Hamburg. Bürgermeister gibt vor Bürgerschaftssitzung Regierungserklärung ab. CDU kritisiert: Senat hat in der Krise die Spielregeln geändert.

Zum zweiten Mal innerhalb von drei Wochen hat Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) eine Regierungserklärung zur Coronapandemie vor der Bürgerschaft abgegeben. Stand Anfang April die Einschwörung auf die erheblichen Einschränkungen im Mittelpunkt seiner Rede, so gab sich Tschentscher jetzt vorsichtig optimistisch.

„Hamburg hält der Coronapandemie stand“, sagte Tschentscher zu Beginn der Bürgerschaftssitzung, die wegen des Gesundheitsschutzes erneut mit nur gut der Hälfte der 123 Abgeordneten im Großen Festsaal stattfand. Tschentscher verwies auf die Aussage des Robert-Koch-Instituts, wonach es aufgrund der ergriffenen Maßnahmen in Deutschland gelungen sei, die sehr schnelle Ausbreitung des Virus zu stoppen.

Seit mehr als zwei Wochen ist die Zahl der Erkrankten rückläufig

„In Hamburg geht die Zahl der Erkrankten seit dem 6. April zurück. Es erholen sich mehr Menschen von dem Virus, als neue Infektionen hinzukommen“, sagte der Bürgermeister. Auch die Zahl der Intensivpatienten sei stabil. „Das ist ein großer Erfolg, den wir gemeinsam erreicht haben“, sagte Tschentscher, der erneut die Besonnenheit der Hamburger lobte und sich bei Ärzten, Pflegern und „allen, die dafür sorgen, dass unsere Stadt funktioniert“, bedankte. Jetzt gehe es darum, erste Schritte wieder in Richtung eines normalen öffentlichen Lebens in den Bereichen Kita, Schule und Einzelhandel zu gehen.

„Der Spielraum für eine Lockerung der Kontaktbeschränkung ist derzeit aber noch gering“, warnte der SPD-Politiker. Das Robert-Koch-Institut stufe die Gefährdung der Bevölkerung als nach wie vor „hoch“, für Risikogruppen sogar als „sehr hoch“ ein. „Wir bewegen uns also auf dünnem Eis und müssen vorsichtig sein, den Erfolg unserer Strategie nicht zu gefährden.“

CDU warnt vor Leichtsinn bei Lockerungen

Weitere Schritte werde es frühestens nach den Beratungen der Ministerpräsidenten der Länder mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) am 30. April geben. Tschentscher deutete an, dass sich das auf den Sport, den Zugang zu Kultur, die Nutzung von Spielplätzen und die Gottesdienste beziehen könnte. Kehrseite der Lockerungen müsse ein wirksamer Schutz jedes Einzelnen vor einer Infektion sein. „Deshalb soll von Montag an das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes im öffentlichen Nahverkehr und beim Einkaufen verbindlich sein“, wiederholte Tschentscher den Beschluss des rot-grünen Senats vom Dienstag.

Während Tschentscher das „große Einvernehmen“ zwischen Senat und den Fraktionen der Bürgerschaft in der Coronakrise betonte, zeigten sich in der anschließenden Debatte erste Risse. Zwar bekräftigte CDU-Fraktionschef Dennis Thering, Hamburg müsse sich in Geduld üben, solange es keinen Impfstoff gebe. „Es ist jetzt nicht die Zeit für Leichtsinn, sondern für Vorsicht und Bedacht.“

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Kritik an Vorgehen von Katharina Fegebank

Allerdings sei es bedenklich, dass der rot-grüne Senat zuletzt „die Spielregeln geändert“ habe, so Thering. „Während unser Bürgermeister Peter Tschentscher deutschlandweit sehr richtig und sehr vernünftig abgestimmte Maßnahmen anmahnt, stimmt sich die Zweite Bürgermeisterin nicht einmal mit dem Ersten Bürgermeister ab. Das hat viele sehr irritiert.“ Damit spielte Thering darauf an, dass Katharina Fegebank (Grüne) schon am 14. April eine Ausstiegsstrategie präsentiert hatte – einen Tag vor einem Gespräch der Länderchefs mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU).

SPD-Fraktionschef Dirk Kienscherf wies Therings Kritik zurück. Der Senat halte daran fest, mit der Bürgerschaft und den Bürgern die Krise zu bewältigen. Grünen-Fraktionschef Anjes Tjarks sagte, Thering sei womöglich „beleidigt“, weil er keine eigenen Vorschläge gemacht habe. Wenn der CDU-Fraktionschef einen „wirklichen Beitrag leisten“ wolle, möge er einmal seinen Parteikollegen Daniel Günther in Schleswig-Holstein anrufen. „Das ist der einzige Ministerpräsident, der in der Krise nicht an Ansehen gewonnen hat. Erst eine Grenze zu Hamburg aufmachen, dann das Chaos bei der Öffnung – da könnten Sie nachhelfen, um es besser zu machen.“

Thering sagte, er begrüße eine Maskenpflicht für Hamburg. Nun müsse der Bürgermeister dafür sorgen, dass alle Hamburger eine Maske bekommen. Thering plädierte dafür, „dass zumindest erste geeignete Spielplätze unter Einhaltung der Abstands- und Hygienevorschriften wieder geöffnet werden“.

Coronavirus: Verhaltensregeln und Empfehlungen der Gesundheitsbehörde

  • Reduzieren Sie Kontakte auf ein notwendiges Minimum, und halten Sie mindestens 1,50 Meter Abstand zu anderen Personen
  • Achten Sie auf eine korrekte Hust- und Niesetikette (ins Taschentuch oder in die Armbeuge)
  • Waschen Sie sich regelmäßig die Hände gründlich mit Wasser und Seife
  • Vermeiden Sie das Berühren von Augen, Nase und Mund
  • Wenn Sie persönlichen Kontakt zu einer Person hatten, bei der das Coronavirus im Labor nachgewiesen wurde, sollten Sie sich unverzüglich und unabhängig von Symptomen an Ihr zuständiges Gesundheitsamt wenden

Wohnungsgesellschaft Saga soll auf Mieterhöhungen verzichten

Linken-Politiker Deniz Celik forderte, der Senat müsse auch einkommensschwache und Not leidende Bürger unterstützen. Die städtische Wohnungsgesellschaft Saga solle in diesem Jahr auf Mieterhöhungen verzichten, das Kurzarbeitergeld solle auf 90 Prozent aufgestockt, Obdachlose sollten für die Zeit der Pandemie in leer stehenden Hotels untergebracht werden.

AfD-Fraktionschef Dirk Nockemann erklärte, die Wirtschaft sei bedroht von einem „Pleitevirus“. Nicht nur Geschäfte, sondern auch Restaurants und Cafés müssten wieder geöffnet werden.

Nach Ansicht der FDP-Abgeordneten Anna von Treuenfels-Frowein sind das Verbot von Gottesdiensten, die Schließung der Außengastronomie und von Geschäften mit mehr als 800 Qua­dratmetern Fläche inzwischen nicht mehr das „mildeste Mittel“ zum Coronaschutz. Das seien vielmehr eine Maskenpflicht und das Abstandsgebot.

Coronavirus: Viel weniger Neuinfizierte in Hamburg

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