Im Gespräch mit Lars Haider erzählt der Moderator von seinen Ängsten und warum er mit 60 nicht mehr im TV-Studio stehen will. Seine Mutter, ein Mönch und Jäger lehrten ihn, worauf es wirklich ankommt.

Der Juni beginnt für Markus Lanz dort, wo so vieles in seiner Karriere begonnen hat: in Hamburg. Bahrenfeld, Stahltwiete 14. Lanz hat gerade eine Sendung mit Gästen wie HSV-Legende Uwe Seeler und Grünen-Politikerin Claudia Roth gemacht. Vor dem Haus stehen drei Wagen, die darauf warten, die Gäste nach Hause, ins Hotel oder zum Flughafen zu fahren. Das Fernsehstudio ist schon wieder leer und aufgeräumt, der Moderator selbst spricht noch mit Schauspielerin Susanne Uhlen, vielleicht macht er ein paar Fotos von ihr.

Markus Lanz fotografiert gern, auch die Teilnehmer an seinen Talkrunden, und er fotografiert ausgezeichnet. Seine Ausrüstung ist längst die eines Profis, und als er um kurz nach halb neun erscheint, um sich selbst für das Hamburger Abendblatt porträtieren zu lassen, beginnt sofort die Fachsimpelei mit Fotograf Marcelo Hernandez.

Als dessen Lichtanlage vom Wind umgeworfen wird, ist Lanz der Erste, der beim Wiederaufstellen hilft - und erleichtert sagt: "Die habe ich auch - und die hält offensichtlich etwas aus."

"Krabbenfischer in Alaska, Jäger in Grönland"

Der Juni ist ein besonderer Monat für den Mann, der bei Radio Hamburg volontiert und bei RTL Nord als Nachrichtenredakteur die ersten Schritte ins Fernsehen gemacht hat. An diesem Sonnabend moderiert Lanz die XXL-Ausgabe von "Wetten, dass ..?" auf Mallorca, eine Insel, auf die er passt wie ein Beduine ins Skigebiet. Denn wenn Lanz verreist, dann meistens in Länder wie Grönland, Äthiopien, die Mongolei.

Ob er hin und wieder ganz normal Urlaub mache, so mit Ausruhen, im Meer schwimmen, am Strand liegen? "Ja", sagt er, das gehe auch mal, aber man sieht ihm an, dass er das nicht wirklich so meint. "Krabbenfischer in Alaska, Jäger in Grönland", hat er auf die Frage nach einem möglichen Doppelleben geantwortet, die von Autor Roger Willemsen stammt. Und als Fußball-Trainer Felix Magath von ihm wissen wollte, was "die extremste Temperatur" gewesen sei, der er sich jemals ausgesetzt habe, war die eiskalte Antwort: "Ich schätze irgendwas um die 45 Grad minus." Spricht auch nicht gerade für Mallorca.

Vom Volontär bei Radio Hamburg zum Showmaster

Mit den Fragen, die frühere Talkshow-Gäste dem Moderator im Auftrag des ZDF stellten, sind wir schon beim zweiten außergewöhnlichen Moment des Monats Juni. Am 19. Juni wird "Markus Lanz" zum 500. Mal ausgestrahlt. Was als Vertretung für Johannes B. Kerner begann, ist zur Institution, der Volontär von Radio Hamburg zu dem Gesicht des ZDF geworden. Und auch wenn der in Südtirol geborene Protagonist inzwischen in Köln lebt, kommt das, was die TV-Zuschauer von ihm sehen, weiter aus Hamburg.

Aus Bahrenfeld, wo im Konferenzraum riesige Schüsseln mit Schokolade, Lakritz und anderen Süßigkeiten stehen, die Markus Lanz in den kommenden zwei Stunden nicht anrühren wird. Ja, man könnte mit ihm jetzt vor allem über "Wetten, dass ..?", über Talkshows im Besonderen und im Allgemeinen sprechen, über das öffentlich-rechtliche und das private Fernsehen. So was halt. Man kann es aber auch lassen.

Hamburger Abendblatt: Als ich während meines Volontariats zu RTL Nord kam, hatten Sie dort Ihre letzten Tage, und ein Kollege sagte mir: "Das ist Markus Lanz, der wird mal ein ganz Großer." Seitdem habe ich Ihren Weg verfolgt und wundere mich: Lange nahm ich Sie nur als TV-Menschen wahr, und plötzlich waren Sie der Grönland-Reisende, der Foto- und Biograf, der Unternehmer, der "Wetten, dass ..?"-Moderator. Was sind Sie denn jetzt wirklich?

