Hamburg. Adam Basedow arbeitet für Musikstars wie Zoe Wees und begleitet auch die Oerding-Tour, die in dieser Woche beginnt
Wie funktioniert es eigentlich, dass ein Raum gut klingt? Dass sich die Musik bei einem Konzert in all seinen Details auf das Publikum überträgt. Dass diese besondere Magie entsteht, wenn der Sound einen umhüllt und durchfährt.
Der Hamburger Adam Basedow ist Spezialist für alles, was mit dem guten Ton zusammenhängt. Seit seit 2021 ist er Live-Mischer von Sängerin Zoe Wees, die von Dulsberg aus als Popstar international durchstartet. Auch der britische Singer-Songwriter Tom Gregory setzt für seine Auftritte auf das feine Gespür und Gehör des 31-Jährigen. Und wenn Johannes Oerding diesen Donnerstag seine große „Plan A“-Tour in der Kölner Lanxess Arena beginnt, ist Adam Basedow für Mikrofonierung und Verkabelung auf der Bühne zuständig. Eine Arbeit zwischen Know-how und Intuition. Und immer auf der Suche nach dem besten Klang.
Das Soundcheck-Ritual hat sich durch die digitale Technik gewandelt
„Bei einem Open-Air-Konzert zum Beispiel bin ich als Mischer zum Großteil für den Sound verantwortlich“, erzählt Basedow in der Küche seines Altonaer Hinterhof-Studios. Sprich: Auf freier Fläche existieren kaum Barrieren, die den Fluss des Klangs stören können. Doch in einem Club, einem Konzertsaal oder einer Arena ist es ungleich schwieriger, all die Tonspuren einer elektronisch verstärkten Band zu einem stimmigen und zugleich nuancenreichen Soundbild zusammenzufügen. Jeder Raum resoniert anders. Das heißt: Die Schallwellen, die Gesang und Instrumente erzeugen, hallen je nach Architektur und Ausstattung unterschiedlich wider. Wenn Adam Basedow für eine Tour als Live-Mischer gebucht ist, nimmt er sich daher immer viel Zeit, um jeden Ort klanglich kennenzulernen. Um ihn „einzumessen“.
„Zunächst spiele ich ein weißes Rauschen ab“, erklärt der Tonexperte und schaut dabei ganz aufmerksam durch seine große Brille. Mit diesem Signal erkundet Basedow mit Hilfe einer Mess-Software, wie sich eine Halle akustisch verhält. Wo Widerstände auftreten, wo er anpassen muss.
Als zweiten Schritt spielt er Musik ab, um „die Anlage geschmacklich einzustellen“. Denn letztlich bestehen schlichtweg bestimmte Vorlieben, ob in einem Konzert zum Beispiel mehr Höhen oder mehr Bässe zu hören sein sollen. Eine nerdige Wissenschaft für sich. Die aber eben die Musik befeuert. Die beim Publikum für diese gewisse Intensität sorgt. Für Gänsehauteffekte. Für tiefe Rührung oder Euphorie.
Basedow ist für Oerdings Soundcheck verantwortlich
Der gerne einmal sagenumwobene Soundcheck liefert schließlich den konkreten Abgleich zwischen Band-Sound und örtlichen Gegebenheiten. Doch auch dieses im Tour-Alltag stetig wiederkehrende Ritual hat sich durch die digitale Technik gewandelt. Am Mischpult vollzieht Basedow zunächst einen virtuellen Soundcheck: Mit einem Konzert-Mitschnitt vom Vortag ermittelt er, wie die von ihm begleitete Band in dem neuen Raum klingt. Erst danach greifen dann die realen Musikerinnen und Musiker zu ihren Instrumenten und testen Atmosphäre, Schall und Hall des Ortes.
„Ich kann ziemlich genau wahrnehmen, ob jemand aus der Band einen guten oder eher schlechten Tag hat.“ Musik ist nun einmal ein emotionaler Akt, bei dem sich innere Zustände nach außen transportieren. Und Adam Basedow ist absolut leidenschaftlich, was seinen Job angeht. Er hört sich etwa jeden Live-Mitschnitt unterwegs ein bis zwei Mal an, um Unstimmigkeiten zu finden und das Konzert am nächsten Tag noch besser mischen zu können. Und was ihn zudem zu einem idealen Tourbegleiter macht: Der sympathische Klangtüftler kennt das Musikgeschäft aus ganz verschiedenen Perspektiven.
