Hamburg. Anwälte weisen Vorwürfe in der Cum-Ex-Affäre zurück – und fordern Ermittlungen im Fall HSH Nordbank. PUA-Vorsitzender befangen?
Immer wieder haben sich die Warburg-Bank und ihre Haupteigentümer gegen die aus ihrer Sicht unfaire Behandlung und „Vorverurteilung“ in der Cum-Ex-Affäre beschwert. Jetzt haben die Anwälte der Bank im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss (PUA) der Bürgerschaft schweres Geschütz aufgefahren: Sowohl die Bank als auch ihre Hauptgesellschafter Christian Olearius und Max Warburg hätten Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht gegen die Urteile des Landgerichts Bonn aus 2020 und des Bundesgerichtshofs (BGH) vom Juli 2021 eingereicht, teilte Olearius’ Rechtsbeistand Peter Gauweiler am Freitag mit.
BGH: Cum-Ex-Geschäfte der Warburg-Bank waren strafbar
Der BGH hatte in seinem Urteil bestätigt, dass die Cum-Ex-Geschäfte der Bank strafbar waren und die dadurch erlangten Gewinne eingezogen werden müssen. Die Bank hatte das Geld – inklusive Zinsen rund 170 Millionen Euro – allerdings bereits zurückgezahlt. Gauweiler argumentierte nun mit der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), die eine Unschuldsvermutung enthalte: Insbesondere in Bezug auf Christian Olearius enthielte das Urteil aber Festlegungen zu dessen angeblicher strafrechtlicher Schuld, „ohne dass dem ein gegen ihn geführtes, mit rechtsstaatlichen Verfahrensgarantien ausgestattetes Strafverfahren jemals vorausgegangen wäre“, so Gauweiler. Die Bank beantrage darüber hinaus, das BGH-Urteil aufzuheben – inklusive der „Einziehung von Taterträgen aus den Jahren 2007 bis 2009“. Mit anderen Worten: Warburg will das Geld zurückhaben.
Gauweiler forderte den PUA zudem eindringlich auf, auch die Cum-Ex-Geschäfte der damaligen HSH Nordbank zu untersuchen. Er erinnerte an die Aussage der damaligen Leiterin der Steuerverwaltung im PUA, dass man sich 2016 nicht so intensiv um Warburg habe kümmern können. Im Übrigen laute der Auftrag des PUA unter anderem, dem „grundsätzlichen Vorgehen des Senats in sogenannten Cum-Ex-Fällen“ nachzugehen, so Gauweiler.
Cum-Ex: Schaden sei in anderen Fällen höher gewesen
Der ehemalige CSU-Politiker trug noch etliche weitere Forderungen vor – unter anderem den Antrag, den früheren Direktor des Bundesfinanzministeriums, Michael Sell, vorzuladen und zu hinterfragen, warum er Hamburg letztlich angewiesen habe, die Steuern von Warburg zurückzufordern, aber in keinem anderen Fall tätig geworden sei. Und das, obwohl der Schaden in anderen Fällen ungleich höher gewesen sei – allein bei der staatlichen West LB habe er bei mindestens einer Milliarde Euro gelegen.
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Der Ausschuss untersucht in erster Linie, warum die Finanzbehörden 2016 und 2017 darauf verzichtet hatten oder darauf verzichten wollten, rund 90 Millionen Euro an Steuern aus vermeintlichen Cum-ex-Geschäften von Warburg zurückzufordern und ob der damalige Bürgermeister Olaf Scholz und/oder sein Finanzsenator Peter Tschentscher (beide SPD) darauf Einfluss genommen haben. Beide Politiker haben dies stets bestritten. Auch alle im Ausschuss befragten Mitarbeiter der Finanzbehörden hatten das zurückgewiesen.
Am Freitag bestätigte allerdings eine Mitarbeiterin des Finanzamts für Großunternehmen, was schon ihr ehemaliger Kollege kürzlich ausgesagt hatte: dass sie als Betriebsprüfer die Steuern 2016 sehr wohl zurückfordern wollten, sich aber intern nicht durchsetzen konnten. Ihr Eindruck sei gewesen, dass die Rückforderung „nicht gewollt“ gewesen sei.
Olearius wird sich nur schriftlich äußern. Seine Einlassungen sollen am 17. Dezember vorgetragen werden.
PUA erörtert Befangenheit von Leiter Petersen
Unterdessen beriet der PUA am Freitag auch über einen möglichen Ausschluss seines Vorsitzenden Mathias Petersen. Hintergrund ist die Annahme von Spenden von der Warburg Bank oder aus ihrem Umfeld durch den geschäftsführenden SPD-Landesvorstand, dem Petersen 2017 ebenso angehörte wie der SPD-Obmann im Ausschuss, Milan Pein.
Die AfD hatte die Debatte über eine mögliche Befangenheit der SPD-Vertreter beantragt und sich einen weiteren Antrag auf deren Ausschluss vorbehalten. In der Erörterung forderten auch die Vertreter von CDU und Linken von der SPD, in dieser Frage im Ausschuss für Transparenz zu sorgen.
Seitens der Sozialdemokraten wurde die Forderung zurückgewiesen. Die Parteispenden seien nicht von dem Untersuchungsauftrag des Ausschusses gedeckt, sagte die Abgeordnete Britta Schlage, die während der Erörterung den Ausschussvorsitz für Petersen übernommen hatte. Eine Nachschärfung des Antrags könne nur über einen Beschluss der Bürgerschaft erfolgen.
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Für die Linke kündigte Norbert Hackbusch an, „dass wir diese Nachschärfung beantragen werden.“ Aus heutiger Sicht sei klar, dass die Spenden keineswegs unbedenklich waren, sondern im Kontext der Warburg-Affäre flossen, so Hackbusch weiter.
"Die SPD muss jetzt darlegen, welche Spenden sie von Unternehmen der Warburg Gruppe erhalten hat, wer an der Entscheidung der Annahme beteiligt war, wieso es zu dieser Erklärung 'unbedenklich' gekommen ist, was die SPD Hamburg von dieser Erklärung hält und was mit diesen Geldern geschehen ist." Auch CDU-Obmann Götz Wiese schloss einen Antrag in der Bürgerschaft nicht aus.