Hamburg. Polizei und Behörden greifen am Hamburger Kriminalitätsschwerpunkt durch. Wo das Waffenverbot gilt und was sonst noch geplant ist.
Am Hamburger Hauptbahnhof soll ab Oktober dieses Jahres ein permanentes und absolutes Waffenverbot gelten. Das sagte Hamburgs Innensenator Andy Grote (SPD) am Donnerstag. Die Maßnahme ist eine Reaktion auf die nach der Corona-Pandemie wieder stark gewachsene Kriminalität vor allem im Umfeld des Bahnhofs, der täglich von mehr als 550.000 Menschen genutzt wird. Zuvor hatte es mehrfach ein temporäres Waffenverbot gegeben, zuletzt am vergangenen Wochenende.
Grote sagte: „Wir haben den Anspruch, dass alle, die den Bahnhof benutzen, ohne Angst und mit einem sicheren Gefühl hier entlanggehen können.“ Er räumte ein, dass sich die Situation mit dem Auslaufen der Pandemie verschlechtert habe.
Hauptbahnhof Hamburg: Sicherheitsallianz soll helfen
Innensenator Grote, Polizeipräsident Ralf Martin Meyer und der Präsident der Bundespolizeidirektion Hannover, Michael Schuol, zogen gemeinsam mit Arndt Malyska, Geschäftsführer der Hamburger Hochbahn-Wache, und Christian Huppertz, Leiter des Regionalbereiches der DB Sicherheit, eine Zwischenbilanz der „Allianz sicherer Hauptbahnhof“ und stellten neue Maßnahmen vor.
Dazu zählt auch eine Videoüberwachung des Bahnhofsvorplatzes. Gut ein Dutzend neue Kameras seien geplant, hieß es. Mit der dauerhaften Errichtung der Waffenverbotszone sollen kontinuierliche Kontrollen und gemeinsame Schwerpunkteinsätze durch die Polizei Hamburg und die Bundespolizei ermöglicht werden, hieß es. „Wir werden unberechenbarer“, sagte Bundespolizist Schuol. Polizeipräsident Meyer nannte Crack als das aktuell größte Problem, das die Behörden beim Drogenkonsum sähen. Crack basiert auf Kokain und wird geraucht.
Videoüberwachung auch in den Tunneln zur City
Meyer sagte außerdem, durch die erhöhte Zahlen an Kontrollen werde es auch mehr Straftaten in der Statistik geben. Das nehme man hin. Mittelfristig würden die Zahlen aber sinken. Eine Sonderauswertung seit April habe ergeben: Raube und Körperverletzungen seien bereits zurückgegangen. 60 Prozent der Taten seien Kontrolldelikte, gingen also auf Polizeikontrollen zurück.
Das Waffenverbot gilt ab dem 1. Oktober im Hauptbahnhof inklusive aller öffentlichen Bahnanlagen, den unterirdischen Verbindungen in die Stadt, einschließlich des Mönckebergtunnels, sowie auf dem Heidi-Kabel-Platz, dem Hachmannplatz, am ZOB und am August-Bebel-Park (Drob Inn). Das Waffenverbot umfasst neben Schusswaffen und ihnen gleichgestellten Gegenständen auch Messer mit einer Klingenlänge über vier Zentimeter sowie Schlagringe oder „Totschläger“.
CDU: „Späte Einsicht am Hauptbahnhof“
CDU-Fraktionschef Dennis Thering sieht sich bestätigt in den neuen Maßnahmen: „Opposition wirkt. Seit mehreren Monaten machen wir als CDU-Fraktion auf die unhaltbare Situation unter anderem am Hamburger Hauptbahnhof aufmerksam.“ Die späte Einsicht von rot-grünem Senat und Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) sei immerhin ein Anfang. „Die Einrichtung einer dauerhaften Waffenverbotszone wurde von uns seit Langem gefordert, und auch hier gibt der Innensenator dem Druck nach und lenkt jetzt endlich ein.“
Linken-Innenpolitiker Deniz Celik nannte die Kampagne um den Hauptbahnhof populistisch. „Die Dramatisierung nützt niemanden und hat mit sachlicher Sicherheitspolitik nichts zu tun.“ Im Verhältnis zu den Besucherzahlen seien die Kriminalitätszahlen nicht spitze. „Natürlich kann die Kriminalität dort nicht ignoriert werden. Dazu gehört aber zuallererst eine Analyse der Ursachen, nämlich die zunehmende soziale Verelendung von obdachlosen und drogengebrauchenden Menschen im Bahnhofsumfeld.“ Die Maßnahmen der Vierer-Allianz verschlechterten deren „prekären Lebensverhältnisse“ zusätzlich.
