Hamburg. Die Star-Geigerin zeigt beim Elbphilharmonie-Gastspiel des Pittsburgh Symphony Orchestra ihre Gestaltungskunst und findet einfühlsame Worte.

Mit Mendelssohn Bartholdy und Mahler und damit gleich zwei Komponisten, die einen engen Bezug zu Hamburg haben, gelang dem Pittsburgh Symphony Orchestra und seinem Chefdirigenten Manfred Honeck am Dienstag ein perfekter Auftakt zu seinem zweitägigen Tournee-Gastspiel in der Elbphilharmonie. Für Mendelssohns Violinkonzert e-Moll op. 64 hatten sie sogar Anne-Sophie Mutter engagiert, die mit schönster Tongebung und geschmeidig wie eh und je den Repertoireklassiker einleitete.

Obwohl Honeck für dieses Werk zu Recht eine wesentlich kleinere Streicherbesetzung gewählt hatte als später für Mahlers Fünfte, achtete er penibel darauf, den empfindlich-schlanken Klang von Mutters Geige bloß nicht zuzudecken. Sehr vorsichtig setzte das Orchester nur sanfte Tupfer in den ersten Takten, bevor es beim ersten Orchestertutti ohne Geige seine ganze Kraft zeigen durfte.

Anne-Sophie Mutter lässt die Töne in der Elbphilharmonie unter die Haut gehen

Mutter, die überwiegend Honeck zugewandt spielte, ließ in ihrer ungeheuren Gestaltungskunst mit eigenwilligen Zäsuren und Verzögerungen besonders die Spitzentöne wahrlich unter die Haut gehen. Auch wenn sie im Kopfsatz bei einer einzelnen Passage mit fast hohlen, völlig unverzierten Tönen ohne jedes Vibrato die Klanggebung fantasievoll variierte, verharrte sie in der gewohnt tadellosen Klarheit ihres Spiels ohne jedes Risiko, Grenzen zu überschreiten.

In dieser, sagen wir einmal, kontrollierten Emphase wagte sie auch im Andante keine übertriebenen Steigerungen, und die Akzente der Trompete und der Pauken blieben ebenso gedämpft. Diese Geigerin verliert sich eben nie in Emotionen, und auch im Orchester hätte man sich zuweilen ein wenig mehr Druck und Schub gewünscht.

Anne-Sophie Mutter erinnert an Deutschlands Überfall auf Polen 1939

Als Zugabe wählte Mutter ein elegisches Werk von John Williams, der ihr ja auch sein 2. Violinkonzert gewidmet hatte, und erinnerte in einfühlsamen Worten an den Überfall Deutschlands auf Polen vor 85 Jahren sowie das Leid so vieler Menschen in den Kriegen unserer Tage.

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Ganz anders als bei Mendelssohns Violinkonzert und dem kantablen Werk von Williams war dann das Klangbild des Pittsburgh Symphony Orchestra in Mahlers ausladender Sinfonie Nr. 5 cis-Moll im zweiten Teil. Hier setzte Honeck die vielen lyrischen Elemente in einen krassen Kontrast zu den oft zerstörerischen Orchesterausbrüchen.

Wunderbar blies der Solo-Trompeter das Thema des Trauermarsches, das in etlichen Klang- und Charaktervariationen den ganzen Satz durchzog. Und wie entfesselt ließ Honeck die Wucht des zweiten Satzes hervorbrechen, in dem zarteste, von langen Paukenwirbeln begleitete Cello-Kantilenen von hymnischen Blechbläsersätzen kontrastiert wurden, die dann auch im Rondo-Finale voller Inbrunst wieder strahlen durften.