Hamburg. Metalfans freuen sich auf Rob Halfords Kultband. Gossip feiert ihr Comeback, Erobique lädt zur Stadtpark-Party und weitere Hightlights.
„British Steel“ heißt eines der stilprägenden Alben von Judas Priest, und nach wie vor haben die Metal-Altmeister, die vor 50 Jahren ihr Debüt „Rocka Rolla“ veröffentlichten, keinen Rost angesetzt. Höchstens ein bisschen Bauch, aber das hindert weder Judas Priest in der Barclays Arena noch Erobique im Stadtpark am Feiern. Oder Beth Ditto, die sich solo und als Sängerin von Gossip bewusst von gängigen Schönheitsidealen absetzt. Die Natur ist eh nicht beherrschbar, wie die Gruppenausstellung „Nature is never finished“ in der Galerie Borchardt zeigt. Unsere Kulturtipps der Woche.
Ein Leben ohne Leder ist sinnlos bei Judas Priest in der Barclays Arena.
„Jedes Album kann eine virtuelle Zeitmaschine sein. Du brauchst es nur eine oder zwei Sekunden hören und bist zurück an Ort und Zeit, wo du es zum ersten Mal gehört hast“, weiß Rob Halford, eine der ganz, ganz großen Persönlichkeiten des Heavy Metal. Von 1972 bis 1992 und wieder seit 2004 trat der „Leather Rebel“ als Sänger von Judas Priest das Gaspedal durch und hämmerte den britischen Stahl aus Birmingham (siehe Black Sabbath) zu Gerüsten des gepflegten Geballers, von knackigen Hardrock-Hymen wie „You‘ve Got Another Thing Comin‘“ 1982 bis zur unfassbaren Trommelfell-Säge „Painkiller“ 1990. Es gibt vielleicht ein Leben ohne Leder, aber es ist sinnlos. Und daher versammeln sich Hamburgs Jünger bei der Priest-Messe am 1. Juli in der Barclays Arena. Mit dabei sind Halfords nicht weniger prägende Zeitgenossen Saxon und Uriah Heep. tl
Judas Priest, Saxon, Uriah Heep Mo 1.7., 19.00, Barclays Arena (S Stellingen + Bus 380), Silvesterallee 10, Karten ab 77,- im Vorverkauf; www.judaspriest.com
Urlaub in Italien statt in Deutschland und Dänemark mit Erobique
„Urlaub in Italien“ ist auch in Hamburg möglich, wenn Carsten Meyer, besser bekannt und bei Spaßbremsen gefürchtet als Erobique, den gleichnamigen Song am 29. Juni im Stadtpark spielt. Seit einem Vierteljahrhundert steht sein Sound zwischen Disco und Trashpop, flauschigen Keyboardteppichen und launigen Moderationen für entspanntes Tanzen zwischen Erotik und Aerobic. Der „Ravedave“ veröffentlichte 2023, sprich 25 Jahre nach seinem Debüt „Erosound“ den Nachfolger „No. 2“ und war auch in der Zeit dazwischen nicht untätig. Das alles, eine lose Zettelsammlung, Slipper, Synthies und die Gastkünstlerinnen Nicola Rost und Laing sind am 29. Juni im Stadtpark bereit für bestes Gartenparty-Entertainment in Winterhude. tl
Erobique, Nicola Rost, Laing Sa 29. Juni, 19.00, Stadtpark (S Alte Wöhr), Saarlandstraße 71, Karten zu 46,- im Vorverkauf; www.stadtparkopenair.de
Hamburg-Premiere von „Kein Wort“ in den Zeise Kinos
Reden ist Silber, Schweigen ist (nicht immer) Gold. In dem Drama „Kein Wort” leidet das Verhältnis von Dirigentin Nina (Maren Eggert) zu ihrem Sohn Lars (Jona Levin Nicolai) mangels Kommunikation und ihrer zeitintensiven Karriere. Als Lars sich dann bei einem Unfall in der Schule verletzt, fährt Nina trotz laufender Proben mit ihm auf eine im Winter eher karge französische Atlantikinsel. Dort zweifelt Nina allerdings an ihrer Entscheidung wegzufahren und ist gedanklich zwischen ihrem Orchester und dem Wunsch, für ihr Kind da zu sein, hin- und hergerissen. Der Aufenthalt auf der kalten und windigen Insel führt allerdings zu direkter Konfrontation mit Lars, statt Erholung gibt es Streit. Werden beide so dazu gezwungen, aufeinander einzugehen? Bei der Hamburg-Premiere am 2. Juli in den Zeise Kinos werden die Hauptdarstellerin Maren Eggert und Regisseurin Hanna Slak anwesend sein. hphv
