Hamburg. Kommission will Vorgaben für saubere Luft drastisch verschärfen. Was das für Autofahrer heißt und was die Umweltbehörde verlangt.
Schon die seit 2010 gültigen Grenzwerte zur Luftbelastung wurden bis vor Kurzem vielerorts nicht eingehalten – nun will die EU-Kommission sie deutlich verschärfen. Laut dem am Mittwoch veröffentlichten neuen Vorschlag soll der Grenzwert für das gesundheitsschädliche Stickstoffdioxid (NO2) zum 1. Januar 2030 von 40 auf 20 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft im Jahresmittel. Eine Hauptquelle für NO2 sind Dieselmotoren.
Weil Hamburg schon den bisherigen Grenzwert von 40 Mikrogramm an einigen Straßen nicht einhalten konnte, erließ die Stadt 2018 bis heute gültige Durchfahrtsverbote für ältere Dieselmodelle an der Max-Brauer-Allee und der Stresemannstraße.
Mittlerweile werden die alten Werte eingehalten – das war zunächst wohl auch ein Effekt der Pandemie, dürfte aber außerdem damit zu tun haben, dass die Zahl alter Dieselmodelle zurückgeht. Ob dieser Trend und die Zunahme der E-Autos aber reicht, um die deutlich schärferen Grenzwerte in gut sieben Jahren einzuhalten, ist schwer abzuschätzen.
Verkehr Hamburg: Künftig haben Bürger Anspruch auf Schadenersatz
Sollte der Trend zur Elektrifizierung nicht ausreichen, könnte es wohl auch neue Einschränkungen für Dieselfahrzeuge geben. Menschen, die einer Gesundheitsgefahr durch Luftverschmutzung ausgesetzt sind, bekommen zudem künftig einen klar geregelten Anspruch auf Schadenersatz. Eine massive Missachtung der Grenzwerte wie in den Jahren 2010 bis 2020 könnte den Staat also künftig sehr teuer zu stehen kommen.
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Verschärft wurden auch die Grenzwerte für Feinstaub. Der Grenzwert für den besonders kleinen Feinstaubpartikeln PM 2,5 sinkt von 25 Mikrogramm auf 10 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft. Der vom etwas gröberen Feinstaub PM 10 sinkt von 40 auf 20 Mikrogramm.
Feinstäube können natürlichen Ursprungs sein. Sie entstehen laut Umweltbundesamt aber auch durch „Kraftfahrzeuge, Kraft- und Fernheizwerke, Abfallverbrennungsanlagen, Öfen und Heizungen in Wohnhäusern, Schüttgutumschlag und Industrieprozesse“. In Ballungsgebieten sind demnach vor allem der Straßenverkehr und Bautätigkeiten bedeutende Feinstaubquellen.
Verkehr Hamburg: WHO hatte noch schärfere Grenzwerte gefordert
Die EU-Kommission ist mit ihrem jetzigen Vorschlag der Weltgesundheitsorganisation WHO nur teilweise gefolgt. Diese hatte für NO2 und Feinstaub noch deutlich schärfere Grenzwerte gefordert – für NO2 10 Mikrogramm, für PM 2,5-Feinstaub 5 und für PM 10-Feinstaub 15 Mikrogramm pro Quadratmeter Luft.
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) begrüßte den Vorschlag der Kommission. „Wir dürfen aber angesichts der 300.000 vorzeitigen Todesfälle pro Jahr in Europa durch Luftverschmutzung nicht bis 2030 warten“, so DUH-Geschäftsführer Jürgen Resch. „Wir fordern von Umweltministerin Lemke, sich für ein Vorziehen auf 2025 bei Verschärfung der Grenzwerte auf WHO-Standards einzusetzen.“
Autoabgase: Umweltbehörde verlangt mehr Konsequenz von der EU
Ähnlich äußerte sich Hamburgs BUND-Chef, Lucas Schäfer. Die Sprecherin der Hamburger Umweltbehörde, Renate Pinzke, sagte: „Eine Senkung der Grenzwerte ist aus Gründen des Gesundheitsschutzes natürlich zu begrüßen. Allerdings sollte die EU parallel dafür sorgen, dass die Grenzwerte für Neuwagen entsprechend abgesenkt werden, damit die Feinstaub- und Stickoxidbelastung in unseren Straßen abnehmen.“