Klimaschutz, Migration, Kultur und mehr: So reagieren Repräsentanten aus Hamburg auf das Papier von SPD, Grünen und FDP.

Die Ampel-Parteien aus SPD, Grüne und FDP haben nach vier Wochen andauernden Verhandlungen einen 177 Seiten starken Koalitionsvertrag ausgearbeitet. So reagierten Repräsentanten der Regierungspartner sowie der Opposition aus Hamburg auf das Papier.

SPD

Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) hob das "gute Ergebnis" nach "professionellen" Verhandlungen hervor. "Die neue Regierung wird Deutschland voranbringen – im Klimaschutz, in der Digitalisierung, bei der Stärkung der Familien, für eine starke Wirtschaft und einen Mindestlohn von 12 Euro", twitterte Tschentscher unter dem Ampel-Hashtag #MehrFortschrittWagen.

Der Fraktionsvorsitzende der Sozialdemokraten in der Bürgerschaft, Dirk Kienscherf, erfreute sich vor allem an dem Wirken des aller Voraussicht nach kommenden Bundeskanzlers. Selbst FDP-Chef Christian Lindner habe Olaf Scholz' „inneres Geländer“ gelobt, schrieb Kienscherf bei Twitter: "Wer zuletzt noch an einer Ampel unter der Führung von Scholz zweifelte, wird nun eines Besseren belehrt. Und das ist gut so!"

Brosda bleibt in Hamburg

Hamburgs Kultursenator Carsten Brosda, bis zuletzt auch als Kulturstaatsminister der neuen Bundesregierung gehandelt, sieht im Koalitionsvertrag "starke Signale für Kultur und Medien". Dazu gehörten unter anderem neben einem Ausbau der Förderung sowie besserer sozialer Absicherung von Künstlern eine starke Erinnerungskultur. "Wer mehr Fortschritt wagen will, muss sich für kulturelle und künstlerische Impulse interessieren."

Dass das Staatsministerium für Kultur und Medien nun an die Grünen geht und er selbst damit in Hamburg bleibt, sei für ihn keine Enttäuschung. "Ich habe Lust, das kulturelle Leben in Hamburg weiter mitzugestalten. Gerade in diesen schwierigen Zeiten, mit diesen tollen Leuten", sagte Brosda dem NDR. "Wir in Hamburg freuen uns (und sind erleichtert)!", twitterte dazu Genossin und Bürgerschaftsmitglied Gabi Dobusch.

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GRÜNE

Katharina Fegebank beschwor einen "Neustart für Deutschland". Die "gute Stimmung der Führungsmannschaft" mache Lust auf mehr, ließ Hamburgs Zweite Bürgermeisterin via Twitter wissen. "Große Herausforderungen wie Corona und der Klimawandel werden jetzt mit großem Verantwortungsgefühl und gegenseitigem Vertrauen angegangen", schrieb Fegebank.

Sie sprach sich zudem dafür aus, ihren Parteifreund Cem Özdemir als Grünen-Bundesminister in einer künftigen Ampel-Koalition in Berlin einzusetzen. „Mir geht es sicher wie sehr, sehr vielen Leuten in diesem Land: Ein Bundeskabinett mit grüner Beteiligung ist ohne @cem_oezdemir nur schwer vorstellbar“, twitterte die Wissenschaftssenatorin am Donnerstagabend.

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Hintergrund waren anhaltende Personaldiskussionen, derentwegen sich die Urabstimmung der Grünen über den Koalitionsvertrag mit SPD und FDP und die Regierungsmannschaft um einen Tag verzögerte. Der linke Flügel wehrt sich dem Vernehmen nach gegen die geplante Besetzung eines Ministeramts mit dem Realo Özdemir, die am Ende aufgrund der Quotenregeln den linken Fraktionschef Anton Hofreiter das erhoffte Ministeramt kosten könnte.

Die Vorsitzende der grünen Bürgerschaftsfraktion, Jennifer Jasberg, sagte: "Der Koalitionsvertrag hat zweifelsfrei eine nachhaltige und progressive Handschrift. Die Zusammenführung von Wirtschaft und Klima, das Bekenntnis zu globaler Verantwortung und der starke Fokus auf Kinderrechte weisen klar in Richtung Zukunft."

Außerdem hob Jasberg die Streichung des Paragrafen 219a aus dem Strafgesetzbuch zur Verurteilung von Werbung für Abtreibungen hervor. "Mit der Ampel raus aus dem letzten Jahrhundert – Informationen zu Schwangerschaftsabbrüchen werden endlich entkriminalisiert", so Jasberg.