Markus Lanz: Für mich sind das alles keine Widersprüche. Ich habe mich eigentlich immer als Reporter verstanden. Das ist es auch, was ich im Ausland sage, wenn Leute mich fragen, was ich beruflich mache. Mich reizt es bis heute, Dinge als Erster zu erfahren, vor allem: sie selbst zu sehen und mir ein Bild zu machen. Ich wollte immer schon wissen, was hinter der nächsten Kurve kommt. Daher kam auch der Drang, nach Grönland zu gehen, nach Äthiopien oder in die Mongolei.

Ihre Grönland-Berichte waren ein Wendepunkt in meiner Wahrnehmung von Markus Lanz. Ich dachte: Das ist der gleiche Markus Lanz, der spätabends mit Leuten plaudert oder mit Spitzenköchen kocht? Der ist anscheinend nicht nur nett, der ist mehr. Nachdenklich?

Lanz: Oft.

Oder tief? Ist das das richtige Wort?

Lanz: Wenn man sich die Mühe macht und mal ein bisschen genauer hinguckt - also nicht nur schnell meinen Namen googelt, sondern vielleicht mal einen Text liest, den ich geschrieben habe, oder die Fotos betrachtet, die ich gemacht habe -, dann stellt man möglicherweise fest, dass es in meinem Leben ein paar Dinge gibt, die mir sehr wichtig sind und die ich gerade deshalb nicht an die große Glocke hänge. Es ist doch so: Je wahnsinniger alles wird, je größer auch die öffentliche Präsenz wird - und zwar die, die nun einmal zu meinem Beruf gehört, aber auch die, die einfach über einen hereinbricht und die sehr, sehr aufgeblasen und künstlich ist -, desto größer wird die Sehnsucht nach einer gewissen Wahrhaftigkeit. Ich habe das erlebt, als ich im Dezember in der Mongolei war und dort bei der Familie eines kasachischen Adlerjägers übernachtet habe. Die haben in einer Hütte geschlafen, die nur mit etwas getrocknetem Kuhdung geheizt wird. Nachts wird es im Raum minus zehn Grad kalt, und die Kinder werden auf die Erwachsenen verteilt und kriechen zu denen unter die Decke, weil sie sonst erfrieren. Trotzdem husten manche, als wären sie kurz vor der Lungenentzündung. Und dann stellst du der Mutter die Frage, was sie sich wünscht, ob sie vielleicht gern mal in die Hauptstadt fahren würde. Und sie guckt mich verständnislos an und antwortet: Was soll ich da? Ich sage: Na ja, mal schön essen gehen, Kleider kaufen, so was. Und sie: Wieso, ich habe hier doch alles. Da habe ich gemerkt: Das sind lauter Fragen aus meiner Welt, die ihr gar nicht in den Sinn kommen. Sie lässt sich überhaupt nicht korrumpieren.

Offensichtlich gibt es eben doch Dinge, die man für Geld nicht kaufen kann.

Lanz: Ja, und deswegen ist für mich immer die Frage, was Menschen wirklich antreibt, warum sie das machen, was sie tun. Gibt es ein erfülltes Leben, wenn du eigentlich nichts von dem hast, was wir im Westen, was wir in Deutschland für erstrebenswert halten?

Das ist doch für jeden von uns die Kernfrage.

Lanz: Stimmt.

Für Sie könnte man konkretisieren: 500 Sendungen Markus Lanz, ist es das eigentlich?

Lanz: Genau.

Und wie ist die Antwort?

Lanz: Die Antwort ist: Ich mache das wahnsinnig gern, weil ich immer wieder besondere Begegnungen mit Menschen habe. So wie neulich mit Günter Netzer, der davon sprach, wie gerne er in seinem Leben immer faul war. Und wie dankbar er dafür ist, dass es trotzdem irgendwie ganz gut funktioniert hat.

Sie machen das also alles gar nicht fürs Fernsehen, sondern für sich.

Lanz: Ich mache das, weil jedes neue Gespräch, jede neue Begegnung mit einem Menschen, den du zu kennen glaubst, anders ausfällt. Ob es die erste, die 200. oder die 500. Sendung ist, ist dabei völlig egal.

