Hamburg. Hamburg will seine knapp 80 öffentlichen Firmen auf gemeinsame Ziele einschwören. Diese sind unterschiedlich konkret.
Mehr Frauen in Führungspositionen, mehr Umwelt- und Klimaschutz, mehr soziale Verantwortung für die Mitarbeiter und die „Familie“ Hamburg – auf diese Ziele will der Hamburger Senat die öffentlichen Unternehmen der Stadt mit Hilfe einer neuen „Stadtwirtschaftsstrategie“ verpflichten. „Es gilt nicht mehr der Grundsatz ‚jeder macht seins‘, sondern zukünftig ‚gemeinsam fürs Gemeinwohl‘“, sagte Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) bei der Vorstellung der auf mehr als 25 Seiten ausformulierten Strategie.
Diese gilt künftig für knapp 80 öffentliche Unternehmen und Mehrheitsbeteiligungen mit rund 70.000 Beschäftigten, darunter die Stadtreinigung, Hamburg Energie, den Hafenkonzern HHLA oder das Uniklinikum UKE – nicht aber für Minderheitsbeteiligungen wie die Reederei Hapag-Lloyd, an der die Stadt 13 Prozent hält. Insgesamt ist der „Konzern“ Hamburg an 340 Unternehmen beteiligt.
HHLA, UKE und Co haben bis 2026 Zeit zur Umsetzung
Die städtischen Firmen haben nun bis Mitte 2026 Zeit, die neue Strategie umzusetzen, indem sie sie in ihre individuellen Unternehmenskonzepte, in die Wirtschafts- und Finanzpläne sowie in die Ziel- und Leistungsvereinbarungen mit den Geschäftsleitungen aufnehmen. Dabei sei „selbstverständlich“ zu beachten, dass die Unternehmen ihre Kernaufgabe weiter gut erfüllen und den Haushalt der Stadt nicht unnötig belasten, betonte der Finanzsenator.
Die zu erreichenden Ziele sind unterschiedlich konkret. So wird den Unternehmen im „Ziel-Cluster Klima & Umwelt“ klar vorgegeben, „spätestens bis 2040 bilanziell klimaneutral“ zu werden – das ist noch ambitionierter als das bisherige Ziel für die gesamte Stadt, die laut Klimaplan des Senats bis 2050 klimaneutral werden soll. Von der Energieversorgung über die Fuhrparks und die Gebäude bis zur Materialbeschaffung müsse nun alles dahingehend untersucht werden, wie die Ziele am besten erreicht werden könnte, sagte Dressel: „Das ist jetzt die Denksportaufgabe.“
Hamburgs Unternehmen: Wenige Frauen in Führungspositionen
Weniger konkret ist die Vorgabe beim Punkt Chancengleichheit: „Hamburgs öffentliche Unternehmen verstehen Diversität als Bereicherung und Erfolgsfaktor. Daher stellen sie die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungs- und Spitzenfunktionen sicher“, heißt es in dem Strategiepapier. Doch bis wann und in welchem Maße das erreicht werden soll, wird nicht vorgegeben.
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Dressel machte allerdings sehr deutlich, dass es ein „Weckruf“ sein müsse, dass bislang nur 21 Prozent der Geschäftsführungspositionen in den städtischen Firmen von Frauen besetzt sind: Hier gebe es noch „erheblichen Handlungsbedarf“. Was möglich sei, zeigten die Aufsichtsräte öffentlicher Unternehmen: Hier lag der Frauenanteil zuletzt immerhin bei 37 Prozent. Die Ziele für die Geschäftsführungen würden „in wenigen Wochen“ konkretisiert, so der Finanzsenator.
Als weitere Ziele wurden unter anderem festgelegt, dass Hamburgs öffentliche Unternehmen die Vereinbarkeit von Familie und Beruf erleichtern, ein diskriminierungsfreies Arbeitsumfeld gewährleisten und sich für eine Erhöhung des Anteils von Menschen mit Zuwanderungserfahrung in der Belegschaft sowie in Führungsfunktionen einsetzen sollen. Ferner sollen sie „faire Löhne“ zahlen, Befristungen und Leiharbeit auf ein Minimum begrenzen und orts- und zeitflexibles Arbeiten ermöglichen.
CDU: Hamburger Senat könnte weiter sein
„Hamburg ist zurecht stolz auf seine Stadtwirtschaft“, sagte Dressel. „Keine Großstadt und kein Gemeinwesen in Deutschland verfügt über ein solches Portfolio öffentlicher Unternehmen, die mit ihren rund 72.000 Beschäftigten in der Corona-Krise erneut ihre Leistungsfähigkeit unter Beweis gestellt haben. Diesen Schatz wollen wir nicht verscherbeln, sondern gemeinsam bewahren und weiterentwickeln.“
Sandro Kappe, umweltpolitischer Sprecher der CDU-Bürgerschaftsfraktion, begrüßte das Ziel, kritisierte aber, dass der Senat schon deutlich weiter sein könnte: „Erst kürzlich ging aus unserer Anfrage hervor, dass erst 18 von den insgesamt 74 öffentlichen Unternehmen eine eigene CO2-Bilanz erstellt haben. Nur 33 Unternehmen – und das ist nicht mal die Hälfte – weisen bisher ein eigenes Klimaschutzkonzept auf.“ Rot-Grün müsse mehr handeln und weniger ankündigen.