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Steffen freut Cannabis-Freigabe

Eine ganze Reihe "schöner Sätze" aus dem Koalitionsvertrag pickte sich Bürgerschaftsmitglied Michael Gwosdz heraus, darunter diesen Punkt: "Wir erkennen für Clubs und Livemusikspielstätten ihren kulturellen Bezug an. Für beides werden wir die Baunutzungsverordnung und die Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm anpassen."

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Und Ex-Justizsenator Till Steffen, über Eimsbüttel direkt in den Bundestag gewählt, griff sich unter anderem kurz und knapp die Legalisierung von Cannabis heraus:

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Aber auch ein Transparenzgesetz nach Hamburger Vorbild solle eingeführt werden:

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Katharina Beck, seit dieser Legislaturperiode neu im Bundestag, sieht im Entwurf des Koalitionsvertrags "eine neue positive Politik". Die Hamburger Unternehmensberaterin für Nachhaltigkeit freue sich besonders darüber, "dass wir Wirtschaft und Klimaschutz endlich zusammen denken".

Till Steffen und Katharina Beck auf der Grünen-Wahlparty am 26. September im
Till Steffen und Katharina Beck auf der Grünen-Wahlparty am 26. September im "Schrødingers" im Schanzenpark. © HA | Marcelo Hernandez.

Als größten Erfolg bewertete Beck die Integration der Treibhausgase in die Bilanzen der Unternehmenssteuerung. "Das ist eine wunderbare politische Innovation"; sagte Beck. "Sie definiert unternehmerischen Erfolg neu: Klimaschutz wird sich endlich unternehmerisch lohnen – und zwar fair für alle Unternehmen. Jetzt werden die Mechaniken unseres Wirtschaftens auf Zukunft geeicht."

Husen findet einen Kritikpunkt

Eine andere Hamburger Grüne fand aber auch Kritik an den Verhandlungen ihrer Partei mit SPD und FDP. "Wozu im ganzen Koalitionsvertrag übrigens kein einziges Wort steht: Wie die erbärmliche, typisch deutsche Situation der Organspende verbessert werden kann", twitterte Katja Husen. "Wie weniger Menschen auf der Warteliste versterben müssen. Wie wir den Trend zu immer weniger Spenden umkehren."

Für ihren Beitrag erhielt Husen, die bei der Wahl zur Bezirksamtsleiterin Eimsbüttel vor zwei Jahren spektakulär gescheitert war, Zustimmung von Parteifreund Gwosdz.

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FDP

Für Hamburgs Liberale kommentierte als Erster Michael Kruse die vor allem auch aus hiesiger Sicht "sehr erfreulichen" Ergebnisse der Ampel-Verhandlungen, zu denen er als Teil des Verhandlungsteams Wirtschaft selbst beigetragen habe.

"Im Koalitionsvertrag stehen auch wichtige Aspekte für die maritime Wirtschaft und den Hamburger Hafen", sagte der FDP-Landeschef: "Zum Beispiel eine gemeinsame Sedimentstrategie von Bund und Ländern und das Ende der Kreislaufbaggerei."

Auch den weiteren Ausbau der Wasserstoffwirtschaft, das "klare Bekenntnis" für Freihandel und die Stärkung der Start-up-Szene bewertete Kruse als "Meilensteine" für Hamburg. "Als Freie Demokraten sind wir der Anker der Mitte in dieser Koalition", so Kruse.

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Andere Hamburger FDP-Größen wie die einzige liberale Bürgerschaftsabgeordnete Anna von Treuenfels-Frowein, Ex-MdHB Robert Bläsing oder die ehemalige Bürgerschafts- und Bundestagsabgeordnete Katja Suding hielten sich mit öffentlichen Beurteilungen vorerst zurück.

CDU

Die neue Oppositionspartei CDU ließ in Hamburg in erster Linie Christoph Ploß für sich sprechen. Der Landeschef nannte den Koalitionsvertrag "ein Potpourri aus Vorschlägen vom linken Wunschzettel". Eine "liberale und bürgerliche Handschrift" lasse sich seiner Ansicht nach "leider kaum erkennen".

Konkret führte Ploß eine fehlende Begrenzung der Abgabenlast, weitere Eingriffe in den Wohnungsmarkt sowie ausbleibende Reformen zur "generationengerechten Sicherung unserer Sozialsysteme" an.

