Hamburg. Was ist das Erfolgsgeheimnis von Taylor Swift? Johannes Everke verrät es – und sagt, wie das Geld in der Branche verdient wird.
Wenn man sich den ganzen Wirbel um Taylor Swift ansieht, könnte man denken, dass es der Konzert- und Veranstaltungsbranche nach mehreren harten Jahren endlich wieder gut geht. Aber ist das auch wirklich so? Oder gilt das nur für wenige Megastars? In unserer Reihe „Entscheider sprechen Haider“ spricht der Hamburger Johannes Everke, Chef des Bundesverbandes der Konzert- und Veranstaltungswirtschaft, darüber, was andere Künstler von Taylor Swift lernen können.
Das sagt Johannes Everke über…
… das laufende Jahr, in dem die Konzertbranche endlich in die Normalität zurückgekehrt ist: „2024 ist endlich der Neustart für die Branche gelungen. Wir haben eine große Anzahl von Konzerten, das Publikum ist wieder da, die Stars kommen alle. Wir können sagen, dass wir Corona und die Folgen weitestgehend hinter uns gelassen haben. In 2022 hatten wir noch viele Nachholkonzerte, in 2023 waren die Spätfolgen der Pandemie auch noch spürbar. 2024 ist endlich wieder ein normales Jahr, auch, wenn das Geschäft sich natürlich verändert hat. Auf der einen Seite sind die großen Jubelmeldungen über Taylor Swift oder Adele, die in München allein 750.000 Menschen angezogen hat. Auf der anderen Seite gibt es bei kleineren und mittelgroßen Konzerten Schwierigkeiten, was mit der allgemeinen Inflation zu tun hat. Die Tickets sind unter anderem wegen gestiegener Produktionskosten teurer geworden, die Leute haben weniger Geld zur Verfügung, und müssen deshalb vielleicht ein Konzert weglassen, zu dem sie früher noch gegangen wären. Darunter leiden vor allem Konzerte mit einer Kapazität unter 2000 Zuschauern. Kleine Club-Shows sind oft defizitär. Die meisten Clubbetreiber sind Idealisten und das kann dann bis zur Selbstausbeutung gehen.“
… den Ticketverkauf für Konzerte, der sich stark verändert hat: „Die Leute kaufen ihre Tickets deutlich später, was das Geschäft für die Konzertveranstalter deutlich schwieriger macht. Erstens, weil sie nicht oder nur recht spät abschätzen können, ob ein Konzert ein Erfolg wird. Zweitens, weil die Veranstalter finanziell stark ins Risiko gehen müssen, aber ihr eigenes Geld immer später erhalten. Früher wurden die Karten drei, vier Monate im Voraus verkauft, heute sind es eher mal drei, vier Wochen. Das macht das Geschäft schwer kalkulierbar. Wir lernen das Publikum ein Stück weit neu kennen, was einige Veranstalter schon verunsichert.“
… Konzertkarten, die nicht zu teuer werden dürfen: „Ich war kürzlich bei einem Konzert der Ärzte in Berlin. Die haben sogenanntes ‚Social Ticketing‘ eingeführt, das heißt: Wenn man nachweisen konnte, dass man bedürftig ist, hat man Karten für einen Preis unter 20 Euro erhalten. Solche Maßnahmen finde ich wichtig, damit Konzerte nicht das werden, was sie vor dem ersten öffentlichen Konzert 1646 im Mariendom zu Lübeck waren: ein Vergnügen für Reiche. Das müssen wir verhindern, und das beginnt bei den Künstlern selbst. Der erste Impuls für die Höhe der Ticketpreise wird von ihnen gesetzt, nicht von den Veranstaltern.“
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… Musik, die auf Konzerten nicht als einziges verkauft wird: „Auf der einen Seite haben wir den Ort, an dem wir die Musik ganz wesentlich konsumieren, den Stream im Internet. Der kann sogar kostenlos sein. Auf der anderen Seite haben wir den Ort, an dem Künstler das Geld verdienen und Zuschauer es ausgeben, das Live-Event. Wenn man das so betrachtet, kann man sich die Frage stellen: Was verkaufen wir da eigentlich? Die Antwort ist: Wir verkaufen nicht nur die Musik, wir verkaufen auch das Erlebnis und einzigartige Momente. Da gibt sich keiner mehr zufrieden mit einer simplen Bühne. Wenn man sich das klarmacht, leuchtet auch ein, warum ein Auftritt von Adele zu einem touristischen Erlebnis werden kann.“
… den Erfolg von Taylor Swift: „Das Besondere an Taylor Swift ist ihre wahnsinnige Konsequenz. Sie bindet das Publikum in der gesamten Wertschöpfungskette sehr eng an sich und bringt nicht nur, wie andere Künstlerinnen, fünf, sechs verschiedene Ausspielformen, also CD, Schallplatte, etc. auf den Markt, sondern 20 bis 30 Varianten, die Fans und Sammler ansprechen. Die Verbindung von Kommunikation über Social Media, Merchandising und Musik ist perfekt, Taylor Swift kombiniert das so geschickt wie niemand sonst. Und sie ist eine Meisterin darin, alles, was sie tut, bis zum letzten Schritt zu verwerten.“