Hamburg. Residenten können sich zwei Wochen im Annemirl-Bauer-Haus in Brandenburg der bildenden Kunst oder der Schriftstellerei widmen.

Mütter schultern noch immer zum überwiegenden Teil die Sorge-Arbeit zusätzlich zum Broterwerb innerhalb der Familie. Noch komplizierter wird es, wenn sie Kunstschaffende sind. Wenige Förderungen und Stipendien sind auf die speziellen Bedürfnisse von kunstschaffenden Müttern – und natürlich auch Vätern – zugeschnitten.

„In der Regel muss man neben der künstlerischen Praxis Lohnarbeit leisten. Wenn dann Kinder dazukommen, ergibt das eine hohe Dreifachbelastung“, erzählt Marcia Breuer. „Hinzu kommt, dass die Akzeptanz von Kunst und Elternschaft noch immer nicht sehr verbreitet ist. Das Versprechen von den unabhängigen Kunstschaffenden wird durch die Sorge-Verantwortung nicht mehr eingelöst.“

Programm für Eltern: Wie die Kulturbehörde Kreative bei ihrer Kunst unterstützt

Sie ist selbst davon betroffen, die bildende Künstlerin und Fotografin lebt mit Mann und zwei Kindern in Altona-Altstadt. Im Arbeitszimmer herrscht ein kreatives Chaos. Eine große Murmelbahn steht neben einigen Kisten mit Lego-Steinen. Langsam verändert sich etwas. In letzter Zeit werde das Ideal des genialischen männlichen Künstlers langsam aufgeweicht, so Breuer.

2019 hat sie die Initiative „Mehr Mütter für die Kunst“ gegründet. Und nun hat sie in einem guten Jahr Vorbereitung gemeinsam mit den Autorinnen Julia Ditschke und Friederike Gräff das neue Förderprogramm „Parents in Arts“ der Behörde für Kultur und Medien Hamburg mit entwickelt.

Förderprogramm: Kulturbehörde unterstützt Künstler-Eltern mit Stipendien

In dem deutschlandweit wegweisenden Programm legt die Behörde sechs Residenzstipendien von je zwei Wochen für Künstlerinnen und Künstler sowie Schriftstellerinnen und Schriftsteller auf. „In beiden Bereichen wird oft ähnlich gearbeitet. In der Regel hat man eine Ateliersituation, in der man eine gewisse Ruhe benötigt.“

Zeiträume und Förderbedingungen sind auf der Website der Kulturbehörde zu finden – sie sind aufgeteilt in solche mit insgesamt bis zu sechs Kindern in den Sommerferien und ohne begleitende Kinder im Herbst. Zentral aber ist, dass die Kunstschaffenden nachweislich in einem Sorgeverhältnis stehen.


„Es gibt tolle Reise- und Residenzstipendien“, erzählt Marcia Breuer, „mit ihnen geht jedoch häufig ein längerfristiger Ortswechsel einher, der für Familien nicht machbar ist. Dadurch entsteht ein gewisser Ausschluss von kunstschaffenden Eltern.“ Die Angebote kommen also meist nicht infrage.

Mit „Parents in Arts“ können sich die Residenten zwei Wochen lang im Annemirl-Bauer-Haus in Brandenburg der bildenden Kunst beziehungsweise der Schriftstellerei widmen. Friederike Gräff hat den 1978 gegründeten Künstlerinnenhof mit Garten, in dem die Berliner Malerin Annemirl Bauer (1939-1989) wohnte und arbeitete, entdeckt. Für jene Kunstschaffenden, die mit Kindern anreisen, gibt es eine professionelle Betreuung vor Ort. Außerdem erhalten alle Stipendiatinnen und Stipendiaten eine Aufwandspauschale von je 1000 Euro.

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Die Behörde für Kultur und Medien stellt für die Stipendiengelder, Räumlichkeiten und Kinderbetreuung insgesamt 30.000 Euro bereit. „Wir möchten alle Kunstschaffenden nach ihren Bedürfnissen unterstützen und schreiben deshalb in Hamburg erstmals ein Residenzstipendium aus, das sich speziell an Eltern wendet“, so Kultursenator Carsten Brosda. Bewerbungen sind ab sofort bis zum 17. Dezember möglich. Über die Vergabe entscheidet anschließend eine Fach-Jury. Marcia Breuer empfindet es auch wegen des Ortswechsels und des möglichen Kontaktes zu anderen Stipendiatinnen und Stipendiaten als einen wichtigen Schritt nach vorne. „Das wird ein Zeitraum sein, während dem man sehr konzentriert arbeiten kann.“

Residenzstipendium „Parents in Arts“Informationen zur Bewerbung für 2024 (bis zum 17.12.) unter https://www.hamburg.de/bkm/stipendien/17556170/stipendium-parents-in-arts/