Die 16-Jährige aus Neugraben-Fischbek ging als Favoritin der Castingshow „Germany’s Next Topmodel“ ins Rennen. Im Abendblatt spricht sie über ihren Stolperstart und ihren Traumjob
Neugraben-Fischbek. „Zum Glück hatte ich noch nie Probleme mit meiner Figur. Ich kann eigentlich alles essen, was mir schmeckt. Ein Burger ist auf jeden Fall auch mal drin.“ Und der Juror und Designer Wolfgang Joop? „Den kann man einfach nur liebhaben!“ Klingt nach Heidi Klum? Kommt aber aus dem Mund von Jolina Fust.
Die 16 Jahre alte Schülerin aus Neugraben-Fischbek ist Hamburgs Hoffnung in der Castingshow „Germany’s Next Topmodel“ (heute 20.15 Uhr, ProSieben). Blonde lange Haare, grau-grün-blaue Augen, 1,80 Meter groß. Natürlich gertenschlank, wie alle ihre Mitbewerberinnen um den begehrten Titel, dazu sportlich („Ich habe fünf Jahre lang Fußball gespielt, nur machen sich blaue Flecken an den Waden als Model nicht so gut“). Sympathisch und offen kommt die Hanseatin rüber. Nur in der Sendung ist Jolina bisher stumm wie ein Fisch. Während die selbstbewusste Aminata aus Bergisch-Gladbach zu jedem Thema ihren Senf dazugibt und Jung-Mama Nancy unter Tränen ihren Sohn vermisst, bleibt die Hamburgerin im Hintergrund. Zu ihr gibt es bislang noch keine „Story“, das heißt keine Geschichte, die von der Regie inszeniert wird. Mit der Ausnahme, dass Jolina die erste Modenschau in der Show eröffnen durfte – und stolperte.
Die Schülerin erklärt, wie es dazu kam: „Ich hatte richtig großen Respekt vor der prominenten Jury und war am Anfang sehr schüchtern. Mit der Zeit hat sich das dann gelegt.“ Dabei war die Hamburgerin sogar als Favoritin in die Show gestartet, die Frauenzeitschrift „Jolie“ sah sie schon als mögliche Nachfolgerin von Toni Garrn bei der weltbekannten Unterwäschefirma Victoria’s Secret. Tatsächlich kann Jolina die meiste Modelerfahrung vorweisen: Sie stand schon bei der renommierten Berliner Agentur m4Models unter Vertrag, war bei Next Model Management als „New Face“ gelistet. 2013 lief sie bei der „Isabell de Hillerin“-Show und Anfang des Jahres bei der Berlin Fashion Week für Kaviar Gauche. Im Internet findet man Fotostrecken aus „Superior Magazine“ und dem Magazin „Tush“.
Nun also „GNTM“, wie die Castingshow abgekürzt wird. „Warum verbaut sie sich ihre Model-Chancen mit dieser Show?“, fragen sich einige Blogger im Topmodel-Internetforum. Jolina: „Ich verfolge die Show seit der fünften Staffel und wollte das immer schon mal ausprobieren, diese tollen Shootings und Reisen um die ganze Welt. Als ich endlich 16 Jahre alt war, habe ich gedacht: ‚Was habe ich zu verlieren?‘ Dann bin ich zum Casting gegangen, und das hat sofort geklappt.“ Fakt ist, dass ihr Vertrag mit der Agentur m4Models nicht mehr besteht.
Zu widerborstig für Klum
Ob das im Zusammenhang mit der Teilnahme an der Show steht? Kein Kommentar vonseiten der Agentur. User „Shaft13“ vermutet im Topmodel-Forum, dass Jolina nicht fotogen genug sei und deshalb zu wenig gebucht wurde: „Ist ja nicht so, dass sich Models bewerben, die massig Modeljobs haben und absagen müssen, weil sie zu ‚GNTM‘ gehen.“ Es gibt noch eine andere Vermutung: Nämlich, dass der Sender ProSieben vorher Agenturen gezielt anruft, um Nachwuchsmodels abzuwerben und mit diesen Kandidatinnen das Interesse des Publikums zu gewinnen.
Jolina, davon gehen einige Experten aus, sei aber wohl „zu widerborstig“ für den Geschmack von Model-Mama Heidi Klum. Dass Erfahrungen im Modegeschäft nicht zwangsläufig zum Sieg bei „GNTM“ führen, haben die Zuschauer schon häufiger gesehen. Hana Nitsche, Teilnehmerin der dritten Staffel, wurde „nur“ Dritte, obwohl ihr Insider eine Chance auf dem Laufsteg vorhergesagt hatten. Nach der Staffel kündigte sie den Vertrag mit Klums Modelagentur und ging ihren eigenen Weg. Heute lebt und arbeitet sie als Model in New York, zierte schon die Cover von „Elle“, „Cosmopolitan“ und „GQ“. Dass die Castingshow darüber hinaus in der Kritik steht, jungen Mädchen falsche Werte zu vermitteln und zum Magerwahn zu verleiten, kann Jolina nicht nachvollziehen: „Sicherlich muss jeder selbst entscheiden, ob er die Sendung guckt oder nicht. Ich kann nur sagen, dass ich total glücklich bin, dass ich bei der Show dabei bin. Wir erleben so viele coole Sachen, machen tolle Reisen, lernen interessante Menschen kennen. Es ist noch spannender, als es im Fernsehen rüberkommt. Ich kann nur jedem Mädchen raten, es auszuprobieren.“
Auch wenn Jolina in der vergangenen Woche schon eine von fünf Wackelkandidatinnen war, ist sie nach wie vor von der Sendung überzeugt und Heidi Klum ihr großes Vorbild. „Heidi muss streng sein und Kritik üben. Sonst lernt man ja nichts und kann sich nicht verbessern. Sie ist ein herzlicher Mensch und gibt mir viele Tipps.“
Gewackelt hatte Jolina, weil der Auftritt beim Videodreh „gar nicht ging“, so Klum. Der Fotograf bemängelte ihr fehlendes Rhythmusgefühl, Wolfgang Joop kritisierte ihren „harten Gesichtsausdruck“ bei einem Laufstegtraining in einem Bahnhof. Doch Jolina weiß auch, was sie kann und was sie will: „Ich werde Germany’s Next Topmodel, weil ich eine super Ausstrahlung und eine super Persönlichkeit habe, gut gelaunt bin, dazu das Funkeln in den Augen, den Willen und den Ehrgeiz habe.“
Sie sei besser auf dem Laufsteg als bei Fotoshootings, da sei sie noch etwas unsicher. „Aber die Jury sagt, dass ich ein schönes Gesicht habe. Es wäre mein absoluter Traumjob, als Model zu arbeiten. Aber ich hätte auch kein Problem damit, Werbung zu machen.“
Von ihren Qualitäten konnte man sich bisher am Bildschirm nicht gerade überzeugen, zu sehr stahlen die anderen Models ihr die Show. Will die 16-Jährige aufs Siegertreppchen – wie 2013 ihre Hamburger Kollegin Lovelyn – muss sie stärker aus sich herauskommen. Sonst gibt’s kein Foto von Heidi.
Laut „Bravo“ stehen die drei Finalistinnen schon fest. Eine soll Ivana sein, eher unscheinbar, aber ein Model mit Erfahrung. Für Jolinas Weiterkommen spricht, dass sie Anfang Februar noch mit dem TV-Team unterwegs gewesen sein soll, bevor sie erst einmal wieder Runden auf dem Hamburger Schulhof statt auf dem Laufsteg drehte.