Hamburg. AfD befürwortet das Ende des Lockdowns für den Mittelstand. Das brachte andere Abgeordnete auf die Palme.

Während Bund und Länder am Mittwoch über die Verlängerung der Corona-Beschränkungen berieten, debattierte parallel auch die Hamburger Bürgerschaft über das Thema – allerdings mit einem anderen Zungenschlag. „Mittelstand am Boden – Lockdown beenden!“, lautete die Forderung, die die AfD-Fraktion für die Aktuelle Stunde angemeldet hatte – und mit der sie recht allein stand.

„Dieser Lockdown kostet Woche für Woche 3,5 Milliarden Euro“, kritisierte AfD-Fraktionschef Dirk Nockemann. Er treibe Handel und Gewerbe immer tiefer in die Pleite, zerstöre Familien, beschere Kindern Psychosen und treibe die Staatsschulden in exorbitante Höhen. Was genau die AfD nun unternehmen will, blieb etwas unklar.

Grüne wirft AfD politische Verantwortungslosigkeit vor

Hamburg solle sich einem Stufenplan zum Ausstieg aus dem Lockdown anschließen, wie Schleswig-Holstein oder Niedersachsen sie vorgelegt hätten, sagte Nockemann einerseits, forderte andererseits aber auch „die umgehende Öffnung von Restaurants, Geschäften, Frisören, Massagepraxen und so weiter, natürlich unter Beachtung von Hygienekonzepten“.

Diese Forderung ging weit über die Stufenpläne anderer Länder hinaus. Aus allen anderen Fraktionen gab es daher Widerspruch. „Was wollen Sie damit bezwecken?“, fragte Ksenja Bekeris (SPD). „Damit zeigen Sie mal wieder Ihre politische Verantwortungslosigkeit.“ Angesichts von mehr als 1000 Corona-Toten in Hamburg und immer noch hohen Infektionszahlen gehe es nach wie vor darum, Menschenleben zu schützen und das Virus zurückzudrängen. Supermärkte und den ÖPNV geöffnet zu halten, sei in Ordnung, so Bekeris. „Aber alles, was optional ist, muss erst einmal noch geschlossen bleiben.“

Lesen Sie auch:

Götz Wiese (CDU) betonte, dass nicht nur seine Partei, sondern auch „viele andere hier im Saal“ alles daran setzen würden, die Firmen gut durch die Krise zu bringen. Hamburgs Wirtschaft brauche aber auch eine Perspektive: „Es geht um klare Regeln dafür, was unter welchen Voraussetzungen wieder möglich sein wird.“ Gleichzeitig warnte er aber indirekt vor übereilten Lockerungen: „Jojo-Effekte und immer neue Lockdowns wären verheerend – wirtschaftlich, gesellschaftlich und sozial."

Linke bescheinigt AfD Probleme erkannt zu haben

David Stoop (Linke) bescheinigte der AfD, das Probleme zwar erkannt, sich bei der Lösung aber verrannt zu haben: Angesichts noch ansteckender Virus-Mutationen sei ein sofortiges Ende des Lockdowns keine Lösung. Anna von Treuenfels-Frowein (FDP) forderte, wenigstens über Öffnungsperspektiven zu debattieren und verwies auf den Sieben-Punkte-Plan ihrer Partei.

CDU: Viele Gewerbetreibende noch keine Hilfen bekommen

Der CDU-Politiker David Erkalp wies darauf hin, dass unzählige Gewerbetreibende, Selbstständige und Firmen gibt, die noch keine wirtschaftlichen Hilfen bekommen haben. Als Beispiel nannte er ein Einzelhandelsgeschäft, das nur 90 Prozent der Fixkosten erhält. "Für private Kosten gibt es jedoch keinen Cent."

Erkalp schlägt eine "Überbrückungshilfe zur Überbrückungshilfe" nach dem Modell Mecklenburg-Vorpommerns vor. Die Stadt solle "Geld in die Hand nehmen" und den besonders von den Einschränkungen Betroffenen "Geld in die Hand geben".

Treuenfels-Frowein: Perspektiven für Öffnung schaffen

"Hamburgs Händler und Dienstleister brauchen jetzt endlich einen Perspektivplan für baldige Wiedereröffnungen", sagte die FDP-Frau Anna von Treuenfels-Frowein. Rot-Grün dürfe das angesichts deutlich sinkender Inzidenz nicht einfach aus Sorge vor Virusmutationen ausschließen.

"Die FDP hat in Berlin einen Sieben-Punkte-Plan vorgelegt, der eine gute Grundlage dafür bildet, um mit der Inzidenz und weiteren Kriterien wie etwa Fallzahlen pro Woche oder Krankenhausauslastung Öffnungen nach und nach zu ermöglichen", sagte sie. Bis das greife, müsse Rot-Grün besonders Handel und Mittelstand viel aktiver unterstützen, etwa durch Zwischenfinanzierung ausbleibender Dezemberhilfen des Bundes, wie es etwa in Mecklenburg-Vorpommern passiert.

"Zum Mitschreiben, liebe AfD: Es geht um Menschenleben."

"Alle außer Ihnen erkennen an, dass wir es mit einer Naturkatastrophe zu tun haben", sagte der Grünen-Abgeordnete Dominik Lorenzen Richtung AfD, gegen die er kräftig austeilte. "Zum Mitschreiben, liebe AfD: Es geht um Menschenleben." Menschen vor Corona zu schützen und gleichzeitig soziale und wirtschaftliche Folgen zu mildern – das versuche die rot-grüne Politik jeden Tag, so Lorenzen.

Seine Fraktionskollegin Andrea Nunne sagte: "Sie von der AfD verharmlosen nicht nur die Corona-Pandemie, sondern auch den Klimawandel."

Die wichtigsten Corona-Themen im Überblick