„Kein Wort“ Di 2.7., 19.30, Zeise Kinos (S Altona, Bus 2, 112), Friedensallee 7–9, Karten zu 11 ,-; www.zeisekino.de
Kanadisches Indie-Pop-Wunder Alvvays im Gruenspan
In den Jahren von 2017 bis 2022 war es ruhig um sie, denn die kanadische Band Alvvays musste schwierige Zeiten meistern: Bei einem Einbruch im Keller von Sängerin Molly Rankin wurde ein Großteil der Demotapes und Song-Ideen gestohlen. Als wäre das nicht dramatisch genug, folgte nur kurze Zeit später die Flutung des Kellers, samt aller dort aufbewahrten Instrumente. Das Quintett aus Toronto produziert seit Schulzeiten gemeinsam Musik, beim Label Polyvinyl Records erschien 2014 ihr Debütalbum, das direkt die Spitze der US College Charts erklimmen konnte. Mit „Antisocialites“ folgte 2017 das nächste Album, mit dem sie sich bei den renommierten Juno Awards den Preis für das beste Alternativalbum sicherten, 2022 erschien „Blue Rev“. Am 4. Juli tritt die Band im Gruenspan auf, ein Fest für Fans von sanften Gitarrenklängen und Indie-Pop-Melodien. hphv
Alvvays Do 4.7., 19.00, Gruenspan (S Reeperbahn), Große Freiheit 58, Karten zu 32,90 im Vorverkauf; www.gruenspan.de
Von Geschichten mit Frau K. und dem Lebenswerk einer Satirikerin
Mit den Geschichten von Frau K. und ihrem Dackel Trixie wurde Fanny Müller bekannt. Die im Jahr 2016 im Alter von 74 Jahren gestorbene Autorin hieß eigentlich Ingeborg Glock und fand erst spät im Laufe ihres Lebens zum Schreiben. Sie war als Lehrerin tätig und in der Hamburger Bürgerschaft, schrieb aber auch Kolumnen für „Brigitte“, „Stern“ und die „Frankfurter Rundschau“. Ihre literarischen Werke wie „Das fehlt noch!“ und „Mein Keks gehört mir“ bestechen durch eine besonders prägende Tiefe, Schärfe und eine Prise Humor. Ihr Schaffen wird am 2. Juli im Literaturhaus gewürdigt. Die Literaturwissenschaftlerin und Autorin Susanne Fischer stellt Fanny Müller vor, Schauspieler, Komiker und Musiker Olli Dittrich liest ausgewählte Passagen aus ihren Werken. hphv
Fanny-Müller-Abend im Literaturhaus Di 2.7., 19.00, Literaturhaus (Bus 6, 17, 18, 172), Schwanenwik 38, Karten zu 14,-; www.literaturhaus-hamburg.de
Skulpturen, bei denen Zartheit und Monumentalität aufeinandertreffen
In der Galerie Nanna Preußners ist Constanze Vogt zu erleben. Ihre außergewöhnlichen Arbeiten basieren auf exakt ausgeführten Zeichnungen: Die Künstlerin übersetzt sie durch Objekte aus Papier, Garn, Stoff und Holz in den dreidimensionalen Raum. Zum Beispiel spannt sie Baumwollgarn an Holzreifen unterschiedlicher Größen, sodass deren Umrisse an Abstraktionen des menschlichen Körpers oder Pflanzen erinnern. Die zauberhaften Objekte werden zur physischen Zeichnung im Raum, hängen wie Mobiles von der Decke, bewegen sich, interagieren mit Licht und Schatten und werden von den Betrachtenden unterschiedlich wahrgenommen. Zartheit und Monumentalität treffen aufeinander. Zwischen den Zeichnungen an den Wänden und den Skulpturen im Raum entsteht eine spannende Interaktion. vfe
