Hamburg. Friese ist mit seinen Shops rund um das Label Omen legendär – die Mode made in Hamburg hat Fans weltweit.

In den 60er-Jahren fuhr in Hamburg noch die Straßenbahn, ein gewisser Helmut Schmidt war Innensenator, und die sogenannte „Spiegel-Affäre“ wurde zum Meilenstein für die Pressefreiheit. In England machte ein eher kleines Kleidungsstück, der Minirock, Karriere, die Beatles veröffentlichten ihr bestes Album – „Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band“, bis heute hat es sich mehr als 32 Millionen Mal verkauft. Und in den USA fand das wichtigste Open-Air-Konzert aller Zeiten statt: Woodstock – 3 Days of Peace & Music.

In diesen bewegten Jahren ist ein junger Mann immer wieder unterwegs nach Italien, auf der Suche nach zeitgemäßem Mode-Design. Denn das war de facto in der Bundesrepublik noch nicht zu finden. Der berühmte Studentenspruch „Unter den Talaren Muff von 1000 Jahren“ traf durchaus auch auf die Mode zu. Der junge Mann von damals, heute 76 Jahre alt, heißt Thomas Friese und hat mit seinen beiden „Thomas i Punkt“-Concept-Stores in Hamburg und seiner eigenen Marke Omen ein Stück Modegeschichte weit über unsere Metropole hinaus geschrieben.

Hochwertige Mode – aber nicht für die Reichen und Schönen

Schon früh fiel das Talent von Thomas Friese für klare, zeitlose Linien und sein Händchen für die feinsten Stoffe auf. „Die Holy-Brüder, Uwe und Jochen, wollten mich nach Metzingen locken, um Hugo Boss weiter nach vorne zu bringen.“ Aber es gab da eine doch ziemlich grundlegende Differenz: „Ich wollte Mode machen, die beiden Geld verdienen.“ Zu einer Zeit, als Giorgio Armani ein aufsteigender Modegott am Fashionhimmel war, produzierte Thomas Friese schon Hochwertiges, „aber eben nicht nur für die Reichen und Schönen“, sagt er im Gespräch mit dem Abendblatt.

Mode im Omen-Store am Gänsemarkt in Hamburg.
Mode im Omen-Store am Gänsemarkt in Hamburg. © MARK SANDTEN / FUNKE FOTO SERVICES | Mark Sandten

Zumal er seinen Zeiten sowieso voraus war: Er wusste zum Beispiel, dass Commes des Garçons eine Avantgarde-Modemarke aus Japan war und kein leckeres Macaron aus Paris. Und er verstand als einer der ersten Modedesigner in Europa, dass Rei Kawakubo ein Teil der Mode-Moderne werden würde. „Da kann ich schon für mich in Anspruch nehmen, Vordenker gewesen zu sein“, merkt Thomas Friese unaufgeregt an.

Und das betrifft nicht nur die wunderbar zeitlosen Designs seiner Marke Omen („wir haben seit Jahrzehnten Kundinnen und Kunden auf der ganzen Welt“), sondern ebenfalls seine Vorstellung von Nachhaltigkeit. „Für mich gehören Ästhetik und Ethik untrennbar zusammen. Das sind Werte, die bei unserer Produktion von Mode schon immer ganz oben gestanden haben.“

Ganz oldschool: Gefertigt wird in Rothenburgsort

Und immer noch ganz oben stehen. In Rothenburgsort findet sich die Produktionsstätte des 1968 gegründeten Mode-Unternehmens Thomas i Punkt. Hier sind die Strickerei und Näherei, in denen etwa die Omen-Pullover noch mit Strickmaschinen quasi in Handarbeit hergestellt werden. „Das ist so was von good oldschool,“ unterstreicht Thomas Friese, „das kann kaum noch jemand heute. Aber für diesen Qualitätsluxus steht Omen.“ Er selbst hat eine Hose an, „die ist 30 Jahre alt, und einen Pullover, der über zehn Jahre auf dem Buckel hat“. Beides wirkt nicht wie aus der Zeit gefallen – das ist eben Mode-Kunst: Stücke, die sowohl im Museum ausgestellt wie auf der Straße getragen werden können. Thomas Friese nennt das „dauerhafte Formensprache“.

Apropos Vorreiter: In seinen beiden einzigartigen, mehrgeschossigen Concept-Stores am Gänsemarkt und an der Mönckebergstraße war Thomas Friese einer der Ersten in Deutschland, die ausgewählte Streetwear im Sortiment hatten. Dazu passt, dass Thomas Friese nach jahrelangen Vorarbeiten im Jahr 2000 das i-Punkt Skateland an der Spaldingstraße eröffnete. „Auf die Idee hatte mich einer meiner Söhne gebracht“, entsinnt er sich. Und dazu passt: Wenn man in der Skatehalle oder den Läden andere Sprachen hört, sind das oft die erwähnten Stammkunden, die sind international und denken kosmopolitisch.

