Hamburg. Der Mann, der am Hauptbahnhof gestoppt wurde, zählt zur salafistischen Szene. Trotz des Waffenarsenals kam er auf freien Fuß.

Der 20 Jahre alte Mann, der am Wochenende bei einer Waffenkontrolle der Bundespolizei im Hamburger Hauptbahnhof mit einem Koffer voller Stich- und Schlagwaffen erwischt wurde, ist wieder frei. Die Staatsanwaltschaft sieht keine Haftgründe. Der Mann mit afghanischen Wurzeln aus Hausbruch, der in Deutschland geboren wurde und die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt und nach Informationen des Abendblattes der Salafistenszene zugerechnet wird, hatte ausgesagt, dass es sich bei den Waffen um eine Art „Erbschaft“ handle.

Es ist eine etwas kurios wirkende Aussage, die der 20-Jährige gegenüber Ermittlern gemacht hatte. Er sei mit dem Waffentransport einem Wunsch seiner Mutter nachgekommen. Die Sammlung, darunter zwei Macheten und Beile, hätte seinem verstorbenen Vater gehört. Er sei auf dem Weg zu seinem Cousin gewesen, der auf Wunsch seiner Mutter das Sammelsurium bekommen solle.

Hauptbahnhof Hamburg: Koffer voller Messer und Macheten

Der 20-Jährige war am Hauptbahnhof kontrolliert worden. Für Deutschlands meistfrequentierten Bahnhof (550.000 Besucher pro Tag) war am Wochenende ein temporäres Waffenverbot erlassen worden. Bundespolizisten hatten ihn nach dem Fund in Gewahrsam genommen. Noch am frühen Sonntagmorgen wurde seine Wohnung am Stubbenhof in Hausbruch durchsucht. Da konnte ein Teleskopschlagstock gefunden werden. Auch Datenträger stellte die Polizei sicher.

Eine Auswertung der Datenträger, die vermutlich einige Zeit dauern wird, könnte weitere Erkenntnisse über die genaue ideologische Ausrichtung und die Verbindungen des Mannes bringen. Er soll einer von mehreren Personen mit salafistischer Ausrichtung sein, die im Bereich Hausbruch bekannt sind.

Waffenkontrolle in Hamburg: Mutmaßlicher Salafist wieder frei

Der 20-Jährige war am Tag seiner Ingewahrsamnahme an die Hamburger Polizei überstellt worden. Das LKA 7, zuständig für Staatsschutzdelikte, zu denen auch religiös motivierte Straftaten gehören, wurde eingeschaltet, obwohl laut der Sprecherin der Staatsanwaltschaft es derzeit keine gesicherten Erkenntnisse über eine islamistische Gesinnung des Beschuldigten gibt.

„Es wurde bereits gestern die Entlassung des Beschuldigten aus dem Polizeigewahrsam verfügt. Ein Haftbefehlsantrag wurde nicht gestellt, weil keine Haftgründe vorlagen“, so Oberstaatsanwältin Liddy Oechtering.

Hauptbahnhof Hamburg: 1755 Islamisten, 1450 gelten als gewaltbereit

In Hamburg gab es laut Verfassungsschutzbericht im vergangenen Jahr 1755 islamistisch geprägte Extremisten, von denen 1450 als gewaltorientiert gelten. Zuletzt hatte es im Jahr 2013 mehrere solcher religiösen Fanatiker in Hamburg gegeben. Die Zahl der als gewaltorientiert geltenden Extremisten mit islamistischen Hintergrund liegt auf einem Höchststand. Die Zahl der in Hamburg lebenden Salafisten, die dem Verfassungsschutz im vergangenen Jahr bekannt waren, wurde mit 490 beziffert, von denen 225 als Dschihadisten, die noch einmal deutlich stärker gewaltorientiert sind, gelten.

Hier gab es nach einem Höchststand im Jahr 2017, als 780 Personen dieser salafistischen Szene zugerechnet wurden, einen stetigen Rückgang. Salafisten gelten als ultrakonservativ und sehen sich selbst als Elite und Vorkämpfer für einen von ihnen empfundenen wahren Islam.