Hamburg. Die launige Eröffnungs-Gala im Hamburger St. Pauli Theater macht nach dem bewährten Bunte-Tüte-Prinzip (meist) Lust auf mehr.

Der 180. Theater-Geburtstag im Mai war der Pandemie zum Opfer gefallen – zur Spielzeiteröffnung aber konnte im St. Pauli Theater nun wieder gefeiert werden: 220 Gäste, eingelassen (noch) nach 3G-Regeln und locker gesetzt im Schachbrettmuster, wurden von den Theaterleitern Ulrich Waller und Thomas Collien gewohnt launig in ihrer „Schmuckschatulle“ begrüßt und mit einer Gala bedacht, die nach dem Bunte-Tüte-Prinzip einen Blick ins hauseigene Programm erlaubte.

Dafür gilt es nun wieder Karten an den Mann und die Frau zu bringen – kein Selbstläufer, wie Collien gesteht: „Es muss noch viel passieren, um die Angst in den Köpfen zu überwinden.“ Ob, wie hier grundsätzlich geplant, vom Jahreswechsel an 2G im St. Pauli Theater gilt (wie übrigens schon jetzt in der Theaterbar), hänge auch von den Bedingungen für die Wirtschaftlichkeitshilfen ab.

Wieder Publikum im St. Pauli Theater

„Sie sind da, Sie haben überlebt!“, stellt Kabarettist Arnulf Rating, der ansonsten eher flusig durch den Abend führt, mit Blick ins Publikum fachmännisch fest. Was angesichts derer, die im Parkett das Tragen ihrer Masken offenbar noch immer für ein fakultatives Angebot halten, ja tatsächlich verblüffen kann. Doch, die Nase gehört da auch rein, genau, auch am Platz, jawohl, auch während der Vorstellung.

Erfreulicher ist ohnehin die Aussicht in Richtung Bühne, wo zum Beispiel Stefan Gwildis einen Ausschnitt aus seinem Wolfgang-Borchert-Abend zeigt. Der sollte ursprünglich zum 100. Geburtstag des Dichters im Mai gezeigt werden, lief stattdessen vor einigen Tagen erstmals am St. Pauli Theater und wird hier im Oktober und November wiederholt. Und: Er lohnt sich (mindestens) schon für Gwildis’ hingebungsvolle Interpretation von Borcherts „Ich bin der Nebel“.

Bühnenprogramm macht Lust auf mehr

Überhaupt macht das Bühnenprogramm, was es soll: Lust auf mehr – mit Ausnahme der zu oft bemühten Rating-Moderation, die das Pointen-Mindesthaltbarkeitsdatum bisweilen doch spürbar überschritten hat. Zum Glück haben Victoria Fleer (mit einer Nummer aus dem Dauerbrenner „Nacht-Tankstelle“), Anneke Schwabe und Holger Dexne dem ordentlich Frische und Energie entgegen zu setzen.

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Der Franz-Wittenbrink-Abend unter dem corona-konformen Titel „Nicht anfassen!“ ist jedenfalls vielversprechend, Schwabes überdrehter Homeoffice-Blues daraus erschreckend nah an der Wirklichkeit, Dexnes „Fieber“-Panik herrlich hypochondrisch.

Tim Fischer schnurrt im St. Pauli Theater

Matthias Deutschmann fordert zum „Klatschen für die Apokalypse“ auf und kann sich augenscheinlich nicht ausschließlich, aber auch „aus kabarettistischen Gründen“ für eine Kanzlerin Annalena Baerbock erwärmen. Zum Abschluss singt und schnurrrrt und raucht Tim Fischer wie Zarah Leander und macht es nicht schwer, Ulrich Wallers Wunsch ans Publikum in Betracht zu ziehen: „Kommen Sie wieder!“.

Programm/Karten: www.st-pauli-theater.de