„Constanze Vogt – Zeichnungen und Objekte“ bis 20.7., Galerie Nanna Preußners (U Steinstraße), Klosterwall 13, Di–Fr 12.00–18.00, Sa 12.00–16.00 und nach Vereinbarung, Eintritt frei; www.nannapreussners.de
Kunst, die sich mit der nicht beherrschbaren Natur auseinandersetzt
Während Architektur und Technik, Kunst und Kultur und überhaupt das menschliche Bestreben ein finales Ergebnis, einen Endzustand ansteuern, ist das Lebendige ständig am Werden und Sich-Verändern. Alles wächst, fließt, vergeht, zerfällt und beginnt von Neuem. „Nature is never finished“, der Satz des US-amerikanischen Land-Art-Künstlers Robert Smithson (1938–1973) ist der Ausgangspunkt für eine gleichnamige Gruppenausstellung in der Galerie Borchardt. Sie präsentiert die Werke der fünf jungen Künstlerinnen und Künstler Jonas Brinker, Leda Bourgogne, Niko Abramidis &NE, Jonas Wendelin und Susi Gelb. Sie setzen sich auf unterschiedliche Arten mit Entropie, dem Nicht-Beherrschbaren der Natur, sowie der sozialen Dimension von Raum auseinander. Mal mit zeitbasierten Arbeiten, mal mit Textildruck, KI-Algorithmen oder landschaftlichen Projekten im öffentlichen Raum. vfe
„Nature is never finished“ bis 20.12., Galerie Borchardt (U Jungfernstieg), Hopfensack 19, Di–Fr 12.00–18.00, Eintritt frei; www.galerie-borchardt.de
Die Frage, ob man Literaturklassiker jetzt umschreiben muss
Wir leben in einer (sprach-)sensiblen Zeit. Deshalb wird bei manchen Erzählwerken, ob auf der Leinwand oder in Buchform, zum Beispiel vor Gewaltdarstellungen gewarnt. Oft geht es auch um diskriminierenden Sprachgebrauch. Um politische Korrektheit. Bei „Pippi Langstrumpf“ heißt es schon seit Längerem nicht mehr „Negerkönig“, sondern „Südseekönig“. Ist auch der nachträgliche Eingriff ein Beschneiden der Kunstfreiheit? Das sagen die, die vor „Cancel Culture“ warnen. Im Philosophischen Café spricht Catherine Newmark mit der Altphilologin Melanie Möller über deren Streitschrift „Der entmündigte Leser“ und die Frage, wann „Aufräumarbeiten“ in der Literatur zu Zensur werden. tha
Philosophisches Café mit Melanie Möller, Mi 3.7., 19.00, Literaturhaus (U Mundsburg, Bus 6), Schwanenwik 38, Tickets 14,-/10,-/6,- Informationen unter www.literaturhaus-hamburg.de
Beth Ditto und Gossip feiern Comeback im Stadtpark
Genau 14 Jahre ist es her, dass Gossip im Stadtpark spielte, als Sängerin und Stil-Ikone Beth Ditto das nächste Mal 2018 die Freilichtbühne besuchte, hatte sich die seit dem Hit „Heavy Cross“ (2009) besonders in Deutschland populäre US-amerikanische Post-Punk- und Disco-Rock-Band bereits aufgelöst: Ditto wollte sich verstärkt ihrer Solokarriere und der Modeschöpfung widmen, hinterließ aber bis auf das kaum beachtete Soloalbum „Fake Sugar“ wenig Nennenswertes. Da verwundert es nicht, dass sich Ditto, Gitarrist Nathan Howdeshell und Schlagzeugerin Hannah Blilie 2023 wieder zusammentaten und 2024 das Album „Real Power“ veröffentlichten. Dann fehlt ja nur noch ein Stadtpark-Comeback, und das gibt es am 3. Juli, nachdem die Gossip-Show aus der Großen Freiheit 36 hochverlegt wurde. tl
Gossip Mi 3.7., 19.00, verlegt aus der Großen Freiheit 36 in den Stadtpark (S Alte Wöhr), Saarlandstraße 71, Karten zu 52,- im Vorverkauf; www.stadtparkopenair.de