Hamburg. Kosten und Nutzen schwimmender Pontons an der Binnenalster soll eine Studie im Auftrag des Senats ermitteln.
Erst eher nein, jetzt vielleicht doch: Die Regierungsfraktionen von SPD und Grünen greifen den spektakulären Vorschlag der CDU-Opposition auf, die Innenstadt mit schwimmenden Pontons auf der Binnenalster („Alsterpromenade“) zu beleben.
In einem gemeinsamen Bürgerschaftsantrag, den die Fraktionen am Montagabend beschlossen haben, fordern SPD und Grüne den Senat auf, eine Entwicklungsstudie „zur Weiterentwicklung des Binnenalsterraums“ in Auftrag zu geben. Dabei sollen ausdrücklich auch „Kosten, Nutzen und Auswirkungen der der Öffentlichkeit präsentierten groben Vorschläge einer Gastronomie-Pontonanlage hinsichtlich der Machbarkeit und Verträglichkeit“ geprüft werden.
Pontons an der Binnenalster: ein Vorschlag der CDU
Mitte Juni hatten CDU-Bürgerschaftsfraktionschef André Trepoll und Unions-Wirtschaftspolitiker David Erkalp ihre Ideen zur Belebung dieses Teils der Innenstadt präsentiert, der nach Geschäfts- und Büroschluss sowie am Wochenende ziemlich menschenleer sei. Im Zentrum steht die Idee, auf der Seite des Ballindamms und des Neuen Jungfernstiegs auf ganzer Länge schwimmende Pontons zu verankern, auf denen jeweils fünf bis sieben gastronomische Betriebe laut CDU-Vorschlag für „ein abwechslungsreiches kulinarisches Angebot bis in die späten Abendstunden“ sorgen sollen.
Als zusätzliche Attraktion können sich die Christdemokraten vorstellen, dass während der Sommermonate Wasser- und Lichtspiele auf der Alster veranstaltet werden – ähnlich wie in Planten un Blomen. Die Pontons sollen so breit sein, dass Spaziergänger genug Platz zum Flanieren haben.
„Verantwortungsvoller Umgang“ mit der Innenstadt
SPD und Grüne wollen eine öffentliche Diskussion über die Zukunft der Innenstadt und besonders des Binnenalsterraumes anstoßen. „Die Binnenalster zählt neben dem Hafen zu den bekanntesten Gesichtern Hamburgs. Alle baulichen Entwürfe für die Innenstadt – egal ob nun an Ballindamm, Jungfernstieg oder Reesendamm – müssen deshalb verantwortungsvoll geplant werden“, sagt SPD-Fraktionschef Dirk Kienscherf. Es gehe darum, „die Gesamtqualität unserer Innenstadt zu erhöhen, ohne unser historisches Erbe zu vernachlässigen“.
Das gelte besonders für „gravierende Veränderungen“, die die schwimmenden Pontons darstellen würden. „Die einfache Vorlage von bunten Bildern steht nicht im Einklang mit dem verantwortungsvollen Umgang, der sich für diesen sensiblen Bereich unserer Stadt gehört“, sagt Kienscherf, der die CDU-Vorschläge nach wie vor kritisch sieht. Bei der Vorstellung der CDU-Ideen hatte Kienscherf sogar gesagt, die Binnenalster dürfe nicht zu „einer Ballermann-Promenade verkommen“.
Zeitpunkt des rot-grünen Antrags ist kein Zufall
„Eine Reduzierung der Wasserfläche durch Gastronomie-Pontons sehe ich sehr kritisch, da das ein erheblicher Eingriff in die langjährig gewachsene stadtgestalterische Prägung der Binnenalster wäre“, sagt auch Grünen-Fraktionschef Anjes Tjarks. Den Grünen ist vor allem wichtig, dass der Autoverkehr rund um das Wasserbecken verringert wird. Die Pläne zur Umgestaltung des Ballindamms, die es bereits gibt, sollen jetzt im Rahmen der Entwicklungsstudie mit betrachtet werden. „Wir wollen, dass die Binnenalster ein lebendiger Ort wird“, sagt der Grünen-Fraktionschef.
Dass Rot-Grün gerade jetzt diesen Antrag stellt, ist kein Zufall. Vor wenigen Tagen hatte die CDU bereits einen Bürgerschaftsantrag mit der Forderung nach einer Machbarkeitsstudie für die „Alsterpromenade“ eingereicht und zur Debatte auf der Bürgerschaftssitzung am Mittwoch angemeldet. Rot-Grün wird nun voraussichtlich den Oppositionsantrag ablehnen und den eigenen Zusatzantrag beschließen.
Die Silhouette der Kirchtürme muss erhalten bleiben
Jede bauliche Veränderung dieses Stadtbereichs unterliegt der Binnenalsterverordnung vom 3. Mai 1949, deren Ziel der Erhalt der seit Jahrzehnten gewohnten Silhouette ist. „Bauliche Anlagen an der Binnenalster ... sollen in ihrer Gestaltung auf die Bauwerke Rücksicht nehmen, die diesem für Hamburg typischen Stadtraum das besondere Gepräge geben“, heißt es in Paragraf 1 der Verordnung noch etwas allgemein, die dann aber sehr konkret wird. Das Hauptgesims der Bauten darf maximal 24 Meter über der Straßenhöhe liegen, ein Staffelgeschoss darüber ist zulässig, aber: „Kein Bauteil darf höher als 35 Meter sein.“ Türme, die dem Rathausturm oder den Kirchtürmen Konkurrenz machen könnten, sind verboten. Außerdem ist eine „graue oder kupfergrüne Dachdeckung“ vorgeschrieben. „Die Binnenalster ist quasi der Tempelbezirk Hamburgs“, hatte Oberbaudirektor Franz-Josef Höing schon im Juni gesagt.