Hamburg. Verkehrssenator will Ampeln gerechter schalten. Radfahrer bekommen öfter Vorrang, Autos müssen Grün erst anfordern. Die Pläne.

Es war ein Experiment, und wenn man der Verkehrsbehörde glauben darf, ist es gelungen: Erstmals wurden querende Radfahrer an einer Ampel in Hamburg so behandelt wie sonst nur Autofahrer – und umgekehrt.

Während die Ampel Kaiser-Friedrich-Ufer/Bundesstraße am Übergang für Fußgänger und Radler seit Ende 2022 standardmäßig Grün zeigte, mussten Autofahrer dies auf der Straße quasi erst anfordern. Erst wenn sich ein Auto der standardmäßig roten Ampel näherte und von der Wärmebildkamera erfasst wurde, schaltete das Licht nach einer Weile auf Grün – im Idealfall sogar, bevor der Fahrer halten muss.

Verkehr Hamburg: Experiment gelungen – Dauergrün für Radler

Dieses intelligente System führte dazu, dass Radfahrer von deutlich längeren Grünzeiten profitierten. Lagen diese vor der Umstellung bei nur etwa neun Sekunden, so stiegen sie danach auf rund 17 Sekunden. Damit haben Fußgänger und Radfahrer jetzt sogar etwas länger Vorrang als Autofahrer. Deren Grünphasen sanken von zuvor 50 auf nur noch elf bis 14 Sekunden. Das sei das Ergebnis einer umfassenden Evaluation des Versuchs, hieß es jetzt aus der Verkehrsbehörde.

Dass man genau diese Ampel für das Experiment ausgewählt hat, liegt vor allem an den Nutzerzahlen: Hier waren querende Fußgänger und Radfahrer schon vor der Umstellung in der Mehrheit. Nach Verkehrszählungen lag ihre tägliche Zahl in der Zeit zwischen 6 und 19 Uhr bereits bei 7000 pro Tag, während nur 6000 Kraftfahrzeuge die Ampel auf der Straße passierten.

Keine Staus auf den Straßen trotz Vorfahrt für Radfahrer

Durch die Änderung der Priorisierung hat sich die Gesamtzeit der Grünphasen über einen Tag laut Verkehrs­behörde nun angeglichen – während die Autofahrer vor der Umstellung deutlich häufiger freie Fahrt hatten, obwohl sie in der Minderheit waren.

Laut Verkehrsbehörde führte diese Umstellung aber – anders als von vielen befürchtet – nicht zu Staus vor der Ampel. Das liegt auch daran, dass die Grünphasen für die Autos bei höherem Verkehrsaufkommen automatisch länger ausfallen.

HVV: Auch Busse müssen nicht warten – denn die nutzen ein besonderes System

Auch die entlang der Strecke verkehrenden Busse des HVV wurden durch die neue Ampelschaltung nicht beeinträchtigt. Laut Verkehrsbehörde sank ihre Fahrzeit durch den Straßenabschnitt sogar. Das liegt daran, dass herannahende Busse durch ihr Meldesystem bereits aus größerer Entfernung Grün an der Ampel elek­tronisch anfordern – und diese dann in der Regel Grün zeigt, wenn der Bus eintrifft.

„Die Umkehr der Ampelpriorisierung an der Bundesstraße ist eine kleine Maßnahme mit großer Wirkung“, sagte Verkehrssenator Anjes Tjarks (Grüne) dem Abendblatt. „Sie zeigt, dass wir mithilfe der Digitalisierung flüssigeres Radfahren mit weniger Stopps in der Stadt erreichen können – ohne dass es zu Nachteilen von anderen Verkehrsteilnehmern, insbesondere dem ÖPNV, kommt.“

Gleichzeitig werde der Komfort für Fußgänger erhöht, die entlang des Kaiser-Friedrich-Ufers unterwegs seien, so Tjarks. „Auf der Grundlage dieser Erfahrungen wollen wir weitere Grünphasen und Priorisierungen an Ampeln für den Radverkehr und zu Fuß Gehende in der Stadt umsetzen.“ Die Zahl der Radfahrer in Hamburg hat zuletzt weiter zugenommen.

Verkehr in Hamburg: Hier gibt es bald Grüne Wellen für Radfahrer

Angesichts des erfolgreichen Tests hat die Behörde bereits mit der Suche nach weiteren Ampeln begonnen, an denen die neue Technologie eingeführt werden kann. Zwei konkrete Pläne gibt es bereits. 2024 sollen Radfahrer und Fußgänger auch an einer Ampel an der Kreuzung Reventlowstraße und Klein Flottbeker Weg Vorrang bekommen – und an der Ampel Nartenstraße/Neuländer Straße.

Kürzlich wurde laut Behörde an der Kreuzung Jahnring/Saarlandstraße die Ampelschaltung der Veloroute 5 zur Querung der Saarlandstraße für Radfahrer optimiert. Zudem sollen nach Vorbild von Bogenstraße, Bleickenallee und Ballindamm weitere grüne Wellen für den Radverkehr eingeführt werden: auf dem Eppendorfer Weg und der Hallerstraße.