Die FDP-Abgeordnete Anna von Treuenfels-Frowein war dem Senat vor, die Kriminalität und Verelendung lange ignoriert zu haben. „Jetzt muss mit einer Kraftanstrengung versucht werden, die vernachlässigte innere Sicherheit in Teilen der City wiederherzustellen – viel zu spät und auch zu einseitig: Was ist mit aufsuchender Sozialarbeit? Glaubt Rot-Grün, dass eine Polizei-Allianz allein ausreicht, um die Lage rund um den Hauptbahnhof wieder zu normalisieren?“
Hamburger Hauptbahnhof gefährlicher als andere?
Der Hamburger Hauptbahnhof steht, was die Kriminalitätsbelastung betrifft, an der traurigen Spitze deutscher Bahnhöfe. In keinem anderen deutschen Bahnhof werden so viele Gewalttaten begangen wie im Hamburger Hauptbahnhof. Im Bereich der Gewaltdelikte lag Hamburg im vergangenen Jahr auf Rang 1 vor Hannover und Nürnberg. Allerdings relativieren sich diese Zahlen, so Grote, wenn man die hohen Passagierzahlen danebenlege.
Auch interessant
Auch interessant
Auch Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) hatte sich besorgt über die Zustände rund um den Hauptbahnhof gezeigt und ein härteres Vorgehen der Polizei angekündigt. Gewaltdelikte, blutige Streitereien, Diebstähle und Raube, aber auch die gestiegene Zahl von Obdachlosen und die große offene Drogenszene an der Drogenberatungsstelle Drob Inn am August-Bebel-Park prägen die wenig attraktive und bedrohliche Atmosphäre rund um den Bahnhof.
Das haben Maßnahmen bisher gebracht
Im Rahmen der „Allianz sicherer Hauptbahnhof“ seien Mitarbeiter der Polizei Hamburg, der Bundespolizei, der DB Sicherheit und der Hochbahnwache als „Quattro-Streife“ seit dem Frühjahr mit erhöhter Schlagkraft überall rund um den Hauptbahnhof unterwegs, hieß es bei der Pressekonferenz. Im Zentrum der Kooperation stünden die Entwicklung gemeinsamer Einsatzkonzepte und die Durchführung gemeinsamer Streifen.
Seit Beginn der Maßnahmen im April 2023 seien im Rahmen der gemeinsamen Streifen fast 3500 Personen überprüft und 243 Strafanzeigen gefertigt worden, in knapp 1000 Fällen wurde das Hausrecht durchgesetzt. Die „Quattro-Streifen“ würden von den Fahrgästen, aber auch von Gewerbetreibenden und Gastronomen positiv wahrgenommen und trügen zu einer Stärkung des Sicherheitsempfindens bei.
Hamburger Hauptbahnhof: Mann mit zahlreichen Waffen unterwegs
Erst am vergangenen Wochenende war der Hauptbahnhof erneut zur temporären Waffenverbotszone erklärt worden. Dabei hatten die Beamten einen 20-Jährigen kontrolliert, der zahlreiche Waffen – darunter Macheten, Messer und ein Beil – bei sich trug. Auch seine Wohnung am Stubbenhof wurde durchsucht, dort stießen die Polizisten auf einen Teleskopschlagstock. An den Ermittlungen ist auch der Staatsschutz des LKA beteiligt.