Hamburg. Umweltschützer wollen Ausbau vor Gericht stoppen. Airport-Chef Michael Eggenschwiler: “Wir haben gültige Genehmigungen.“

Schon Mitte Dezember hatte Manfred Braasch für Aufsehen gesorgt. Der Landesgeschäftsführer des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) forderte den sofortigen Ausbaustopp des Hamburger Flughafens und den Rücktritt von Airport-Chef Michael Eggenschwiler. Die Begründung: Die Ausbaupläne seien rechtlich nicht haltbar und die Öffentlichkeit werde nur unzureichend über sie informiert. Am Montag legte der Umweltverband nach und reichte vor dem Hamburgischen Oberverwaltungsgericht Klage gegen den Ausbau ein.

Im Kern gehe es um den geplanten Interimsterminal, sagte Braasch dem Abendblatt. Der Flughafen will Ende dieses Jahres auf dem Vorfeld 2 ein Gebäude in Betrieb nehmen, dessen Nutzung mit „zunächst 15 Jahren“ veranschlagt ist. Passagiere sollen mit einem regelmäßig verkehrenden Busshuttle zu dem Gebäude gefahren werden und von dort zu Fuß zu den Flugzeugen gehen. Der Flughafen beruft sich dabei auf einen Planfeststellungsbeschluss aus den Jahren 1997/1998 – und das stößt bei den Umweltschützern auf Unverständnis.

„Ein 20 Jahre alter Planfeststellungsbeschluss entspricht nicht mehr dem aktuellen Stand“, sagte Braasch. Zum Beispiel werde das Thema Lärm heute ganz anders beurteilt als damals und Umweltauflagen seien höher geworden. Die im Antrag in diesem Zusammenhang genannte Zahl von 11,5 Millionen Passagieren sei längst überschritten worden. Im vergangenen Jahr nutzten 17,23 Millionen Menschen den Helmut-Schmidt-Flughafen. Das waren 2,2 Prozent weniger als im Vorjahr, teilte der Airport am Montag mit.

Flughafen rechnet im Jahr 2035 mit 26 Mio. Passagieren

Neben dem Interimsterminal ist der Ausbau der Pier Süd geplant. Ab dem Jahr 2020 sollen auf dem Gelände des ehemaligen Frachthofs fünf neue Fluggastbrücken entstehen. Die Zahl der Gates soll bis Mitte der 2020er-Jahre von 34 auf 54 steigen. „Der Flughafen Hamburg baut zu viel Infrastruktur auf“, hatte Ralf Teckentrup moniert, Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Fluggesellschaften (BDF).

Im Hintergrund tobt ein Streit zwischen Airport und Fluglinien, die die zusammen rund 190 Millionen Euro schweren Investitionen über höhere Gebühren bezahlen sollen. Aus Verhandlungskreisen hatte das Abendblatt erfahren, das der Flughafen im Jahr 2035 mit 26 Millionen Passagieren rechnet. Indirekt bestätigte der Airport diese Zahl.

Braasch kritisierte, dass die Kapazitätserweiterungen und Ausbaupläne Stück für Stück bekannt würden, sprach von einer Salamitaktik und einem massiven Verfahrensfehler. „Über verschiedene Genehmigungen soll unterhalb des Radars der Öffentlichkeit eine massive Kapazitätserweiterung am Flughafen durchgesetzt werden“, sagte der BUND-Landesgeschäftsführer.

BUND: "Blamabel für Hamburg, dass erst geklagt werden muss"

Die Verantwortlichen würden behaupten, dass lediglich der Komfort für die Passagiere verbessert werden solle. „Mit diesen Nebelkerzen muss jetzt Schluss sein“, so Braasch. Er forderte ein transparentes Verfahren, bei dem die Öffentlichkeit beteiligt und die Auswirkungen auf die Umwelt umfassend geprüft werden. „Es ist einmal mehr blamabel für Hamburg, dass dies erst eingeklagt werden muss.“

Die Wirtschaftsbehörde als zuständige Aufsichtsinstanz wollte sich nicht äußern, weil die Klageschrift nicht vorliege. Flughafen-Chef Eggenschwiler wehrte sich gegen die Kritik: „Es ist selbstverständlich, dass wir uns als Flughafen an geltendes Recht und sämtliche rechtlichen Vorgaben halten. Und natürlich haben wir gültige Genehmigungen für Baumaßnahmen.“

Man entwickele die Infrastruktur stets bedarfsgerecht. Sämtliche Maßnahmen seien der Öffentlichkeit seit Langem bekannt. Der Flughafen betonte zuletzt, dass die Zahl der Parkpositionen für Flugzeuge durch die Ausbauvorhaben nur von 53 auf 56 steigen werde. Für die Zukunft rechnete er nach früheren Angaben mit einem Zuwachs bei Starts und Landungen um 0,5 Prozent jährlich. 2018 waren es 156.400 Flugbewegungen – 2,1 Prozent weniger als im Vorjahr.

Die Bürgerinitiativen für Fluglärmschutz (BAW) sprachen dennoch von einem „Malusjahr“. Die Zahl der Starts und Landungen zwischen 23 und 0 Uhr – der Verlängerungsstunde bei unvermeidbaren Verspätungen – lag laut BAW bei 1191. Das seien 131 Flugbewegungen mehr gewesen als im Vorjahr.