Wenn Sie zu Ihrer 500. Sendung die Leute einladen würden, denen Sie beruflich am meisten zu verdanken haben, wer käme dann?

Lanz: Ich nehme jetzt mal Menschen aus den Medien wie Klaus Ebert, den ehemaligen Chef von RTL Nord hier in Hamburg, und mir wichtige Menschen beim ZDF, von denen es einige gibt, aber auch Menschen wie Markus Heidemanns, meinen Redaktionsleiter, der bis eine Minute vor Sendungsbeginn wie besessen um das beste Ergebnis kämpft, an dieser Stelle bewusst aus, weil es sich von selbst versteht, dass ich denen sehr viel verdanke. Abgesehen von denen also: mein alter Deutschlehrer und meine Mutter, die mir einfach immer vertraut hat und mich machen ließ.

Sie sind wahrscheinlich ein idealer Typ fürs Fernsehen. Aber umgekehrt gilt das anscheinend nicht. Sie könnten doch ab morgen ohne Fernsehen leben, oder?

Lanz: Ich glaube tatsächlich, dass ich das könnte, ja.

Was ja besonders interessant ist, weil Sie so eine Karriere im Fernsehen gemacht haben.

Lanz: Ja, aber nur zufällig. Ich hatte sehr viel Glück, war oft am richtigen Ort, und mir macht das, was ich tue, so großen Spaß, dass ich es mit Haut und Haaren tue. Aber wenn es morgen vorbei wäre, dann würde ich etwas anderes tun. Und zwar mit Haut und Haaren.

Wird es nicht eines Tages so sein, dass Sie einfach vom Bildschirm verschwinden?

Lanz: Sie meinen, einfach weg, verschluckt? Schöne Vorstellung. Einfach weg, so wie: verschwunden in einer Gletscherspalte. Ich habe manchmal einen Albtraum: Wir landen alle auf einem Fernseh-Campingplatz bei Köln, und da wohnen wir dann alle gemeinsam - ehemalige Big-Brother-Kandidaten, Dschungelkönige und Talkmaster. Und Gunther Gabriel ist der Hausmeister, der aufpasst, dass keiner abhaut ... (lacht). Im Ernst: Ja, ich schließe für mich aus, mit 60 noch in einem Fernsehstudio zu sein.

Hier "Wetten, dass ..?", dort Grönland. Sie scheinen vor nichts Angst zu haben.

Lanz: Das stimmt überhaupt nicht. Im Gegenteil: Ich bin ein sehr ängstlicher Mensch. Wenn du mit Jägern in Nordgrönland unterwegs bist, in der Dunkelheit der Polarnacht, und du weißt, unter dir geht es 3000 Meter in die Tiefe, und vor dir auf dem Schlitten sitzt einer, dessen Sprache du nicht sprichst, und es gibt keinen Handyempfang und keinen, der dich notfalls abholt, dann kann die nackte Panik in dir hochsteigen. Und ich bin jemand, der dazu neigt. Wenn ich von solchen Touren nach Deutschland zurückkomme, habe ich damit zu kämpfen, dass ich oft wochenlang nachts hochschrecke und panisch bin.

Warum machen Sie es dann?

Lanz: Um die eigenen Dämonen in den Griff zu kriegen.

Dass Sie das können, haben Sie doch mehr als einmal bewiesen.

Lanz: Es geht nicht darum, sich etwas zu beweisen, sondern um ein großartiges Naturerlebnis, das Sie nur haben, wenn Sie bereit sind, sich auf diese einzigartigen Landschaften einzulassen, sich manchmal auch durchzuquälen und sich immer wieder der eigenen Endlichkeit und Winzigkeit bewusst zu werden.

Ist das nicht schlimm?

