Lübeck. Bei der A-Cappella-Nacht sind die gefeierten King‘s Singers mit Nachwuchsensembles zu erleben. Das ist Wellness fürs Trommelfell.

Eigentlich braucht es gar nicht viel. Nur ein paar Akkorde, gesungen auf einem langgedehnten „Uuuuuh“, wie im Arrangement von Elton Johns „Can you feel the love tonight“. Und schon ist sie da: Die besondere Magie des A-Cappella-Sounds.

Wenn sechs Stimmen zu einer Einheit verschmelzen, wenn die Töne so perfekt intoniert und balanciert sind wie bei den King’s Singers, schwingt der Raum mit. Da sirrt die Luft, bei der A-Cappella-Nacht in der Lübecker Musik- und Kongresshalle. Wellness fürs Trommelfell. Gänsehaut auf der Seele.

SHMF: Die King‘s Singers zaubern dem Publikum Gänsehaut auf die Seele

Die King’s Singers verströmen eine wunderbare Wärme im Klang, sie berühren mit ihrer Version des Beatles-Klassikers „Yesterday“ – aber ohne ins Pathos zu kippen. Auch die Wehmut bleibt bei ihnen leicht. Und sie können Humor. Den beweisen sie etwa im „Time Piece“ von Paul Patterson. Das 1973 komponierte Stück erzählt mit tickenden Rhythmen davon, dass nicht etwa eine Schlange, sondern die Armbanduhr von Adam den paradiesischen Frieden gestört hat. Die Zeitmessung als eigentlicher Sündenfall des Menschen, virtuos und witzig vertont. Herrlich!

Mit ihrem weitgespannten Repertoire, ihrer Klangkultur und der sympathischen Bühnenpräsenz sind die King’s Singers ein Vorbild für Gruppen auf der ganzen Welt. Und sie treten gern als Mentoren auf. Auch bei der A-Cappella-Nacht des Schleswig-Holstein Musik Festivals, zu der sie drei Nachwuchsensembles eingeladen haben.

Das Hamburger Nachwuchs-Ensemble Vocoder hat sich phänomenal entwickelt

Als Vokalmatadoren aus Lübeck sind Vox Mandala dabei. Eine Band von acht jungen Frauen, die mit einem breiten Spektrum an Stilen fesseln. Es reicht von den kehlig-grellen Farben eines bulgarischen Lieds bis zum gospelartigen Song „What happens when a woman takes power“, mit Body Percussion.

Sehr viel klassischer geben sich die German Gents aus Berlin. Die vier jungen Herren setzen auf Stücke wie „Wochenend‘ und Sonnenschein“ oder „Am Brunnen vor dem Tore“ und punkten mit edlen Stimmen und Schwiegersohn-Charme. Die German Gents haben auch schon am Meisterkurs der King’s Singers teilgenommen, einem der künstlerisch wie menschlich bereicherndsten Angebote beim SHMF.

Das Ensemble Vocoder aus Hamburg ist bereits zum dritten Mal bei diesem Kurs dabei – und hat auch die mit Abstand weitesten Schritte in Richtung des gemeinsamen Vorbilds gemacht. Phänomenal, wie fein das Sextett die Stimmen mischt. Und beeindruckend, mit welcher lässigen Präzision die Gruppe zwischen den Stilen hin- und herswitcht und immer den richtigen Ton trifft. Egal, ob bei spanisch-jazzigen Grooves, im 1930er-Jahre-Schlager oder einem eigenen, nicht nur harmonisch anspruchsvollen Arrangement von „Die Gedanken sind frei“. Mit ihrem Auftritt bestärken die Mitglieder von Vocoder den Eindruck, dass sie die aktuell wohl spannendsten Newcomer der deutschen A-Cappella-Szene sind. Hammergut.

Mehr Gesang

Zum Finale kommen alle Gruppen für ein paar gemeinsame Zugaben zusammen. Und spätestens bei Billy Joels zauberhafter Schlaflied-Hymne „Goodnight, My Angel“ glitzern im Publikum hier und da auch ein paar Wangen ziemlich nass.