Hamburg. Die Manager der Goldenen Kamera, Jochen Beckmann und Christian Hellmann, über Qualitäts-TV, Weltstars und Emotionen.

Der „Fernseh-Oscar“ ist zurück in der Hansestadt, wo 1966 seine Erfolgsgeschichte begann. Was sich verändert hat, was die Zuschauer zum 50. Jubiläum erwartet und welche Rolle Serien in Zukunft spielen, sagen Jochen Beckmann, Verlagsgeschäftsführer Zeitschriften bei Funke Medien, und Christian Hellmann, Chefredakteur der „Hörzu“, im Doppelinterview.

Hamburger Abendblatt: Herr Beckmann, wie fühlen Sie sich vor und nach der Goldenen Kamera?

Jochen Beckmann: Das wollen Sie sicher nicht wissen! (lacht laut) Im Ernst: Vorher bin ich definitiv aufgeregt, es herrscht eine positive Aufgeregtheit, man fiebert auf den Tag hin. Denkt an Details, überlegt, welche Kleinigkeiten noch zu erledigen sind, damit die Sendung schlussendlich so steht, wie wir sie uns vorstellen. Danach fühle ich mich besser, wenn ich sehe, wie sich die 1200 Gäste im Saal und die zusätzlichen 300 Gäste bei der Party amüsieren.

Sie sprechen von Sendung. Definieren Sie die Goldene Kamera so für sich?

Christian Hellmann: Die Goldene Kamera von „Hörzu“ ist tatsächlich als TV-Sendung konzipiert. Wir wollen natürlich die Gäste im Saal begeistern, aber auch die Millionen, die sich das dann in der Primetime anschauen. Es ist ja eine der wenigen Gelegenheiten, bei der noch Qualitätsfernsehen ausgezeichnet wird. Das ist ja auch die Mission, in der wir beide unterwegs sind: die Perlen im Programm nicht nur zu finden, sondern diese auch im Rahmen der Gala entsprechend zu würdigen.

Das führt uns zur Bedeutung der Goldenen Kamera in der Fernsehlandschaft...

Hellmann: Die Goldene Kamera ist definitiv der führende Preis der Film- und Fernsehlandschaft. Mit Thomas Gottschalk als größtem Show-Moderator, den wir hierzulande haben, der zur 50. Ausgabe noch einmal auf die große Bühne zurückkehrt in seinem alten Heimatsender ZDF, der die Goldene Kamera insgesamt elfmal moderiert hat und selbst viermal ausgezeichnet wurde, das ist natürlich ein Superlativ, und es gibt keinen besseren Moderatoren für dieses Jubiläum.

Zum 50. Mal werden jetzt die goldenen Kameras verliehen – gibt es wegen dieses Jubiläums Änderungen im Ablauf?

Beckmann: Oh ja, vieles wurde anders konzipiert, im üblichen Ablauf geändert.

Hellmann: Weil an diesem Abend die Goldene Kamera im Mittelpunkt stehen soll mit ihrer 50 Jahre alten Geschichte. Wir wollten die Gelegenheit nutzen, die damit verbundenen fünf Jahrzehnte Fernsehgeschichte Revue passieren zu lassen. Große TV-Momente mit Stars, die teilweise längst gestorben sind, an die sich aber alle erinnern. Wie zum Beispiel Heinz Rühmann, Inge Meysel, Peter Alexander, Loriot. Denen wollen wir Raum geben. Deshalb kürt der „Hörzu“-Leserpreis in diesem Jahr auch die „Größte deutsche TV-Legende“.

Herr Beckmann, Sie kamen auf die Idee des „Golden Clubs“: einer Jury, die nicht wie bisher aus acht Köpfen besteht, sondern eine große Zahl der bisherigen Preisträger vereint. 144 nämlich.

Beckmann: Genau, das war aber eine Gemeinschaftsidee. Und ja, wir haben alle ehemaligen nationalen Preisträger gefragt, ob sie in der Jury der 50. Goldenen Kamera sein wollen. Dass so viele mitmachen, damit hätten wir nicht gerechnet, als uns im Frühjahr vergangenen Jahres bei einem Workshop der Gedanke dazu kam.

Sie verantworten die Goldene Kamera seit 21 Jahren, sind insgesamt seit 28 Jahren auf der Veranstaltung – wie machen Sie es, dass Sie immer noch dafür brennen?

Beckmann: Es gibt einfach keine Routine. Nichts ist Routine. Es ist ein lebendes Produkt, das begeistern soll – ebenso wie die „Hörzu“ –, das sich jedes Jahr, jede Woche, jeden Monat verändert und wo die Herausforderungen immer woanders liegen. Ist eben kein Schokoriegel.