Thomas Friese ist mehrmals Segel-Weltmeister geworden

Mal abgesehen davon, dass Thomas Friese bei all seiner multitalentierten, rastlosen Kreativität noch die Muße hatte, mehrmals Segel-Weltmeister zu werden, hängt er an seinen Träumen über Dekaden hin. Bis sie wahr werden wie etwa das schwimmende Café Enten­werder 1 mit dem Goldenen Pavillon. Schon kurz nach der Eröffnung 2015 war dieser nahezu magische Platz an der Elbe kein Geheimtipp mehr.

Wo gibt es das sonst noch? Wenn Omen draufsteht, handelt es sich um Handarbeit aus Hamburg. MARK SANDTEN / FUNKE Foto Services
Wo gibt es das sonst noch? Wenn Omen draufsteht, handelt es sich um Handarbeit aus Hamburg. MARK SANDTEN / FUNKE Foto Services © MARK SANDTEN / FUNKE FOTO SERVICES | Mark Sandten

„Eigentlich wollten wir vor längerer Zeit für Omen einen besonderen Ort in New York City suchen. Wir waren drei Monate dort, fanden jedoch keine coole Location“, berichtet Thomas Friese. Nun, das ist mit Entenwerder 1 umso mehr gelungen, nach geduldiger, Jahre währender und mühevoller, schöpferischer Arbeit.

Wenn Thomas Friese von „wir“ spricht, dann meint er den Großteil seiner sieben Kinder, die engagiert bei Thomas i Punkt, Omen, Entenwerder 1 und weiteren Zukunftsprojekten tagtäglich dabei sind. Insbesondere sind das seine Töchter Tina (44), Iris (49) und Alexan­dra (52). „Bei uns werden die wichtigen Entscheidungen immer im Familienrat diskutiert, da geht es schon mal ganz schön emotional zu“, erklärt Tina Friese lächelnd. „Gehört dazu, wir sind hart im Nehmen.“ Die gelernte Schneiderin ist für den gesamten Einkauf der beiden Concept-Stores zuständig, „für alles außer Omen“.

Tomas i Punkt hat bewusst keinen Onlineverkauf

Bei Thomas i Punkt können nur Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen arbeiten, die sich zu 100 Prozent mit den Stores identifizieren können. Was bedeutet, dass sie die Produkte ihrer Abteilungen oder Stockwerke in- und auswendig kennen müssen. „Wir haben uns bewusst gegen jeden Onlineverkauf entschlossen. Unsere Stärken sind der einzigartige Produktmix, sehr persönliche Beratung – viele Kunden gehen schon seit Langem zu bestimmten i-Punktlern – und das bei uns versammelte Fachwissen.“ Und Tina Friese nimmt sich die Zeit, die eigene Frauenmarke Kunoichi Clothing fortzuentwickeln, die – wie könnte es anders sein - „in Fair Trade hergestellt wird“.

Auch Sohn Thomas arbeitet im Unternehmen mit. Hier richtet er gerade eine Strickmaschine ein. MARK SANDTEN / FUNKE Foto Services
Auch Sohn Thomas arbeitet im Unternehmen mit. Hier richtet er gerade eine Strickmaschine ein. MARK SANDTEN / FUNKE Foto Services © MARK SANDTEN / FUNKE FOTO SERVICES | Mark Sandten

Wie ihre Schwestern („Iris ist unter anderem für den Stoffeinkauf und die Omen-Produktion verantwortlich, Alexandra ist die rechte Hand meines Vaters“) sagt Tina: „Wir machen unser Ding, lieben unsere Unabhängigkeit und arbeiten mit vielen Firmen teilweise schon viele Jahre zusammen. So haben wir Marken, die sonst keiner hat.“ Insgesamt umfasst das i-Punkt-Reich um die 100 Köpfe. Und am liebsten wird eben alles selber entworfen und umgesetzt, wie der hängende Garten in dem Shop am Gänsemarkt. „Der muss dauernd gepflegt werden“, weiß Thomas Friese.

Während er das so einfließen lässt, ringt er schon wieder mit neuen Ideen, wendet sie hin und her, verwirft sie wieder total oder vielleicht doch nicht ganz, geht wieder in sich, wälzt die Idee vor- und rückwärts, links- und rechtsherum, schläft einige Nächte darüber, währenddessen wachsen bereits neue, zarte Ideen-Pflänzchen, von denen bis zur nächsten Woche einige schon wieder eingegangen sind. Es ist ein ewiges Kommen und Gehen der Ideen. Bis zu der einen, neuen Idee – die mit dem Thomas i Punkt.

Thomas i Punkt Mönckebergstr. 21, 20095 Hamburg, und Gänsemarkt 24, 20354 Hamburg, Montag bis Sonnabend 10 bis 20 Uhr

Entenwerder 1 Entenwerder 1, 20539 Hamburg, Montag bis Sonntag 10 bis 19 Uhr

i-Punkt Skateland e. V. Spaldingstr. 131, 20097 Hamburg, Montag bis Freitag 15 bis 20 Uhr, Sonnabend und Sonntag 13 bis 20 Uhr