Hamburg. Finanzsenator Andreas Dressel plant den Verkauf von insgesamt 62 Gebäuden und Grundstücken. Das sorgt schon jetzt für Kritik.
Hamburg SPD-Finanzsenator Andreas Dressel plant einen der größten Verkäufe städtischer Immobilien der jüngeren Zeit – und stößt damit auf Kritik nicht nur bei der CDU, sondern auch in der eigenen Partei. 62 Grundstücke und Gebäude, die derzeit der Stadt selbst gehören, will er für 73,5 Millionen Euro an die Sprinkenhof GmbH übertragen. Das geht aus einer Mitteilung des Senates an die Bürgerschaft hervor, die dem Abendblatt vorliegt. Die Sprinkenhof ist zwar eine hundertprozentige Tochter der Stadt und verwaltet bereits weite Teile ihrer Gewerbeimmobilien. Sie ist aber durch städtische Vorgaben eindeutig gehalten, Gewinne zu erwirtschaften.
Deswegen fürchten die Kritiker in CDU und SPD durch den Immobilientransfer auf die Sprinkenhof nicht nur deutliche Mietanstiege für die betroffenen Mieter – sondern auch einen Einflussverlust der Stadt. Sollte die Sprinkenhof die Immobilien nämlich weiterverkaufen, müsste dies nicht mehr durch die aus Bürgerschaft und Bezirken besetzten Bodenkommission genehmigt werden. Bisher werden die 62 Grundstücke und Gebäude vom Landesbetrieb Immobilienmanagement und Grundvermögen (LIG) verwaltet.
Saga und Sprinkenhof sollen Gebäude und Grundstücke übernehmen
Betroffen von dem Verkauf sind zahlreiche kulturelle und soziale Einrichtungen in allen Teilen der Stadt. Als Beispiele nennt CDU-Haushaltspolitiker Thilo Kleibauer etwa das Bürgerhaus Lokstedt, Kitas und Begegnungsstätten in Wandsbek, Kultur- und Freizeitzentren und Suchtberatungen in Bergedorf und Harburg. Auf der Liste, die dem Abendblatt vorliegt, stehen auch prominente Immobilien, die von bekannten Gastronomie- oder Kultureinrichtungen genutzt werden, etwa das Schmidt Theater oder das Docks am Spielbudenplatz.
Der Senat begründet die geplante Übertragung mit dem bereits 2015 beschlossenen Programm zur „Optimierung des Immobilienmanagements“ (kurz: OPTIMA). Danach sollen die städtischen Wohnimmobilien grundsätzlich in den Besitz der Saga und die Gewerbeimmobilien an die Sprinkenhof übergehen, da diese die größte Kompetenz bei der Verwaltung der jeweiligen Kategorien besäßen. Ziel sei es dabei auch, einen „Sanierungsstau abzubauen“ und die „Infrastruktur der Stadtteile zu stärken“, sagte Finanzsenator Dressel dem Abendblatt. Mithin: Die Sprinkenhof soll die teils stark sanierungsbedürftigen Gebäude wieder auf Vordermann bringen.
CDU nennt Verkaufspläne des Senats "unsinnige Strategie"
CDU-Haushaltspolitiker Kleibauer dagegen bezeichnet das Vorgehen des rot-grünen Senats als „sehr kurzsichtig und nicht nachhaltig“. Denn so müssten nun „viele Häuser, die in den Stadtteilen als soziale oder kulturelle Treffpunkte enorm wichtig sind“, mit Mieterhöhungen rechnen. „Es kann nicht sein, dass der städtische Einfluss auf die Nutzung hier abnimmt und nur noch die Mietrendite im Vordergrund steht“, so Kleibauer. „Das ist eine äußerst unsinnige Strategie. Für bestehendes Vermögen der Stadt muss Sprinkenhof Kredite aufnehmen, um den Kaufpreis zu zahlen. Das ist fragwürdig und führt zu vielen Folgeproblemen, auf die die Bezirkspolitik zu Recht hinweist. So würden Mieterhöhungen von Sprinkenhof zulasten der knappen Budgets der Bezirke gehen. Auch steigt die Gefahr eines späteren Weiterverkaufs ohne Beteiligung gewählter Gremien.“
Wenn kein Weiterverkauf beabsichtigt sei, stelle sich die Frage, warum die Finanzbehörde jetzt plötzlich mit diesem Immobiliendeal einen Gewinn von fast 28 Millionen Euro für den Haushalt der Stadt erzielen wolle, wie es die Drucksache ausweise, so Kleibauer. „Hier werden Reserven der Stadt verfrühstückt, anstatt ernsthaft Vorsorge für die Sanierung dieser Gebäude zu treffen.“
SPD und Grüne in Wandsbek lehnen "Zentralisierung" ab
Auch in den Bezirken ist man nicht überall glücklich mit dem Vorhaben des SPD-Finanzsenators. So lehnte die Bezirksversammlung Wandsbek bereits im Frühjahr das Vorhaben in einem formalen Beschluss ab – auf Antrag von SPD und Grünen. Die „Zentralisierung“ berge die Gefahr, dass „die politische Steuerungsfähigkeit durch die bezirklichen Gremien weiter geschwächt wird“, heißt es in dem Beschluss. Damit verweigerte ausgerechnet die von ihm selbst geführte SPD Wandsbek Dressel in einem entscheidenden Punkt die Gefolgschaft – und der Finanzsenator musste nachbessern. Nun sollen Modernisierungen, die zu höheren Mieten führen, nur noch im Einvernehmen mit den Nutzern umgesetzt werden können.
„Als Wandsbeker SPD-Bezirksfraktion stehen wir einer Übertragung der gewerblichen Immobilien mit sozialer oder kultureller Nutzung grundsätzlich skeptisch gegenüber“, sagte die Vorsitzende der Wandsbeker SPD-Bezirksfraktion, Anja Quast, dem Abendblatt.
„Wir freuen uns jedoch darüber, dass der Senat nach der Beschlussfassung der Wandsbeker Bezirksversammlung im März dieses Jahres klare Vorgaben für den Fall von Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen gemacht hat, wonach diese nur im Einvernehmen mit den Nutzern stattfinden dürfen. Zudem wurde den Bezirken zugesagt, dass Modernisierungen durch diese eng begleitet würden und die Bezirksverwaltungen mit finanziellen Mitteln ausgestattet würden. Wir werden unseren Senat beim Wort nehmen, damit es zu keinen negativen Auswirkungen auf unsere sozialen und kulturellen Einrichtungen kommt.“
Dressel betont, dass Mieterhöhungen vorerst ausbleiben sollen
Finanzsenator Dressel betonte, dass der Verkauf sicherstelle, „dass die Verantwortung für die Bewirtschaftung von Gebäuden bei denen liegt, die dafür auch die notwendige Expertise haben“. Der Einfluss bleibe auch bei der städtischen Sprinkenhof „voll erhalten“. Es werde „für zuwendungsfinanzierte, gemeinnützige Mieter mit sozialen oder kulturellen Zwecken keine Mieterhöhungen geben, solange die Objekte im bisherigen Zustand bleiben“. Der Haushaltsausschuss hat dem Verkauf zugestimmt, ein Beschluss der Bürgerschaft soll bald folgen.