Zwei Paare, die einst zu ihren Trauungen kutschiert wurden, erzählen von ihrem großen Tag. Jetzt rollt die Hochzeitskutsche wieder - gewinnen Sie eine Fahrt.

Hamburg. Manche lehnten sich ganz schön weit aus dem Fenster. Andere rannten gleich vor die Tür. Niemand wollte diesen Moment verpassen. Dass die eigenen Nachbarn an ihrem Hochzeitstag von einer geschmückten, weißen Kutsche abgeholt wurden. So wie ein Königspaar im Märchen.

"Ach, es war wirklich märchenhaft", sagt Renate Tomischat lächelnd und blättert durch das liebevoll beschriftete Fotoalbum. "Die ganze Nachbarschaft hat uns zugejubelt und auf dem Weg zur Kirche winkten die Menschen uns, dem Brautpaar in der Kutsche, damals zu." Damals war vor 50 Jahren. Als Renate Tomischat Ja gesagt hat zu ihrer großen Liebe Hans-Werner. Damals, das war am 12. August 1962, als das Paar in der weißen Hochzeitskutsche des Abendblatts von Renates Elternhaus beim Jacobistift zur Trauung an den Abendrothsweg nach Eppendorf gefahren wurde. "Es war der schönste Moment am schönsten Tag", sagt Hans-Werner Tomischat, 75, und streichelt seiner 73-jährigen Frau zärtlich die Hand.

Die Tomischats aus Langenhorn sind eines von mehr als 2000 Hamburger Paaren, die zwischen 1952 und 1986 mit der Abendblatt-Kutsche zu ihrer jeweiligen Hochzeit fuhren. "Schon als ich als Mädchen im Abendblatt von der ersten Kutschfahrt las, sagte ich zu meiner Mutter: 'Das wünsche ich mir auch irgendwann für meine eigene Hochzeit'", sagt Renate Tomischat.

Auch Sigrid Thiessen-Gairdner, die an der Fontenay aufwuchs, erfüllte sich mit der Fahrt in der weißen Karosse einen Mädchentraum. "Ich liebe Pferde und habe mir schon als Kind gewünscht, bei meiner Hochzeit mit einer Kutsche zu fahren", sagt die 67-Jährige, die sich jetzt Countess of Kilmorey nennen darf. Denn einen weiteren Mädchentraum erfüllte sie sich gleich mit: Sie heiratete zwar keinen Prinzen,aber einen Adeligen. Ihr Bräutigam war Richard Needham Viscount Newry and Mourne; nach dem Tod seines Vaters erbte er vor einigen Jahren dessen Titel, Earl of Kilmorey.

Kennengelernt hatte die Hamburger Deern den Briten, heute 70 Jahre alt, auf einem Ball in Oxford, wo sie Sprachen studierte. Geheiratet wurde aber an der Elbe. Die Traumhochzeit erregte damals in der Kaufmannsstadt Hamburg großes Aufsehen - und brachte die Engländer um ein gesellschaftliches Ereignis. Denn eigentlich sollte die Hochzeit in der Heimat des Viscount stattfinden. "Doch als ich meinem Verlobten von der weißen Abendblatt-Kutsche erzählte, gab es überhaupt keine Diskussion mehr, wo wir heiraten", erzählt die Countess. In England sei dieser Brauch, mit der Kutsche zur Trauung zu fahren, damals völlig unbekannt gewesen. Und so war dann auch die Kutschfahrt für die angereiste Hochzeitsgesellschaft der Höhepunkt des Ereignisses. Auch Sigrid Thiessen-Gairdner selbst wird nie vergessen, wie aufgeregt sie war, als die Abendblatt-Kutsche sie und ihren Stiefvater von ihrem Elternhaus an der Fontenay - dort, wo heute das Hotel Intercontinental steht - abholte und zur Eppendorfer Hochzeitskirche St. Johannis brachte. Abends wurde im Atlantic gefeiert, geflittert wurde auf Menorca.

