Hamburg. Anjes Tjarks über die Kostenexplosion bei der U 5, die Stadtbahn-Pläne im HVV – und drei geplante Verbesserungen für Radfahrer.
Angesichts der Kostenexplosion bei der U 5 mit einem Anstieg von mehr als 60 Prozent hat die Diskussion erneut begonnen, ob eine Straßenbahn bzw. Stadtbahn nicht die deutlich bessere Lösung wäre. Diese sei billiger, schneller fertig und verursache weniger Klimabelastungen im Bau, so ihre Befürworter. Verkehrssenator Anjes Tjarks (Grüne) verteidigt zwar auch weiterhin den Bau der nun deutlich teureren U 5. Zugleich ist er aber erkennbar bemüht, das „Entweder U-Bahn oder Stadtbahn“ in ein Sowohl-als-auch zu verwandeln. Langfristig könnten also beide Systeme parallel in Hamburg eingeführt werden.
„In einem sind sich ja alle einig in der Bürgerschaft: Wir wollen die schienengebundenen Verkehrsmittel ausbauen“, sagte Tjarks dem Abendblatt. „Und wichtig ist nach all den Jahrzehnten, in denen immer nur geplant und verworfen wurde, dass wir nun auch endlich bauen. Die Verabredung ist: Wir bauen die U 5, für die es nun fertige Pläne gibt. Aber das heißt ja umgekehrt nicht, dass man andere Verkehrsmittel ausschließen muss.“
HVV: Planung für Straßenbahn in Hamburg keinesfalls ausgeschlossen
Zwar gebe es „derzeit noch keine aktuelle Planung“ für den Bau einer Stadtbahn parallel zum Bau der U 5 – etwa als Ergänzung bei fehlenden Querverbindungen. „Momentan gibt es dazu keinen Plan, aber das heißt ja nicht, dass es nicht irgendwann mal einen geben kann“, sagte Tjarks.
Zugleich wies der Grünen-Politiker Vorwürfe schlechter Planung bei der U 5 im Zusammenhang mit dem Anstieg der Baukosten von 1,8 auf 2,9 Milliarden Euro für die 5,8 Kilometer Strecke von Bramfeld in die City Nord zurück. „Die U 5 ist solide und gut geplant“, sagte Tjarks. „Die jetzige Erhöhung der Kosten hat fast ausschließlich einen Grund: Wir haben die höchste Baupreisinflation seit über 50 Jahren. Das führt dann dazu, dass wir auch eine höhere projektierte Inflation haben. Wir müssen also über den gesamten Bauzeitraum mit Preisen rechnen, die deutlich höher sind, als wir es bisher annehmen konnten.“
U 5: Senator geht weiter fest von 75 Prozent Förderung durch den Bund aus
Durch das jetzt „so unvorhersehbar gestiegene Preisniveau“ müsse die Stadt auch in den kommenden Jahren mit jeweils höheren Preisen rechnen, sagte Tjarks. „So ergibt sich in der Summe die erwartete Gesamtsteigerung der Kosten. Wir versuchen ja auch zu antizipieren, wie die Preise im Jahr 2028, 29, 30 oder 31 sind für bestimmte Rohstoffe. Und wir gehen davon aus, dass diese Preise auch in einem stärkeren Maße steigen, als wir das bisher angenommen haben.“
Daher lasse sich der Anstieg „nicht vergleichen mit der eigenen Inflation, sondern man muss es vergleichen mit der ganz anders gelagerten Baupreisinflation und der daraus resultierenden Projektion der Baupreisinflation auf die nächsten zehn Jahre“.
Tjarks betonte, dass die von Hamburg eingeplante Bundesförderung für 75 Prozent der Kosten durch die jüngste Entwicklung nicht gefährdet sei. Für diese ist ein sogenannter Nutzen-Kosten-Faktor von mindestens 1,0 nötig.
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„Dadurch, dass das fast ausschließlich inflationsbedingte Kosten sind, hat diese Kostensteigerung keine Auswirkungen auf das Erreichen der Bundesförderung“, sagte Tjarks. „Wir haben mit dem Bundesverkehrsministerium verabredet, dass wir für den ersten Teilabschnitt der U 5 einen Antrag auf Förderung einreichen werden. Ziel ist das dritte Quartal, um dann auch noch dieses Jahr eine Förderzusage zu bekommen.“
Klimaschutz: U 5 soll besonders klimaschonend gebaut werden – ohne dass es teurer wird
Erneut beteuerte Tjarks, dass auch sein Ziel, die U 5 etwa durch Nutzung von CO2-arm oder -frei hergestelltem Stahl oder Beton möglichst klimaschonend zu bauen, die Kosten nicht weiter nach oben treiben werde. „Unser Ziel ist es, dass das nicht mehr kostet“, so Tjarks. „Klimaschutz kostet nicht immer mehr Geld. Es ist auch günstiger, Fahrrad zu fahren als Auto.“ Auf die Frage, ob er wirklich glaube, er bekomme grünen (also CO2-frei produzierten) Stahl am Markt für denselben Preis wie herkömmlich produzierten, sagte Tjarks: „Das hängt davon ab, wie hoch der Preis für die Tonne CO2 ist, wenn wir bestellen.“
Zugleich kündigte Tjarks deutliche Verbesserungen für Radfahrerinnen und Radfahrer in Hamburg an – auch als Reaktion auf die Kritik im jüngsten „Fahrradklimatest“ des Fahrrad-Clubs ADFC. Darin hatten die Befragten vor allem drei Dinge in Hamburg moniert: zu schmale Radwege, viele Fahrraddiebstähle und von Falschparkern blockierte Radwege. Hamburg hatte sich zwar erneut leicht verbessert, war aber unter den großen Städten nur im Mittelfeld mit einer Note 4,0 gelandet.
Auch Radverkehr soll verbessert werden – mit drei konkreten Vorhaben
„Wir hatten letztes Jahr das Rekordniveau im Radverkehr in der Stadt, und wir können zumindest sagen, dass wir dieses Jahr schon wieder darüber liegen. Das heißt, die Leute fahren mehr Rad, und sie scheinen das, was die Stadt macht, auch anzunehmen“, sagte Tjarks. „Gleichzeitig legt der ADFC natürlich den Finger in die Wunde, wo er ja zum Teil auch hingehört. Wir haben in den neuen Planungsrichtlinien jetzt für Radwege 2,50 Meter als Breite festgelegt. Und wir werden dieses Jahr starten mit dem Projekt ‚Fahrradparken im Quartier‘, also sprich: mit den ersten neuen Fahrradparkhäusern als Pilotversuch. So wollen wir die Sicherheit für die Räder verbessern. Wir nehmen die Kritik also an und versuchen etwas zu tun.“
Auch die Beschwerden über zugestellte Radwege würden langfristig abnehmen, versprach der Verkehrssenator. „Dieses Problem wird sich lösen, wenn wir mehr geschützte Radstreifen bauen. Die sind dann so abgetrennt, dass man da gar nicht mehr drauf parken kann“, so Tjarks. „Wir wollen langfristig eine stärkere Trennung von Autoverkehr und Radverkehr, aber auch von Radverkehr und Fußverkehr.“