Lanz: Nein, das ist nicht schlimm. Ich erzähle Ihnen eine andere Geschichte: Ich fliege mit meinem Sohn einmal im Jahr nach Grönland. Wir kommen dort in ein Hotel, in dem die Zimmer ziemlich kalt sind, die Duschen mies und das Essen zum Heulen. Am nächsten Tag setzen wir uns dann auf den Hundeschlitten und reisen acht, neun Stunden bis in ein kleines Dorf. Dort wohnen wir dann in einem Holzhaus, ohne fließendes Wasser, ohne Dusche, müssen uns ziemlich mühsam das Essen selbst zubereiten, und die Toilette besteht aus einem Eimer. Und wissen Sie was: Wenn wir dann nach einer Woche aus dem Dorf wieder in das Hotel zurückkehren, dann freuen wir uns über das luxuriöse Hotel (lacht). Was ich damit sagen will: Es ist immer wieder wichtig, die Komfortzonen des eigenen Lebens zu verlassen, um zu merken, wie gut es uns eigentlich geht. Das macht einen sehr, sehr dankbar.

Wie ist es dann, wenn Sie nach Deutschland zurückkommen, auch zurück in die Fernsehwelt?

Lanz: Manchmal habe ich ein wenig Heimweh, vor allem, weil ich die Weite und Ruhe vermisse.

Wie ist das mit der Stille? Ich stelle sie mir auch bedrohlich vor.

Lanz: Man muss sich dran gewöhnen. Es gibt Leute, die gehen in der Arktis die Wände hoch, weil es so leise ist. Aber wenn du dich daran gewöhnt hast, und du bist wieder zurück, dann ist es genau umgekehrt. Weil ich so wenig Zeit habe, passiert es manchmal, dass ich direkt aus Grönland ins Fernsehstudio muss. Dann macht mir der Lärm zu schaffen, und ich frage mich manchmal: Was, zum Teufel, mache ich hier eigentlich? Aber ich glaube, das geht uns fast allen so, wenn wir aus dem Urlaub kommen, oder?

Aber je öfter man das macht, desto öfter stellt man sich die Frage.

Lanz: Das ist wahr.

Und Sie sind doch in der bemerkenswerten Lage, dass Sie sagen könnten: Ich mache nur das, was ich will.

Lanz: Das habe ich immer schon so gemacht. Das ist keine Frage des Geldes, sondern fast eine Notwendigkeit. Man muss im Leben eine Aufgabe finden, die einen wirklich mit jeder Faser seines Herzens packt. Ich glaube, neben der persönlichen Gesundheit ist es vor allem das: das Glück, ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Ich habe es so unendlich gehasst, wirklich gehasst, in prekären Verhältnissen aufzuwachsen, in denen man von anderen abhängig war. Meine Mutter musste mich und meine Geschwister allein aufziehen, wir hatten nach dem Tod meines Vaters hohe Schulden und hätten schnell zum Sozialfall werden können, wenn uns sehr großzügige Menschen aus meiner Verwandtschaft nicht geholfen hätten. Das hat mich sehr geprägt, und das ist bis heute auch etwas, was mich antreibt. Ich wollte da raus.

Verlangen Sie sich deshalb so viel ab? Man hat den Eindruck, dass Sie nahezu in jedem Bereich, mit dem sie sich beschäftigen, erfolgreich sein wollen. Das klingt sehr anstrengend.

Lanz: Mir ist das nie schwergefallen, weil ich ein großes Ziel hatte: Selbstbestimmung und damit Freiheit und Unabhängigkeit. Ich hasse es, mir von Leuten sagen lassen zu müssen, was ich zu tun und zu lassen habe. Ich will die Freiheit haben, zu entscheiden, was ich wann mache - und dafür ist Geld gut.

Nehmen Sie sich dann auch die Freiheit, mal nicht erreichbar zu sein?

Lanz: Ich kann sehr gut mein Handy abschalten und dann total aus der Welt sein.

Man hat inzwischen das Gefühl, dass Sie größere Teile des Jahres aus der Welt sind.

Lanz: Nein, leider nicht. Aber wenn ich weg bin, dann bin ich wirklich weg. Ich liebe es zum Beispiel, einfach in Südtirol auf einem Berg zu sitzen und stundenlang runter ins Tal zu glotzen. Das sind schöne Momente.

Ihre Mutter hat vorausgesagt, dass Sie eines Tages wieder nach Südtirol zurückkehren. Momentan leben Sie in Köln, arbeiten unter anderem in Hamburg.

Lanz: Die tiefe Überzeugung eines jeden Südtirolers ist es, dass alle, die die Heimat verlassen haben, irgendwann zurückkommen. Und so ist es auch. Ist ja auch schön da ... (lacht)

So wie die Hamburger sagen: Wer einmal diese Stadt kennengelernt hat, wird bleiben.

