Hamburg/Lübeck. Am Theater Kiel läuft der Vorverkauf an. Theater Lübeck hat gleichzeitig mit der Öffentlichkeit erfahren, dass es bald spielen darf.

Das eigentliche Ziel, sagt Caspar Sawade, sei gar nicht, dass die Theaterschaffenden „künstlerisch endlich wieder etwas tun dürfen“. Es ginge auch nicht in erster Linie um das Wiederhochfahren der Kultur zum jetzigen Zeitpunkt. „Das eigentliche Ziel, ein solches Modellprojekt zu initiieren, ist die nächste Spielzeit abzusichern.“ Sawade, Geschäftsführender Direktor am Theater Lübeck, das (wie unter anderem auch die Lübecker Freilichtbühne und das Theater Kiel) von der schleswig-holsteinischen Landesregierung ausgewählt wurde, unter besonderen Voraussetzungen und mit wissenschaftlicher Begleitung für Publikum öffnen zu dürfen, ist noch skeptisch, dass es im Herbst eine normale Spielzeit geben kann. „Wir proben auch darum einen Spielbetrieb unter Testbedingungen.“

In Lübeck will man auch im Schachbrettmuster setzen

Schon am Dienstag wird in Kiel die erste Premiere vor Publikum über die Bühne gehen, und auch in Lübeck haben schon Zuschauerinnen und Zuschauer bei der Theaterkasse angerufen. Um Karten zu kaufen, natürlich – bloß ist man dort noch gar nicht soweit. Sawade hat am Dienstag zeitgleich mit der Öffentlichkeit erfahren, das seine Bühne unter den ausgewählten 13 Modellprojekten ist. Wann das Theater Lübeck mit welchem Stück seine Tore öffnen wird? „Um ehrlich zu sein: Das wissen wir noch nicht. Wir rechnen damit, ungefähr am 15. Mai den Spielbetrieb aufzunehmen.“ Das hat logistische Gründe: Nur 14 Schauspielerinnen und Schauspieler sind fest im Ensemble, für jede Arbeit kommen Gastdarstellerinnen oder -musiker von außerhalb dazu. Auch mit ihnen müssen nun Termine abgestimmt werden.

Im Rennen sind alle geprobten Produktionen, die noch nicht zur Aufführung kamen (oder bislang nur vor einem hausinternen Publikum gespielt wurden). Dazu gehören Wajdi Mouawads „Vögel“ (eine Streaming-Aufzeichnung zeigt das Theater an diesem Freitag ab 20 Uhr unter dringeblieben.de), „Ghetto“ (eine Inszenierung von Malte C. Lachmann, der zur Spielzeit 2022/23 Schauspieldirektor in Lübeck wird), „Momo“ und die Cole-Porter-Hommage „Night and Day“.

Modellversuch: Am Theater Kiel ist der Vorverkauf gut angelaufen

Was die Setzung des Publikums betrifft, möchte Sawade in Lübeck gern alle Varianten ausprobieren: den größtmöglichen Abstand, so wie im Herbst, als Zuschauerinnen und Zuschauer eingeschränkt erlaubt waren, aber auch das Schachbrettmuster: „Damit könnten wir 50 Prozent der Plätze belegen.“ Das Interesse des Hamburger Publikums am Lübecker Spielplan sei immer schon stark gewesen, sagt der Theaterdirektor, „aber bald werden wir ganz genau wissen, woher unsere Zuschauer kommen: Jeder muss ja seine Kontaktdaten angeben.“

Ist er optimistisch, dass das Haus Mitte Mai wirklich öffnen kann? Noch geben die Inzidenzzahlen das her – aber es ist noch ein ganzer Monat bis dahin. Caspar Sawade bleibt in seiner Einschätzung vorsichtig: „Bis jetzt hat das Virus immer gewonnen.“

Am Theater Kiel ist der Vorverkauf unterdessen gut angelaufen: Es habe bereits positive Stimmen über Social Media gegeben, erzählt Theatersprecherin Ulrike Eberle, „ganz vereinzelt“ sei auch Skepsis formuliert worden – „aber darauf waren wir vorbereitet, und es ist auch klar, dass das Projekt durch das Gesundheitsamt abgebrochen wird, wenn Kiel über einer Inzidenz von 100 liegt“.

Brosda hofft, dass man auch in Hamburg die Zahlen drückt

Den Anfang macht am Dienstagabend eine konzertante Fassung der Operette „Der Vetter aus Dingsda“ in der szenischen Einrichtung des Intendanten Daniel Karasek. Fast auf den Tag genau ein ganzes Jahrhundert ist es her, seitdem die Uraufführung dieser Erfolgsproduktion in Berlin über die Bühne ging. Nun symbolisiert sie in Kiel, nach einem Wasserschaden und natürlich vor allem nach dem monatelangen kulturellen Lockdown, eine Art Neubeginn. Vielleicht.

Seit März wurde in Kiel wieder durchgängig und mit einem internen Testkonzept in allen Sparten geprobt. Im Schauspielhaus stehen unter anderem Ingrid Lausunds „Bin nebenan. Monologe für Zuhause“ (23.4.) und „Shakespeares sämtliche Werke (leicht gekürzt)“ (8.5.) auf dem Spielplan. Wie auch in Lübeck werden die Eintrittskarten nur in Verbindung mit einem negativen Covid-19-Test gültig sein, der bei Vorstellungsbeginn höchstens 24 Stunden alt sein darf. Während der Aufführungen muss Mund-Nasen-Schutz getragen werden.

In Hamburg lässt Infektionsentwicklung keine Öffnungen zu

Die Karten gehen in Kiel immer eine Woche im Voraus in den Vorverkauf, die Platzkapazitäten sind gering. Die Zuschauer und Zuschauerinnen werden zum größten Teil zu zweit platziert, mit 1,50 Meter Abstand zu den nächsten besetzten Plätzen. Somit kommt man im Opernhaus auf eine Kapazität von 150 (normalerweise bis zu 800), im Kieler Schauspielhaus auf 70 (von 400) und im Konzertsaal auf 230 (von 1300).

Lesen Sie auch:

Und in Hamburg? Lässt die Infektionsentwicklung so etwas derzeit nicht zu. „Die angekündigten Modellprojekte in Schleswig-Holstein sind möglich, weil die Inzidenzzahlen dort zurzeit relativ niedrig sind“, weiß Kultursenator Carsten Brosda. „Da müssen wir auch in Hamburg hin.“ Er hofft darauf, dass die aktuellen Beschlüsse dabei helfen, die Zahl der Neuinfektionen „deutlich“ zu drücken. „Sobald uns das gelingt und es das neue Infektionsschutzgesetz des Bundes zulässt, werden wir auch die Kultur wieder öffnen – entweder in Modellen oder, noch besser, regulär mit Auflagen.“ Darauf bereite sich die Behörde gemeinsam mit den Hamburger Kultureinrichtungen weiter vor – „um am Start sein zu können, wenn es wieder losgeht“.

Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Fassung dieses Artikels wurde irrtümlicherweise Montag als Datum der Premiere von „Der Vetter aus Dingsda“ genannt. Wir bitten den Fehler zu entschuldigen.