Hamburg. Hamburger erstaunt über Post vom Finanzamt: Er hat gar kein Grundeigentum. Was die Behörde dazu sagt und wie es jetzt weitergeht.
Als Rainer T. (*) vor einigen Tagen die Post aus dem Briefkasten, holte, staunte er nicht schlecht. In der Hand hielt der Eppendorfer einen Grundsteuerwertbescheid des Finanzamts für Verkehrsteuern und Grundbesitz – also das Schreiben, das seit dem Frühjahr an mehr als 400.000 Immobilienbesitzer in Hamburg und Millionen bundesweit verschickt wird, die aufgefordert waren, eine neue Grundsteuererklärung abzugeben.
Das Problem bei Rainer T.: Er besitzt gar kein Grundeigentum. Tatsächlich bezieht sich, wie beim Lesen schnell deutlich wurde, der Bescheid auch gar nicht auf ihn, sondern auf das Einfamilienhaus seiner Eltern in Rahlstedt. Die haben aber, so versichert er es glaubhaft, ihre Grundsteuererklärung eigenständig, ohne Hilfe ihres Sohnes abgegeben und diesen darin auch nicht erwähnt.
Die Frage ist also: Wie kann es sein, dass ein Steuerbescheid mit sensiblen Daten wie Adressen, Grundstücksgröße, Wohnraumfläche, prozentualen Eigentumsanteilen und vielem mehr an eine andere Person als die Steuerpflichtigen geht?
Wie ein Grundsteuerwertbescheid in falsche Hände geraten sein könnte
Die Finanzbehörde verweist auf diese Frage zunächst darauf, dass sie zu einem konkreten Einzelfall mit Rücksicht auf das Steuergeheimnis grundsätzlich keine Auskunft geben darf. Darüber hinaus gelte: „Bei der sehr großen Anzahl von Erklärungen und Bescheiden kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass es in Einzelfällen zu Missverständnissen kommt. Diese lassen sich üblicherweise schnell und leicht – auch telefonisch – zwischen den Steuerpflichtigen und dem Finanzamt für Verkehrsteuern und Grundbesitz aufklären.“
So habe sich in einigen Fällen erwiesen, dass die Bekanntgabe des Bescheides ordnungsgemäß erfolgt war, da eine unwiderrufene Empfangsvollmacht vorlag oder dem Adressaten des Bescheides eine viele Jahre zurückliegende Übertragung der Eigentümerstellung gar nicht bekannt war.
Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) räumt ein: „Angesichts der enorm großen Anzahl an Erklärungen kann es in Einzelfällen vielleicht auch mal zu Unklarheiten kommen. Wenn sich Fragen ergeben, ist meine Empfehlung an die Steuerpflichtigen daher: Nehmen Sie den Hörer in die Hand und kontaktieren Sie das zuständige Finanzamt, in der Regel lassen sich Unklarheiten dann immer sehr schnell aufklären.“ Das wollen Rainer T. und seine Eltern jetzt auch tun.
Mittlerweile liegen sogar 102 Prozent der Erklärungen vor – so ist das möglich
Die neuen Grundsteuererklärungen sind nötig, weil das Bundesverfassungsgericht die bestehende Regelung verworfen und eine Reform gefordert hatte. Hamburg hat sich, im Gegensatz zu vielen anderen Bundesländern wie Schleswig-Holstein, für eine sehr einfache Regelung entschieden, bei der nur die Nutz- und die Grundstücksfläche eine Rolle spielen und bei der Lage nur nach „gut“ und „normal“ unterschieden wird.
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Nachdem die Abgabe 2022 zunächst nur schleppend angelaufen und die Frist bundesweit zweimal verlängert worden war, liegen in Hamburg mittlerweile gut 433.000 Erklärungen vor, was sogar 102 Prozent des erwarteten Wertes entspricht. Möglich ist das, weil manche Erklärungen mehrfach, aber nicht inhaltsgleich abgegeben wurden – dann werden sie vom System auch mehrfach gezählt. „Wir sind mit Blick auf die Abgabequote für die Grundsteuererklärungen sehr zufrieden und jetzt mit Hochdruck dabei, die Bescheide zu erstellen“, sagte Finanzsenator Dressel.
Strafen von bis zu 25.000 Euro sind möglich, wurden aber bisher nicht verhängt
Um auf diese hohe Quote zu kommen, wurden rund 65.000 „Erinnerungen“ verschickt, mit denen auf die Pflicht zur Abgabe der Steuererklärung hingewiesen wurde. Die darin angedrohten Strafen von bis zu 25.000 Euro für Steuerpflichtige, die ihre Erklärung partout nicht abgeben wollen, kamen noch nicht zum Tragen, so die Finanzbehörde: „Bislang wurden weder Zwangsgelder noch Verspätungszuschläge festgesetzt.“
Die endgültigen Steuerbescheide mit konkreten Zahlungsaufforderungen werden erst Ende 2024 verschickt, wenn der Senat auf Basis der neu eingesammelten Daten den Grundsteuerhebesatz festgelegt hat. Dieses Verfahren dient dazu, das Steueraufkommen von rund 500 Millionen Euro pro Jahr in Hamburg (bundesweit etwa 14 Milliarden) stabil zu halten. Denn die Politik hatte vor der Reform versprochen, dass sie mit der neuen Grundsteuer nicht mehr, aber auch nicht weniger einnehmen wolle.
(*) Name geändert. Die Person ist der Redaktion bekannt