001 die Unternehmen in die Stiftung eingebracht wurden, das war zugleich der 65. Geburtstag meines Vaters, forderte er Engagement ein. Damit die Stiftung hinreichende Erträge hat, habe ich dafür gesorgt, dass ein professionelles Management geholt und eine Leistungsmessung eingeführt wird. In den nun 13Jahren hat sich der Vermögenswert ungefähr verdreifacht, für die Familie eine erfreuliche Entwicklung, die zeigt, dass Philanthropie und Unternehmertum nebeneinander funktionieren.

Wie würden Sie denn einem Fünfjährigen erklären, was ein Philanthrop ist?
Jacobs: Ich glaube, dass jeder Mensch die Welt etwas besser machen möchte. Insofern ist jeder ein Philanthrop.

Welche Rolle spielt Kaffee heute noch in Ihrem Leben?
Jacobs: Zusammen mit der Familie Neumann, dem weltweit größten Kaffeehändler, und Dr. Michael Otto haben wir gerade die Initiative Sustaineo ins Leben gerufen. Sie unterstützt kleine Bauern in den Anbauländern von Kaffee, Kakao und Baumwolle und sorgt dafür, dass sie ihren Verdienst vernünftig anlegen. Außerdem investiere ich in die Hemro AG, den weltweit führenden Hersteller von Kaffeemühlen. Und mir gehört das Stammgeschäft der Firma Jacobs Kaffee in Bremen. So halte ich Kontakt.

Werden Sie dann nicht auch manchmal ein bisschen sentimental, wenn Sie in Bremen sind?
Jacobs: Mein Vater ging 1972 von Deutschland in die Schweiz. Von da an spielte mein Großvater eine wichtige Rolle als Vorbild für mich.

Was haben Sie von ihm mit auf den Weg bekommen?
Jacobs: Die Liebe zur Heimat und gleichzeitig den Blick in die Welt. Wir kommen aus Bremen, waren seit 800 Jahren Bauern. Und das Leben beruhte darauf, dass man einander hilft, den Staat gab es ja so noch nicht. Sich gemeinnützig zu engagieren ist sozusagen Familientradition. Auf der anderen Seite hatte meine Familie immer den Anspruch, in der Welt etwas zu bewegen. Mein Großvater ist in den 1920er-Jahren nach Amerika gereist und hat von dort die Markenidee mitgebracht. Er hat also Jacobs zu der Marke gemacht, die sie bis in die 60er-Jahre hinein war.

Wie trinken Sie Ihren Kaffee zu Hause?
Jacobs: Frisch gemahlen und im Melitta-Filter aufgegossen, immer schwarz. Bei mir bekommen Sie keine Milch! (lacht) Kürzlich war ich in London auf dem LondonCoffeeFestival, und da sind wir durch rund 20 Kaffeebars gestreift. Da gibt es quasi nur noch Filterkaffee. Aber auf einem Niveau, als würde man einen Château Pétrus zum Frühstück trinken.

Die Kalligrafien an der Wand – Sie scheinen ein Asien-Liebhaber zu sein.
Jacobs: Viele meiner Anwaltskollegen gingen damals in die USA, um ihren Master zu machen. Ich wollte nicht in diese ausgetretenen Pfade und bin deshalb Anfang der 1990er-Jahre für Roland Berger nach Tokio gegangen. Für die Familie und die Firma war ich dann lange Zeit so eine Art Asiengesicht, bis die Unternehmen selbst stark in der Region investierten. Ich bin nach wie vor viel in Singapur. Ich habe als einer der ersten Ausländer auf der Freizeitinsel Sentosa investiert und habe immer noch eine Wohnung dort direkt am Wasser. Da gehe ich dann tatsächlich mal an den Strand.

Sonst sind Sie kein Strandtyp?
Jacobs: Nein, überhaupt nicht. Ich fahre zum Beispiel auch nicht nach Sylt wie so viele Hamburger. Wir reisen meistens ein paar Tage nach Singapur, und dann gibt es auch nach 25 Jahren immer noch aufregende Sachen, die ich noch nicht gesehen habe.

Klingt recht privilegiert. Überwiegen die Vor- oder Nachteile, wenn man ein Jacobs ist?
Jacobs: Ich glaube, dass das abhängig vom jeweiligen Lebensabschnitt ist. Heute habe ich das Privileg,nicht mehr als Anwalt und Partner einer weltweit tätigen Anwaltskanzlei unterwegs sein zu müssen. Früher hatte ich dafür den Eindruck, immer etwas mehr leisten zu müssen als andere.Aber das war okay, schließlich hatte ich auch an mich selbst hohe Erwartungen. Ich habe mir immer Mühe gegeben, nicht wegen des Namens einen Vorteil zu haben.

Übertragen Sie diese Erwartungshaltung auch auf Ihre Kinder?
Jacobs: Das passiert ja automatisch und ermöglicht auch das Gefühl, selbst etwas geleistet zu haben.

Und sollen die mal in die Fußstapfen ihres Vaters treten?
Jacobs: Das müssen die Kinder entscheiden, dafür ist es jetzt noch zu früh. Der älteste Sohn studiert mit Leidenschaft Geschichte, mein 19-jähriger Sohn macht gerade eine Ausbildung beim Kaffeehandelshaus Neumann. Meine Tochter ist ja erst 14.

Steht ein erfolgreiches Leben automatisch für ein glückliches Leben?
Jacobs: Ich glaube, dass man am glücklichsten ist, wenn man mit sich selbst zufrieden ist.

Die Krawatte mit Reitermotiven – steht die für ein aktives Hobby?
Jacobs: Mein jüngerer Bruder Andreas und ich sind in der Jugend Dressurturniere geritten, ich war sogar Landesmeister. Mein Vater war ja Dressurreiter in der Schweizer Nationalmannschaft und kaufte immer sehr teure Pferde. Da haben wir schon mal gelästert: Wenn wir im Landkreis Rotenburg Kreismeister werden, ist das so, als wenn unser Vater mit der Nationalmannschaft siegt. Heute passt dieses Bild natürlich nicht mehr.

Warum so zynisch?
Jacobs: Das war nicht zynisch, sondern neckend. In einem Interview hat mein Vater einmal gesagt, in seinem Leben spielten drei „F“ eine Rolle, und zwar genau in der Reihenfolge: Firma, (P)ferde, Familie. Da haben wir halt mal zurückgeschossen (lacht). Als er 2008 starb, gab es noch zwei dieser tollen Pferde, und die habe ich dann auf unseren Bauernhof in der Nähe von Rotenburg geholt. Da fahre ich an den Wochenenden hin und reite, aber nur noch zu meinem Vergnügen.

Wie steht’s mit dem Waldhornspielen?
Jacobs: Im Moment komme ich nicht dazu. Aber bis vor zehn Jahren habe ich in einem Bläserquintett gespielt. Das Waldhorn ist ein wundervolles Instrument, denn man muss nicht viel üben. Alles, was man braucht, ist ein richtig gutes Gehör. Mein Bruder spielt auch Horn. Wenn jemand in der Familie Geburtstag hat, nehmen wir unsere Hörner mit. Das macht einen Heidenspaß. Oder wenn ich mal richtig sauer bin: Dann spiele ich ein Mozart- oder Straußkonzert und kann dabei wunderbar alles rauslassen, was mich ärgert.