Zwischen Hamburger und Bremer Hanseatenfamilien gibt es viele Gemeinsamkeiten. Doch beim Fußball hören die Gemeinsamkeiten auf.
Hamburg. Morgen 20.45 Uhr, Uefa-Cup im Weserstadion. Wenn beim Fußball-Nordderby der HSV zum zweiten Mal gegen Bremen spielt, geht es nicht nur um Sport, es geht auch um die jeweils hanseatische Ehre. Denn beide Städte konkurrieren auch gesellschaftlich miteinander und sprechen das gerne offen aus: "In Bremen gehen die Uhren anders!" - sagen die Hamburger über die Bremer. Und dann witzeln sie: "Unser Friedhof in Ohlsdorf ist doppelt so groß wie Bremen, und dort wird auch doppelt so viel gelacht wie an der Weser!" Der Bremer kontert dagegen. "Ihr habt das Tor zur Welt - aber wir haben den Schlüssel dazu."
Kleine Frotzeleien, welche beide Hanseaten aber mit Humor nehmen, schließlich gehören Bremer und Hamburger eigentlich zusammen, zumindest gesellschaftlich. Denn von den alten Hanseatenfamilien Blunck, Jacobs, Bunnemann, Schütte oder Grobien gibt es Nachkommen in beiden Städten.
Auch die alten Bremer Kaufmannsfamilien Smidt, Lindemann, Nauck (Hachez Feodora), Lamotte und Lürssen (Werften) handeln seit Jahrhunderten mit Hamburgern. Wie übrigens auch umgekehrt: die Namen Hamburger Traditionsfamilien wie Sieveking, Sloman, Chapeaurouge, Berenberg, Binder, Hagenbeck oder Lorenz-Meyer kennen auch viele Bremer. Mitunter werden auch gesellschaftliche Verbindungen zwischen den Städten geknüpft, wie der Fall Clivia Bunnemann (alter Bremer Kaufmannsadel) mit Christian Breuel, Sohn von der Hamburger Ex-Treuhandchefin Birgit Breuel, deutlich macht.
Denn die gegenseitigen Einladungen beider Hansestädter zu privaten Terminen, Abendessen oder auch prominent besetzten Events gehören zum guten Ton. Da enden dann aber auch die Gemeinsamkeiten. Denn während der Bremer in sein feines Stadthaus oder seine Villa mit Parkgrundstück in Schwachhausen, an der noblen Marcusallee, oder in Oberneuland zum Dinner mit Kochfrau lädt, bittet der Hamburger schon mal zum Menü vom Catering Service. Das muss dann nicht unbedingt in Hamburgs noblen Wohnvierteln an der Elbe oder Alster sein.
Der Hamburger zeigt seinen Bremer Freunden gerne seine modern designten Gastro-Tempel am Elbufer oder in der Innenstadt. "Bremer sind meist etwas zurückhaltender, weniger protzig und arrogant als die Hamburger. Wir würden auch nie einen Maserati fahren", sagen die Bremer über die Hamburger Nachbarn und lassen ganz schnell ihren Porsche in der Tiefgarage ihres Ferienhauses auf Sylt verschwinden.
"Die Bremer nehmen sich selbst zu wichtig, vor allem wenn es um ihre Traditionsfeste geht", lästern dagegen die Hamburger. Und tatsächlich messen sich beide Städte immer wieder an ihren historischen Feiern wie der Schaffermahlzeit, der Eiswette und dem Bremer Tabak-Kollegium. Diese Feiern finden nach uralten Riten im ersten Haus am Platz, dem Parkhotel, oder stilvoll in der oberen Rathausdiele statt.
Der feine Hamburger fühlt sich geehrt, wenn er beim Matthiae-Mahl, beim Jahresdinner des Konsularischen Korps und auf einen der vielen Bälle im Hotel Atlantic geladen wird. Doch während die Hamburgerin dafür jedes Jahr ein neues Kleid ordert, trägt die Bremerin öfter dieselbe Robe. "Zu Hause lieben wir es eben zurückhaltender. Die Sau lässt der Bremer lieber woanders raus", sagt eine alteingesessene Bremerin. Sie fährt deshalb wie ihre modebewussten Freundinnen zum Einkaufen auch lieber an die Alster.
Dass sie neugieriger, weltoffener und vor allem geselliger als die anderen sind, nehmen übrigens beide Hanseaten für sich in Anspruch. Und auch beim Zelebrieren des gesellschaftlichen Lebens stehen sich Bremer und Hamburger in nichts nach. Trifft der Bremer Kaufmann Gleichgesinnte im Club zu Bremen, bei den Rotariern und beim ostasiatischen Liebesmahl, pflegt der Hamburger seine Geschäftskontakte im Übersee-Club, Hafen-Klub oder Anglo-German Club. Stellt sich Hamburgs feine Gesellschaft beim Derby in Horn oder Flottbek, beim Polo, beim Golfspiel am Falkenstein und im Club an der Alster zur "sportlichen" Schau, fährt der Bremer zum Golfen und Tennis in den Country-Club zur Vahr oder zum Galopp beim Bremer Rennverein.
Nur in Sachen Adel sind die Bremer hart: Der findet an der Weser einfach nicht statt. Dafür gibt es in Hamburg kaum eine VIP-Veranstaltung, auf der nicht Grafen, Barone oder Freiherren auftauchen. Sie kommen zwar ursprünglich aus dem schleswig-holsteinischen Umland, wohnen und leben gesellschaftlich aber lieber in Hamburg. Und während Hamburg in Sachen Prominenz mit Namen wie Kerner, Beckmann, Bleibtreu, du Mont, Schoenbach glänzt, kann Bremen mit Bärbel Schäfer, James Last und Carsten Maschmeyer nur auf wenige überregionaler Promis blicken - allerdings haben Letztere ihrer Heimatstadt Bremen längst den Rücken gekehrt.