Hamburg. Die kalifornischen Wüstenrocker um Josh Homme überzeugen in der Sporthalle. Es geht um Abschiede, Abgründe und Apokalypsen.
Als Queens of the Stone Age vor einem Jahr beim Hurricane Festival in Scheeßel spielte, waren nicht wenige Fans unsicher, in welcher Form sich Josh Homme und sein Gefolge präsentieren würden. Schließlich hat der in der Wüste Kaliforniens aufgewachsene Sänger, Songschreiber und Gitarrist in den vergangenen fünf Jahren viel durchgemacht.
Aber der Festivalauftritt war vom Allerfeinsten, und noch beim Erlöschen des Saallichts beim Hamburger Konzert am Dienstag in der Sporthalle denkt man daran zurück. Bevor man nach einem „Conan der Barbar“-Intro mit den Gitarrenriffs von „Regular John“, „No One Knows“ und „Smooth Sailing“ die Haare geföhnt bekommt.
Queens of the Stone Age in Hamburg: Vieles passiert mit blindem Verständnis
Der Sound ist für Sporthallenverhältnisse mächtig und rollt das Fuzz rein. Staubiger, schweißverklebter, cannabisgesättigter Desert- und Stoner-Rock trifft auf progressive, ungewöhnlich arrangierte Melodie-Kleinodien: So lässt sich der lange Weg vom ersten, noch stark an Hommes frühere Band Kyuss erinnernden Debütalbum „Queens Of The Stone Age“ 1998 bis zum aktuellen achten Werk „In Times New Roman...“ (2023) beschreiben und in der Sporthalle auf der Bühne im Miami-Vice-Stil nacherleben. Natürlich nicht chronologisch, sondern wild durcheinander mit „My God Is The Sun“, „Emotion Sickness“ (mit Monolog von Homme ohne Band), „I Sat By The Ocean“ oder „Turnin‘ On The Screw“.
Das Programm ist bei QOTSA-Konzerten an keinem Abend gleich, stets wird die Setliste neu zusammengewürfelt und selbst die Reihenfolge der Lieder, die auf Zetteln vor Gitarrist Troy Van Leeuwen, Bassist Michael Shuman, Keyboarder Dean Fertita und Schlagzeuger Jon Theodore klebt, ist eher eine grobe Richtungsanweisung und wird aufgrund von Publikumswünschen gern ignoriert: „Okay, dann spielen wir ,The Sky Is Falling’“. Auch das uralte, seit sechs Jahren nicht gespielte „You Can’t Quit Me Baby“ bekommt Hamburg ab. Toll! Vieles passiert mit blindem Verständnis der fantastischen Musiker untereinander, seit zehn Jahren ist die Besetzung stabil.
Queens of the Stone Age: Es geht um Abschiede, Abgründe und Apokalypsen
Erstaunlich stabil wohlgemerkt. Homme ist gelinde gesagt kein einfacher Mensch, dazu in den vergangenen Jahren konfrontiert mit erneutem Drogenentzug („Nicotine, Valium, Vicodin, Marijuana, Ecstasy and Alcohol“), Krebserkrankung, dem Tod von Freund und Co-Sänger Mark Lanegan und einem erfolgreichen, aber bitteren Sorgerechtsstreit mit Ex-Freundin und Ex-Bandmitglied Brody Dalle um drei gemeinsame Kinder. Seine Songtexte drehen sich auffällig oft um Abschiede, Abgründe, Apokalypsen, untermalt vom Sound seiner Sammlung obskurer japanischer Billiggitarren.
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In Hamburg zeigt er sich aufgeräumt, erzählt viel und verteilt Geburtstagsglückwünsche und viele „Dankeschone“. Hier spielte er schon an vielen Ecken zischen Logo, Docks und Barclays Arena, und für den Hamburger Regisseur Fatih Akin komponierte er 2017 den Soundtrack für „Aus dem Nichts“. Ein gern gesehener Gast hier („One of the greatest cities in the world“), heute standfester als 2005 in der Großen Freiheit 36, als Homme backstage vor den Zugaben zusammenbrach. Die Sporthalle ist nicht ganz ausverkauft, aber knapp 6000 mit der Band gealterte Fans sind mehr als ordentlich an einem Abend mit der Konkurrenz Green Day zur gleichen Zeit auf der Trabrennbahn.
Die Stimmung ist nicht unbedingt totale Eskalation, aber angetan. Eine kiezbekannte Champagner-Trinkerin wagt sich zweimal zum Crowdsurfing, in den ersten Reihen wird nur wenig geschoben, die Ordner langweilen sich. Trotzdem gibt es nach dem neuen Song „Sicily“, der ausgedehnten Bumsnummer „Make It Wit Chu“ und „Little Sister“ noch einen Abschlussjam „bevor die Polizei kommt“: Mit „Go With The Flow“ und „A Song For The Dead“ endet nach 110 Minuten ein weiteres Klassekonzert der vielleicht besten Rockband unserer Zeit. Nur dass Troy Van Leeuwen beim Abgang mit Absicht auf den am Boden liegenden Bass von Michael Shuman latscht, muss wirklich nicht sein.