Basedow startete einst im elterlichen Keller
Bereits als Kind hat Adam Basedow erst Gitarre und Klavier, später Bass und Schlagzeug gelernt. Lange Jahre probte er mit seiner Pop-Rock-Band Still In Search im elterlichen Keller in Eidelstedt, von wo aus das Trio zu zahlreichen Konzerten aufbrach. Immer weiter wuchs er in die Livebranche hinein. Er arbeitete als Backliner für seine Freunde von Tonbandgerät und bald für weitere Acts wie Thees Uhlmann, Marcus Wiebusch, Frittenbude und Scooter. Er stimmte die Gitarren, reichte Instrumente an und half Scooter-Frontmann H.P. Baxxter auch schon mal geschwind zwischen zwei Songs aus der Lederjacke. Bei hunderten Konzerten schulte er so sein Ohr und fuchste sich hinein in die Welt der Frequenzen, Klangfarben, Harmonien und auch Dissonanzen.
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Im Hamburger Musikclub Knust absolvierte er schließlich eine Ausbildung zum Veranstaltungstechniker und sammelte im Mojo sowie im Docks erste Erfahrungen als Live-Mischer. Mit US-Opernstar Joyce DiDonato wiederum ging er zwischen 2016 und 2019 auf Welttournee. Da allerdings als Beleuchter. Dinge ergeben sich eben im Musikgeschäft. Und Basedow hörte und hörte, lernte und lernte.
Für den Mischer war die Corona-Pandemie ein herber Schlag
Doch wie alle Menschen in der Veranstaltungsbranche wurde auch er im Jahr 2020 von der Pandemie kalt erwischt. „Ich war gerade mit Johannes Oerding auf seiner ‘Konturen’-Tour, als wir unsere Reise nach sieben Shows stoppen mussten“, erinnert er sich. Er habe damals erst noch an einen normalen Festivalsommer geglaubt. Andere aus der Crew hingegen hätten in weiser Voraussicht noch aus dem Nightliner ihren Steuerberater angerufen. Umso mehr freut er sich nun darauf, dass der „Familienausflug“ mit dem Oerding-Team wieder losgeht.
Bei jedem Konzert geht es dann darum, die Charakteristika von Band und Genre tontechnisch herauszuarbeiten. Und eine vertrauensvolle Basis zu schaffen, auf der die Stars agieren und auch abheben können.
Wenn es gut läuft, fängt der Mischer irgendwann selbst an zu tanzen
Bei dem Pop eines Johannes Oerding sei es wichtig, dass dessen Gesang gut eingebettet ist in den gesamten Bandsound. Bei einer RnB-betonteren Künstlerin wie Zoe Wees hingegen gelte es, die Stimme exponierter strahlen zu lassen. Und dann ist da ja auch noch der Faktor Mensch. Also das Publikum.
„Es gibt diesen nicht so netten Begriff Dämmfleisch“, sagt Basedow und lacht. Ob der Sound über einen leeren Hallenboden aus Holz, Beton oder Metall fegt oder auf Menschen aus Fleisch und Blut trifft, klinge nun einmal anders. Und so muss auch er, wie alle Live-Mischer, in den ersten ein zwei Songs ein wenig nachregeln. „Und wenn ich dann merke, das Konzert bewegt mich, dann habe ich meinen Job gut gemacht.“ Meistens fängt der Mischer dann selbst an zu tanzen. „Ich kann nicht nur stillstehen und die Knöpfe hin- und herschieben.“ Ein leidenschaftlicher Musikliebhaber ist er, durch und durch.
Und um neben dem wunderschönen, aber eben auch flüchtigen Live-Erlebnis etwas Bleibendes zu schaffen, produziert Basedow nebenbei noch Musik in seinem Studio. Mit Klebe, Harbour Violet, Joseh und Tim Jaacks hat er in seinem Hamburger Refugium bereits an Songs gearbeitet. Und mit Tonbandgerät. „Happiness Comes In Waves“ heißt ein Song der gemeinsamen Platte „Hellsehen“. Das Glück kommt in Wellen. Ein gutes Motto, erst recht für einen Tonmischer.