Hamburg. Klaus Schumacher stellt Programm für die erste Saison in den neuen Räumen am Wiesendamm vor. Dort wandelt man künftig auf Wolken.
Endlich angekommen. Entspannt im „HIER“ und „JETZT“ – wer kann das schon von sich behaupten? Mindestens Klaus Schumacher, Leiter des Jungen Schauspielhauses bei der Vorstellung seines Spielplans: In großen mintfarbenen Versalien prangen die beiden Wörter hinter ihm auf der Probebühne des neuen Theaterbaus am Wiesendamm. Es ist gewissermaßen das Happy End einer Odyssee, die den (immer schon sehr selbstständigen) Ableger des Deutschen Schauspielhauses in den vergangenen 16 Jahren durch zahlreiche (Interims-)Spielstätten führte.
Das Ensemble spielte im Malersaal, in der Gaußstraße und zuletzt auf der Großen Probebühne an der Kirchenallee. Ein Stockwerk über dem Intendantinnenbüro war das, die Schauspieler hätten ihr „auf dem Kopf herumgetanzt“, erzählt Karin Beier lächelnd und gibt zu: „Wir werden euch ein bisschen vermissen!“
Junge Schauspielhaus: Räume sind ein Traum
Das zurückzugeben, dürfte Klaus Schumacher wohl trotz aller Zuneigung zum Mutterhaus schwerfallen – denn seine neuen Räume sind tatsächlich ein einziger Traum. Licht, offen, weitläufig und geräumig sind sie nach den Bedürfnissen jeder Abteilung gestaltet.
Viel Platz, auf und hinter den Bühnen (zwei gibt es, eine mit knapp 180 Plätzen, eine mit 80), reichlich Stauraum, eine spürbar zugewandte Ausstattung, ein prachtvolles Foyer, das das junge Publikum mit großer Wärme willkommen heißen wird. Noch wird dort der Fußboden von Hand bemalt und betupft: mit einer dramatischen Himmelslandschaft. Wer künftig das Junge Schauspielhaus besucht, wandelt auf Wolken.
Theaterakademie direkt nebenan: „Glücksfall“
Das Äußere spiegelt den Anspruch: „Wir wissen alle, wie sehr die junge Generation zuletzt gefordert wurde und weiterhin gefordert wird“, sagt Klaus Schumacher. „Vielleicht ist das jetzt die gute Nachricht: Dass hier ein Ort entstanden ist, an dem probiert werden kann, ein Ort, der Raum und Zeit gibt.“
Nur eine Tür weiter hat unter anderem die Theaterakademie der Hochschule für Musik und Theater ein neues Zuhause gefunden, auch das „ein Glücksfall“, betont Schumacher. Erste gemeinsame Projekte auf dem insgesamt mehr als 11.000 Quadratmeter großen Theater-Campus sind bereits geplant. Kampnagel ist nicht weit, die Zinnschmelze, das Puppentheater, das Museum der Arbeit. „Ich glaube, Barmbek wird ein Hotspot“, prophezeit der Theatermacher.
Am 2. Oktober beginnt der Spielbetrieb
Noch wird letzte Hand angelegt, am 24. Oktober soll das Haus mit einem coronakonformen Tag der offenen Tür gefeiert werden, schon am 2. Oktober beginnt der Spielbetrieb. Zehn Neuproduktionen und fünf Repertoire-Stücke stehen auf dem Spielplan, mit Jara Bihler und Alicja Rosinski kommen zwei Schauspielerinnen frisch ins Ensemble.
Das Programm richtet sich künftig an ein Publikum ab drei Jahren, die Eröffnungspremiere an Zuschauerinnen und Zuschauer ab 13: Für „Making of Sophie Scholl“, eine Stückentwicklung von Stanislava Jević und Schumacher selbst, wird das gesamte Theater bespielt.
„Hitze“ soll ein jugendliches Publikum ansprechen
Ebenfalls ein jugendliches Publikum (ab 14 Jahren) soll die Dramatisierung des Debütromans „Hitze“ („La Chaleur“) von Victor Jestin ansprechen, Premiere ist am 23. Oktober. Alle Kinder ab fünf Jahren werden mit der neuen Uraufführung von Gertrud Pigor bedient: „Tiere im Theater“ (30.10.) ist eine Fortsetzung des bezaubernden „Tiere im Hotel“.
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Mit „Pinocchio“ (ab acht Jahren, 13.11.) nehmen sich Barbara Bürk und Clemens Sienknecht (die am Haupthaus mit ihren “...allerdings mit anderem Text und auch anderer Melodie“-Abenden regelmäßig für Furore sorgen) einen Klassiker der Kinderliteratur vor, bevor es mit „Wutschweiger“ (20.11., ebenfalls ab acht Jahren) um Ausgrenzung geht und mit „Romeo und Julia“ (April 2022) ein zeitgenössischer Blick auf den bekannten Shakespeare-Stoff ansteht.
Junges Schauspielhaus hat große Pläne
Aber das Junge Schauspielhaus will nicht nur eine Spielstätte sein, Kinder und Jugendliche sollen hier auch zum Mitmachen angeregt werden, mit Jugendclubs, einem Feriencamp, regelmäßigem Theatertraining. Ein Haus zum Ankommen. Am Wiesendamm hat es begonnen, das HIER und JETZT.