Lanz: Hamburg ist tatsächlich die Stadt, in der ich gern auch mit meiner Familie leben würde. Ich mag Hamburg wie keine andere Stadt in Deutschland.

Es gibt das schöne Bild vom Leben als Rollfeld eines Flughafens, auf dem verschiedene Flugzeuge stehen, stellvertretend für die Möglichkeiten, die es gibt. Welches Flugzeug würde Sie gern noch nehmen?

Lanz: Das Flugzeug, das mich wieder zurück zu einem Mönch in der Mongolei bringt, den ich für eine Fernsehreportage besucht habe. Er hat versucht, mir Meditieren beizubringen, es aber schnell wieder aufgegeben und meinte: Mit dir kann man gar nichts anfangen, du hast viel zu viel Zeug in deinem Kopf. Ich glaube, das ist überhaupt unser Problem: Wir denken zu viel, alles muss immer einen Sinn ergeben. Was hat der Mönch zu mir gesagt: Ihr könnt euch nicht einmal 15 Sekunden auf einen roten Apfel konzentrieren! Ihr denkt nämlich sofort auch an einen grünen und einen gelben Apfel und an den Baum und an die Wiese ... sinnlos.

Ich habe mal eine Zeit lang versucht, im Sinne des Buddhismus besonders achtsam zu leben. Wenn ich eine Gabel abgewaschen habe, habe ich gedacht: Du wäschst eine Gabel ab. Wissen Sie, was dann passiert?

Lanz: Na?

Sie haben das Gefühl, die Zeit steht.

Lanz: Und das Paradoxon unserer Zeit ist doch, dass wir alles tun, um Zeit zu sparen - und dennoch keine mehr haben. Wir jetten wie irre um die Welt, wir sind ständig erreichbar, und all das tun wir, weil wir dadurch Zeit gewinnen wollen, und haben trotzdem subjektiv fast alle das Gefühl, dass sie uns durch die Finger rinnt. Das ist eine Falle, in der ich auch sitze.

Da wird man neidisch auf Menschen wie etwa Ihren Mönch, der so ganz anders ist.

Lanz: Ja und nein. Ich glaube, dass wir im Westen oft den Fehler machen, dem ultimativen Glück hinterherzulaufen. Aber um Glück geht es im Leben nicht.

Sondern?

Lanz: Es geht um Zufriedenheit, das ist etwas grundsätzlich anderes. Ich gebe Ihnen ein Beispiel: Meine Mutter hat noch nie das Meer gesehen, noch nie. Und ich habe so oft zu ihr gesagt: Du musst dir doch einmal in deinem Leben das Meer anschauen. Aber sie sagt: Ich muss das nicht. Ich habe jahrelang gebraucht, bis ich respektieren konnte, dass sie das nicht will, weil es an ihrer Zufriedenheit nichts ändert.

Da können wir Jüngeren, die es gewohnt sind, alles machen und überall hin reisen zu können, etwas von den Älteren lernen.

Lanz: Ich finde es toll, wenn Menschen Orte haben, die ihnen etwas bedeuten. Ich heule manchmal ein bisschen, wenn ich aus Südtirol wegfahre, das hatte ich früher nie. Man wird im Alter offenbar sentimentaler. Gleichzeitig bin ich aber unendlich dankbar dafür, einen Ort zu haben, der mir so viel bedeutet. Viele Menschen, die ich treffe, sind so entwurzelt. Manche sind Großstadtmenschen, andere Nomaden in Äthiopien.

So geht es mir mit Hamburg.

Lanz: Ich habe Hamburg am Anfang wirklich nicht gemocht. Ich habe nicht begriffen, was die Schönheit dieser Stadt ist, was Hamburg ausmacht. Das Problem war: Ich habe mich nicht darauf eingelassen, ich wollte immer zurück in die Berge. Und als ich das begriffen habe, wurde Hamburg zur besten Stadt, in der ich jemals gelebt habe.

War Ihre Mutter mal in Hamburg?

Lanz: Was glauben Sie?

Nein.

Lanz: So ist es. Verrückt, oder?

Nein, verständlich, nachdem was Sie erzählt haben. Danke für das Gespräch, irgendwie habe ich das Gefühl, wir haben zu wenig übers Fernsehen gesprochen. Aber vielleicht ist es nicht so wichtig.

Lanz: Sag ich doch ... (lacht).