Hellmann: Das sieht man auch bei dieser 50. Goldenen Kamera, wo wir die Messehalle A1 Hamburg bespielen mit 9000 Quadratmetern und nicht die Ullstein Halle in Berlin. Hier gibt es völlig andere Voraussetzungen und Möglichkeiten. Und keine Spur von Routine.

(beide lachen)

Mit der Auswahl der Location kehrt die Goldene Kamera heim nach Hamburg. War das nicht überfällig?

Hellmann: Es führt jedenfalls zurück zu den Anfängen der Goldenen Kamera. Für das große Jubiläumsbuch der „Hörzu“ zur Goldenen Kamera haben wir natürlich auch dazu recherchiert, und es ist ja so, dass die erste Goldene Kamera in Hamburg verliehen wurde.

Der Rahmen war minimal anders...

Hellmann: Allerdings. Das war damals im Hotel Vier Jahreszeiten, eine Veranstaltung mit 120 Gästen, engste Familie quasi. Ohne Fernsehkameras, elf Preise wurden kurz und knapp vergeben, dann wurde es begründet, es gab ein Foto und ein Glas Sekt, und man ist nach Hause gegangen.

Ist es überhaupt vorstellbar, dass die Goldene Kamera je wieder woanders veranstaltet wird als in Hamburg?

Beckmann: Das kann ich heute noch nicht beantworten. Wir können das wirklich erst beurteilen, wenn alles gelaufen und ausgewertet ist.

Das ist nicht unbedingt die wohlklingendste Antwort für die Stadt – die meisten glamourösen Events finden momentan in Berlin statt.

Hellmann: Ja, das ist von der Promidichte her ein Wachküssen für Hamburg. Wachküssen aus dem Dornröschenschlaf.

Dann wollen wir mal hoffen, dass in Hamburg weiterhin geküsst wird. Welche weiterführende Aussage steht denn hinter der Auswahl der Preisträger? Kann man daran mediale Entwicklungen ablesen?

Hellmann: Kevin Spacey beispielsweise, ein Hollywoodstar, der aktuell durch „House of Cards“ in aller Munde ist, ist Preisträger. Und tatsächlich ist an ihm und seiner Auszeichnung eine Entwicklung abzulesen. Man kennt den Slogan: „Serien sind das neue Kino“. Die Zahl herausragender Serien hat massiv zugenommen, „Mad Man“, „Breaking Bad“... Auch, wenn Serien noch stark im Pay TV laufen, haben sie massiv an Bedeutung gewonnen.

Beckmann: Dem tragen wir auch mit der Goldenen Kamera Rechnung, deshalb war Kevin Spacey auch unser absoluter Wunschkandidat, und wir beide sind glücklich, dass wir es geschafft haben, ihn nach Hamburg zu holen. Es ist ja nicht immer so einfach, den Hollywood-Star zu bekommen, den man sich wünscht.

Was sind denn Highlights der Vergangenheit mit Hollywood-Größen für Sie gewesen?

Beckmann: Ganz klar der letzte Auftritt von Rudi Carrell und das Wiederauftauchen von Monica Lierhaus verbunden mit dem Heiratsantrag, mit dem niemand rechnen konnte.

Hellmann: Oder als Karl Lagerfeld, Laudator für Diane Kruger, ihre Privatadresse in der Sendung verraten hat...

Beckmann:...sie ist dann auch ganz schnell umgezogen. (lachen)

Welche Rolle spielt das Fernsehen in ihrem Leben grundsätzlich?

Hellmann: Ich bin ja ein richtiger Fernsehjunkie, mache mir schon das ganze Jahr Gedanken über Filme, Schauspieler oder Produzenten, die dann mit der Goldenen Kamera ausgezeichnet werden, und habe auch schon mal ein Gefühl, wo es einen Preisträger geben könnte. Da muss ich relativ viel Fernsehen schauen...

Das verbindet Sie beide, oder?

Beckmann: Wäre ja auch schlimm, wenn nicht! Es kann ja nicht sein, dass wir beide für eine Programmzeitschrift arbeiten, aber lieber ins Theater gehen, als Fernsehen und Filme zu schauen.

Das Motto für die Dinner-Party nach der Verleihung der Goldenen Kamera lautet?

Beckmann: Ganz einfach: Cocktail Chair und Käse-Igel, eine Reminiszenz an die 60er-Jahre. Daran, wo sie herkommt, die Goldene Kamera von „Hörzu“.