Hamburg. Koalition will am 30. September Antrag „Konsequent gegen Spekulation mit Grund und Boden“ in Bürgerschaft einreichen.
Vier Wochen ist es erst her, dass das Holsten-Areal in Altona Schlagzeilen machte. Nachdem das 2016 von der Brauerei verkaufte Gelände zum x-ten mal den Besitzer gewechselt hatte und noch keine der vom ersten Investor – der Düsseldorfer Gerchgroup – angekündigten 7500 Wohnungen auch nur in Sicht war, platzte Dirk Kienscherf der Kragen: „Solche Unternehmen brauchen wir nicht in Hamburg“, schimpfte der SPD-Fraktionschef im Gespräch mit dem Abendblatt. „Wir müssen sie aktiv bekämpfen.“ Seine Forderung: „Es muss eine Art Bündnis gegen Spekulanten geben.“
Einen Monat später hat die rot-grüne Koalition ihren Ärger in einen Antrag gegossen: „Konsequent gegen Spekulation mit Grund und Boden“, ist das Papier überschrieben, das am 30. September die Bürgerschaft erreichen soll. Darin wird der Senat aufgefordert, ein ganzes Bündel an Maßnahmen zu ergreifen oder zu prüfen.
Vorkaufsrecht soll Immobilien-Spekulanten abschrecken
Einige Instrumente werden bereits angewendet und sollen nun ausgebaut werden – etwa das Vorkaufsrecht. Diese Möglichkeit, als Stadt Immobilien zu erwerben, weil sich ein privater Käufer zum Beispiel nicht an soziale Vorgaben wie das Verbot der Luxussanierung halten will, hatte der Senat zuletzt mehrfach und sehr demonstrativ genutzt – etwa auf St. Pauli oder im Schanzenviertel.
Nun soll das Instrument noch verschärft und etwa geprüft werden, ob es auch bei Share Deals genutzt werden kann. Dabei werden nicht Grundstücke oder Immobilien verkauft, sondern diese zunächst in eine Firma überführt und dann deren Anteile (Shares) veräußert – was nicht nur undurchsichtig ist, sondern für die öffentliche Hand die unschöne Nebenwirkung hat, dass die Grunderwerbsteuer entfällt.
Zweitens setzt Rot-Grün auf die geplante Grundsteuer C: Sie soll im Zuge der Grundsteuer-Reform auf baureife Grundstücke fällig werden, die der Eigentümer brach liegen lässt. Drittens will man die Einführung von „Baugeboten“ prüfen, mit denen Investoren gezwungen werden können, eine Baugenehmigung innerhalb einer bestimmten Frist auch zu nutzen.
Rot-Grün will alle Register gegen Spekulanten ziehen
Es gebe nicht die eine Keule, mit der man Spekulation ein für allemal unterbinden könne, räumte Grünen-Fraktionschef Dominik Lorenzen ein. Aber man werde alle Register ziehen: „Bodenspekulation ist ein Grundübel in der Stadtentwicklung“, sagte Lorenzen. „Fälle wie das Holsten-Quartier oder das Bahrenfelder Dreieck, wo über Jahre nicht gebaut und das Grundstück mehrfach weiterverkauft wurde, dürfen nicht wieder passieren. Wir wollen mit diesem Antrag ein deutliches Signal in die Stadt senden, dass mit solchen Spekulationen Schluss ist.“ Vorkaufsrechte und Baufristen gehörten zu den möglichen Instrumenten: „Und wir werden sie nutzen.“
Auch SPD-Fraktionschef Kienscherf betonte, dass man sich eine Signalwirkung erhoffe: „Wer den sozialen Frieden in unserer Stadt durch Bodenspekulation aufs Spiel setzen will, ist in Hamburg nicht willkommen“, lautete seine Botschaft. Unternehmen, die meinten, sie könnten in Hamburg große Wohnungsbestände aufkaufen, nur um damit Profite zu erzielen, sollten sich keine Hoffnung auf Unterstützung durch die Stadt machen. Denn die Handlungsmaxime des Senats sei schon seit Jahren, bezahlbares Wohnen zu ermöglichen, so Kienscherf.
10.000 neue Wohnungen im Jahr in Hamburg
Daher sorge man für 10.000 neue Wohnungen im Jahr, nutze Konzeptausschreibungen, städtebauliche Verträge und vermehrt auch das Erbbaurecht. Mittlerweile würden zudem 300.000 Hamburger in Gebieten mit einer sozialen Erhaltungsverordnung leben – die schon mehrfach die rechtliche Grundlage für die Nutzung des Vorkaufsrechts war.
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Bei ihrer Attacke auf Spekulanten ist Rot-Grün wichtig, die Partner aus dem erfolgreichen Bündnis für das Wohnen an der Seite zu haben. „Mit den vielen vorbildlichen privaten und städtischen Bestandshaltern sowie Projektentwicklern, die am Gemeinwohl orientiert sind, wollen wir auch weiterhin zusammenarbeiten“, sagte Kienscherf. Auch Lorenzen betonte, dass „den gemeinschaftlichen Weg mit der Wohnungswirtschaft weitergehen“ wolle.