Matthias Graf Lambsdorff, Neffe des früheren FDP-Ministers, über “seinen Verein“. Dabei ist er nicht nur um den eigenen Geldbeutel bemüht.

Hamburg. Dass Matthias Graf Lambsdorff gerade von der Kölner Süßwarenmesse kommt, sieht man ihm nicht an. Nein, viel genascht habe er dort nicht. "Aber umgeschaut habe ich mich umso mehr", so der 59-Jährige. Umschauen, Ausschau halten nach Neuem - das gehört zum Geschäft und Charakter des Hamburgers.

Zum Gespräch bittet er an einen Tisch vor dem brennenden Kamin im Restaurant Lambert an der Osdorfer Landstraße. 1998 baute der Unternehmer den Heuboden des alten Bauernhofs als Gaststätte aus, verpachtete ihn dann jedoch vor sechs Jahren. "Als Gastronom muss man anwesend sein, den Ansprechpartner für die Gäste geben, vor allem am Abend", sagt der zweifache Vater und trinkt einen Schluck Mineralwasser. Das konnte und wollte er mit seinem anderen Vollzeitjob nicht leisten. Denn im unteren Teil des Hauses betreibt er eine seiner insgesamt vier Jacques' Wein-Depot-Filialen, die er in der Stadt hat. "Das hier ist die größte aller 270 Filialen in Deutschland", sagt der Graf. Seit 1991 ist er im Weinhandel tätig, beschäftigt mittlerweile 20 Mitarbeiter in Voll- und Teilzeit.

Die 350 verschiedenen Weine, die er in seinen Läden vorhält, bekommt Lambsdorff von der Düsseldorfer Zentrale geliefert, bei allen anderen Leckereien hat der Neffe des verstorbenen Bundeswirtschaftsministers Otto Graf Lambsdorff (FDP) freie Hand. Und so wächst Lambsdorffs Sortiment kontinuierlich. Neben feinen Schokoladenbohnen liegt eine Mischung für Steinpilzrisotto, daneben gibt es Nudeln in Münzform, im Regal gegenüber locken unterschiedliche Pasteten. Etwas weiter entfernt liegt die Käsetheke, an der auch "der absolute Renner", das französische Landbrot Paillasse, verkauft wird.

Angenehmerweise präsentiert sich Lambsdorff in seinem kulinarischen Reich nicht als abgehobener Gourmet, sondern als Geschäftsmann, der leckere Lebensmittel schätzt.

Doch ist er nicht nur ums leibliche Wohl seiner Mitmenschen und den eigenen Geldbeutel bemüht. "Eine innere Überzeugung", nennt er sein ehrenamtliches Engagement für den Internationalen Club der Schlitzohren, dessen stellvertretender Vorstandsvorsitzender er ist. Der Klub wurde 1979 von Werner Bungert und Geschäftspartnern in Mülheim an der Ruhr gegründet. Die Männer handelten, wie zeitweise auch Lambsdorff, mit Leder und hatten mit vielen Firmen in Ländern der Dritten Welt zu tun, wo sie zum Teil mit großer Not in der Bevölkerung konfrontiert wurden. Daraus entstand die Idee, jedes Jahr ein "Goldenes Schlitzohr" zu wählen, eine Person des öffentlichen Lebens, die sich im cleveren Sinn als schlitzohrig erwiesen hat. Die Annahme des Ehrenpreises bedingt, dass der gespendete Betrag - aktuell 25 000 Euro - im Sinne des Klubs ausgegeben wird: um Not leidenden Kindern zu helfen. "Das Besondere an uns Schlitzohren ist, dass wir nicht vorgeben, welches Projekt Geld bekommt, sondern dass sich jedes Mitglied um Vereinsgelder bewerben kann", so Lambsdorff.

Mit diesem flexiblen System wurden allein im vergangenen Jahr 40 Initiativen mit knapp 100 000 Euro unterstützt, darunter Aids-Waisen im Sudan, ein Mittagstisch für Kinder in Mühlheim und eine deutsch-tschechische Fußballschule in Bayern.

Wie gut die Verteilung der finanziellen Mittel auch öffentlich ankommt, zeigt die Liste der Preisträger aus den vergangenen Jahren. Darauf stehen ausschließlich Topstars: Moderator Thomas Gottschalk, Schauspiellegende Peter Ustinov, Johannes Rau, Sabine Christiansen, Karl Lehmann, Hans-Dietrich Genscher und Sandra Maischberger sind darunter.

In diesem Jahr wird die dreistündige Benefizgala zur Verleihung des Goldenen Schlitzohrs 2011 an den Unterhaltungskünstler und Mediziner Dr. Eckart von Hirschhausen erstmalig in Hamburg stattfinden, Lambsdorff hat die gesamte Organisation übernommen. Ein Vollzeitjob, weil Graf Lambsdorff will, dass am Sonnabend, den 25. Februar, um 20 Uhr in der Bucerius Law School alles perfekt läuft, Gäste und Preisträger zufrieden sind. Denn dann werden hochkarätige Gäste und Musiker, die alle keine Gage verlangen, auftreten. Darunter Schauspieler Sky du Mont, der Vorjahres-Preisträger, der die Laudatio auf das Schlitzohr 2011 halten wird. Künstler wie Pianist Joja Wendt, Sebastian Krumbiegel (Die Prinzen), Max Mutzke und Duncan Townsend unterstützen ihn dabei musikalisch. Heinz Erhardt erhält posthum das erstmalig verliehene Platinschlitzohr.

Und wenn die große Gala vorbei ist, dann wird sich Graf Lambsdorff vielleicht auch etwas Süßes zur Belohnung gönnen: An den gefriergetrockneten Erdbeeren, die von weißer Schokolade umhüllt sind, könne er in seinen Läden nämlich schwer vorbeigehen, gibt er lachend zu.

Karten für die Verleihung des Goldenen Schlitzohrs 2011 an Dr. Eckart von Hirschhausen in der Bucerius Law School an der Jungiusstraße 6 können für 69 Euro über www.ticketmaster.de gebucht werden. Der Großteil der Einnahmen geht an Hilfsprojekte.