"Es drängt sich der Eindruck auf, dass bestimmte Ministerien und Posten für die FDP wichtiger waren, als Wahlversprechen umzusetzen", schloss der Spitzenkandidat der Hamburger Christdemokraten bei der vergangenen Bundestagswahl.

Bürgerschaftsfraktionschef Dennis Thering hielt sich mit einer öffentlichen Stellungnahme zunächst zurück. Dafür ließ Tim Schmuckall, stellvertretender Vorsitzender der CDU-Fraktion in der Bezirksversammlung Altona, seinen Hund via Twitter stellvertretend fragen: "Und welches Ministerium bekomme ich?" Die Antwort eines Users: "Keins. Dich braucht doch die Hundelskammer."

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DIE LINKE

Hamburgs Linke sehen in der neuen Regierung "eine Koalition der Besserverdienenden". "Wer erwartet hat, dass es mit einer SPD-geführten Regierung irgendwie sozialer wird, hat sich getäuscht", teilte die Partei mit.

Sprecherin Zaklin Nastic anerkannte zwar "sinnvolle Punkte" wie die jeweils "überfällige" Erhöhung des Mindestlohns sowie Investitionen in den Klimaschutz und die "marode" Infrastruktur, stellte aber gleichzeitig die Frage: "Wie sollen die eigentlich alle bezahlt werden?"

Die Schuldenbremse bleibe "fest angezogen", eine Vermögenssteuer und eine Vermögensabgabe seien ausgeschlossen worden. Nastic: "Es liegt auf der Hand: Die FDP hat diese Regierung für vier Jahre in Ketten gelegt – diese Ampel blinkt gelb."

AFD

Die AfD Hamburg nahm in dem Ampel-Papier vor allem die Migrationspolitik ins Visier. "Kaum sind Rote und Grüne an der Macht, verteilen sie deutsche Pässe wie Bonbons", sagte Bürgerschaftsfraktionschef Dirk Nockemann. "Einbürgerungen werden massiv vereinfacht und beschleunigt, Abschiebungen noch weiter erschwert."

Das Wahlrecht ab 16 nannte Nockemann "abenteuerlich", der avisierte Kohleausstieg bis 2030 gefährde seiner Ansicht nach "eine sichere und verlässliche Energieversorgung" und die Finanzierung von Klimaschutzprojekten stehe in den Sternen. "Personell ist es ein Kabinett des Grauens", so Nockemann. "Mit Rot-Grün-Gelb fährt unser Staat und unser Land noch schneller gegen die Wand."

BUND

Der Hamburger Landesverband des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) sieht indes auch den rot-grünen Senat in der Pflicht, in der Hansestadt die Themen aus dem Koalitionsvertrag anzugehen. Darunter falle vor allem ein Moratorium für den Autobahnbau in und um Hamburg.

Angesichts der Absicht der Koalitionäre, einen Dialogprozess zu den Prioritäten des Bundesverkehrswegeplans zu starten, dürften jetzt keine Fakten geschaffen werden. „Wenn bei der A26, der A1 und der A20 jetzt weitergeplant oder mit dem Bau begonnen wird, läuft der Dialogprozess ins Leere“, sagte Christiane Blömeke, Vorsitzende des BUND Hamburg.

Dabei sehe sie insbesondere Verkehrssenator Anjes Tjarks (Grüne) in der Pflicht, der die Verantwortung für die naturzerstörenden Planungen mehrfach öffentlich auf die Bundesebene geschoben habe.

Die Besteuerung von Dienstwagen nur am Stromanteil zu bemessen und nicht am tatsächlichen Energieverbrauch, nannte Blömeke ferner „absurd“. Dies leiste dem Bau von immer größeren, schnelleren und energiefressenderen Autos Vorschub.

Kritik an Immobilienstrategie

Im Bereich "Bauen und Wohnen" übernehme die Ampel-Regierung vor allem die Strategie „Bauen, bauen, bauen“, die bereits in Hamburg nicht funktioniere. „Mit dem Neubau von 400.000 Wohnungen pro Jahr wird dem Flächenverbrauch und dem Naturverlust Tür und Tor geöffnet, während eine Entspannung des Wohnungsmarktes nicht in Sicht ist“ so Blömeke.

Der BUND begrüßt die Absicht, eine Nationale Hafenstrategie zu entwickeln und die enge Zusammenarbeit der deutschen Häfen zu fördern. Dies böte die Chance, den Druck auf das Elbe-Ästuar zu verringern und die Elbe endlich als bedeutendes Gewässerökosystem wahrzunehmen und nicht nur als Schifffahrtsstraße.