In den Jahren danach wurden die Kinder Robert, Andrew und Christina geboren, die Sigrid und Richard Needham, so der bürgerliche Name des Ehepaares, mittlerweile sieben Enkel und schon eben so viele Urenkel bescherten. "47 Jahre sind wir jetzt verheiratet und es war keinen Tag langweilig", sagen die beiden. Wenn sie anfangen zu erzählen, glaubt man ihnen das aufs Wort. So hängte Richard seine kaufmännische Laufbahn schon bald nach der Hochzeit an den Nagel, um in die Politik zu gehen: zunächst als Abgeordneter der Konservativen im englischen Chippenham, danach als Minister für Nordirland, wo der Familiensitz der Kilmoreys liegt. Seine Frau war immer an seiner Seite, als Buchführerin und später als parlamentarische Sekretärin - mit einem Büro in den Houses of Parliament.

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"Die sieben Jahre, in denen mein Mann in Nordirland war, zählen zu den aufregendsten unserer Ehe", sagt sie. Grund waren die Unruhen in Irland. "Robert war nie ohne Eskorte. War er zu Hause, hatten wir Sprengstoffhunde und Polizei auf dem Grundstück", sagt die Countess. Als ihr Mann später dann britischer Handelsminister war, ging statt der Leibwache politische Prominenz wie die Premierminister JohnMajor oder Edward Heath in ihrem Landhaus in der Grafschaft Gloucestershire ein und aus.

Das Rezept für eine gute Ehe? Die Antwort kommt wie aus der Pistole geschossen. "Immer alles gemeinsam zu machen", sagt Sigrid Needham. Und auch bei den Tomischats aus Langenhorn ist eingetreten, was das Abendblatt damals allen Paaren, die eine Fahrt mit der Hochzeitskutsche gewonnen hatten, per Grußkarte wünschte: "Möge die weiße Hamburger-Abendblatt-Kutsche Sie in ein langes gemeinsames Leben fahren." Sie habe sich sehr gefreut, als dieses Schreiben im Briefkasten lag, erinnert sich Renate Tomischat.

Und das ist mehr als 50 Jahre her. Denn im August feiern die gelernte Drogistin und ihr Mann, ein Fliesenlegermeister, goldene Hochzeit. "Und goldenes Abendblatt", fügt Hans-Werner Tomischat lachend hinzu. Denn seit dem 12. August 1962 ist er nicht nur seiner Renate treu, sondern auch seiner Tageszeitung. "Wir fühlen uns dem Abendblatt verbunden. Und das liegt auch daran, dass es unseren Hochzeitstag ganz besonders gemacht hat."

Wie schafft man es, so lange miteinander glücklich zu bleiben? "Man muss einander achten, viel miteinander sprechen - und die Liebe, die muss natürlich auch dableiben", sagt Renate Tomischat. Ehrlichkeit und Humor seien auch wichtig. "Wir hatten nur einmal Streit", sagt Renate Tomischat und rückt ihre Brille zurecht. "Und das war, als mein Mann unbedingt mit aufs Hochzeitsfoto wollte." Beide lachen laut, und Hans-Werner Tomischat nimmt seine Frau in den Arm. "Wir sind zusammen und wir bleiben zusammen, so einfach ist das", sagt Hans-Werner Tomischat, der sich sofort in seine Renate verliebte.

1959 war sie ihm - auf einer Jugendfreizeit der Kirchengemeinde - aufgefallen, zwei Jahre später hielt er um ihre Hand an, ein Jahr später wurde geheiratet. "Es war einfach sehr schnell klar, dass wir zusammengehören."

An jedes Detail der Hochzeit könne sie sich nicht mehr erinnern, sagt Renate Tomischat. "Das war doch alles so wahnsinnig aufregend." Dass die Trauungszeremonie länger als zwei Stunden gedauert habe, das wisse sie noch. Und dass der arme Kutscher deshalb so lange draußen in der Sommerhitze warten musste. Und dass das Mittagessen mit Familie und Freunden in Alsterdorf schön gewesen sei. "Und an die Kutschfahrt denke ich natürlich sehr oft zurück. Das war für mich nach dem Ja-Wort der schönste Moment."

Dass in den nächsten Monaten wieder verliebte Paare mit der Abendblatt-Hochzeitskutsche fahren werden, das gefällt dem Ehepaar Tomischat. "Wir hoffen, dass die Fahrt den Brautpaaren so viel Glück bringt wie uns."

Schöne Erinnerungen zu schaffen, das sei auch wichtig für eine glückliche Ehe, für den Zusammenhalt. Und die Fahrt mit der Hochzeitskutsche, die könnte für zehn verliebte Paare zu einer solchen Erinnerung werden.