Hamburg. Bisher mussten Logopäden, Physio- und Ergofachkräfte die Schulen selbst finanzieren. Jetzt zahlt die Stadt.
Nun also doch: SPD und Grüne in Hamburg bewegen sich beim Thema Therapeutenausbildung. Vom kommenden Schuljahr an sollen Physio- und Ergotherapeuten sowie Logopäden ihre eigene Ausbildung auch in Hamburg nicht mehr teuer selbst bezahlen müssen. Bisher mussten die Nachwuchsbehandler teilweise insgesamt mehr als 15.000 Euro an die Schulen zahlen.
Zwar hatte die Große Koalition angekündigt, dies durch eine bundeseinheitliche Regelung ändern zu wollen. Da sich bisher aber kaum etwas in der Sache tat, hatten Hamburgs Nachbarländer Schleswig-Holstein und Niedersachsen Regelungen erlassen, nach denen die Ausbildungskosten von den Ländern getragen werden. Andernfalls drohe eine Therapeutenmangel.
Senat gibt dem Druck nach
Die CDU und Vertreter der Therapeuten hatten Hamburgs Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks (SPD) immer wieder aufgefordert, auch in Hamburg eine solche Regelung zu finden. Diese aber hatte die Forderungen bisher stets zurückgewiesen – und auf den Bund verwiesen.
Nun aber hat die SPD-Politikerin dem Druck offenbar doch nachgegeben – zumal dieser jetzt auch aus den eigenen Reihen kam. Die Fraktionen von SPD und Grünen haben nämlich einen Antrag für eine der nächsten Bürgerschaftssitzungen vorgelegt, wonach es auch in Hamburg eine Regelung auf Landesebene geben soll.
Prüfer-Storcks: Bund ist jetzt am Zug
Zwar wolle man sich „nachdrücklich dafür einsetzen, dass die auf Bundesebene im Koalitionsvertrag vereinbarte Abschaffung des Schulgeldes für die Gesundheitsfachberufe zügig vorgelegt und umgesetzt wird“, heißt es in dem Antrag, der dem Abendblatt vorliegt. Auch sollten „Gespräche mit Krankenkassen, Ausbildungsträgern und Krankenhausträgern“ geführt werden, „um möglichst viele Ausbildungsplätze an Hamburger Plankrankenhäuser anzubinden, um dadurch Schulgeldfreiheit herzustellen“.
Falls all dies aber bis Ende Mai 2019 keine Lösung erwarten lasse, solle der Senat „zum Schuljahresbeginn 2019 eine auf zwei Jahre befristete Landesförderung von Ausbildungsplätzen der Ergotherapie, Logopädie und Physiotherapie vorlegen“, so der Antrag. „Diese Förderung kommt nicht für Schulen infrage, die freiwillig auf eine Finanzierung nach dem Krankenhausgesetz verzichtet haben und soll maximal die heute an privaten Schulen vorhandenen Plätze umfassen.“
Angesichts dieser Initiative aus dem Parlament beugt sich nun auch die Gesundheitssenatorin. „Wir begrüßen die Initiative der Koalitionsfraktionen und werden im ersten Halbjahr einen Plan zur Schulgeldfreiheit in Hamburg ab dem nächsten Ausbildungsjahr vorlegen“, sagte sie dem Abendblatt. Allerdings sei „zuvorderst der Bund am Zuge, endlich die im Koalitionsvertrag vereinbarte bundeseinheitliche Ausbildungsreform für alle Gesundheitsfachberufe vorzulegen“, so Prüfer-Storcks.
Die Senatorin weiter: „Ich fordere insbesondere die Hamburger CDU-Bundestagsabgeordneten auf, sich in Berlin gegenüber Gesundheitsminister Jens Spahn für eine schnelle Umsetzung der Koalitionsvereinbarungen einzusetzen. Hamburg lässt seine Auszubildenden in diesen Gesundheitsfachberufen aber nicht warten und bereitet übergangsweise eigene Lösungen für die Schulgeldfreiheit ab dem Beginn des kommenden Ausbildungsjahres vor.“
Kundgebung vor dem Rathaus geplant
Zuletzt hatten etwa der Hamburger CDU-Bundestagsabgeordnete Marcus Weinberg und die CDU-Gesundheitspolitikerin Birgit Stöver von Rot-Grün eine schnelle Regelung auf Landesebene gefordert. Andernfalls drohe ein Abwanderung der dringend gebrauchten Nachwuchstherapeuten in die Nachbarländer, in denen die Ausbildung kostenlos wird.
„Wir wollen Bildungsungerechtigkeit und Fachkräftemangel entgegentreten“, begründet SPD-Gesundheitspolitikerin Sylvia Wowretzko den Gesinnungswandel. „Bundesminister Jens Spahn muss jetzt liefern. Doch die 1143 Hamburger Auszubildenden für Ergotherapie, Logopädie oder Physiotherapie brauchen schon jetzt Planungssicherheit.“
Grünen-Gesundheitspolitikerin Christiane Blömeke sagte, hohe Ausbildungskosten und geringer Verdienst hätten „zu spürbarem Fachkräftemangel und langen Wartelisten in Praxen“ geführt. Das „Ausbluten der Branche“ müsse gestoppt werden.
Unterdessen haben die „Aktionsgruppen ‘Therapeuten am Limit’ und die Schülergruppe ‘Therapeuten von Morgen’“ zu einer Kundgebung vor dem Rathaus am 10. Januar um 15.30 Uhr aufgerufen. Neben Schulgeldfreiheit fordern sie bessere Bezahlung. Das Durchschnittsgehalt für Vollzeittherapeuten liege bei nur 2200 Euro brutto, heißt es im Demoaufruf. „Das forciert den Fachkräftemangel zusätzlich.“