Hamburg. Heintze denkt über früheren Merkel-Rückzug aus dem Kanzleramt nach. Was Hamburgs CDU von Merz und Seehofer erwartet.

Der Hamburger CDU-Landesvorsitzende Roland Heintze hat in der Debatte um die Nachfolge von CDU-Chefin Angela Merkel vier Forderungen an die Bewerber gestellt – und eine teilweise Kurskorrektur gefordert. Auch brachte Heintze den Gedanken eines Rücktritts Merkels von der Kanzlerschaft vor Ende der Legislaturperiode ins Spiel.

„Der oder die neue Vorsitzende muss vier Bedingungen erfüllen“, sagte der CDU-Landeshef im Gespräch mit dem Hamburger Abendblatt. „Er muss erstens für eine stärkere Profilierung der CDU sorgen. Zweitens darf er nicht nur der Partei, sondern muss auch den Wählern vermittelbar sein. Drittens muss die Diskussionskultur in der Partei durch die neue Führung neue Impulse bekommen. Und viertens darf er oder sie sich nicht mit Bundeskanzlerin Merkel streiten. Wir brauchen keine Schaukämpfe mehr, wie wir sie von Horst Seehofer erlebt haben. So etwas ist Gift für die Glaubwürdigkeit unserer Partei und der Politik insgesamt.“

Was Merz, Spahn und Kramp-Karrenbauer auszeichnet

Alle drei prominenteren Kandidaten hätten „spezielle Fähigkeiten“, so Heintze. „Friedrich Merz ist ein profilierter Finanz- und Wirtschaftspolitiker und bringt viel Erfahrung aus der Wirtschaft mit. Jens Spahn steht mit 38 Jahren für Aufbruch und Generationswechsel und für die Schärfung des konservativen Profils. Und Annegret Kramp-Karrenbauer bringt auch als ehemalige Ministerpräsidentin sehr viel politische Erfahrung mit.“ Zu den Vorwürfen, Merz sei indirekt für Cum-Ex-Geschäfte von Banken zu Lasten der Steuerzahler verantwortlich, solle dieser bei den Vorstellungsrunden detailliert Stellung nehmen, so Heintze.

Er erwartet eine geräuschlose Zusammenarbeit des neuen Parteivorsitzenden mit Merkel - ohne Gezänk. „Es darf und kann nicht sein, dass wir einen neuen CDU-Vorsitzenden wählen und wir dann wieder eine Personaldebatte haben“, sagte Heintze. Mit Blick auf jüngste unionsinterne Querelen und Sticheleien von CSU-Chef Horst Seehofer Richtung Merkel fügte er hinzu: „Ich glaube aber auch, sie sind alle drei professioneller als Seehofer.“

Merkel-Nachfolge: Kein Mitgliedervotum

Eine Mitgliederentscheidung über den Bundesvorsitz lasse das CDU-Parteistatut nicht zu, sagte Heintze, der im kommenden Jahr für das Europaparlament kandidiert. „Deswegen plädiere ich dafür, dass die Kandidaten sich bundesweit auf Regionalkonferenzen vorstellen, und wir die Entscheidung dann den 1001 Delegierten beim Parteitag überlassen.“

Dort sei sie in guten Händen. „Ich denke, dass wir mit der Wahl des oder der neuen Vorsitzende auch eine Entscheidung über die künftige Kanzlerin oder den neuen Kanzler fällen. Zwar ist das formal nicht zwingend“, sagte der 45-Jährige. „Aber es hat sich bewährt, Parteiführung und Kanzlerschaft in eine Hand zu legen. Dabei sollten wir bleiben.“

Zwar sollte Angela Merkel als Bundeskanzlerin weiterarbeiten, zumal es gerade international viele Themen gebe, die Kontinuität brauchten. Es könne aber auch sinnvoll sein, „den Staffelstab schon vor der Bundestagswahl 2021 an den Nachfolger oder die Nachfolgerin zu übergeben“, so Heintze. „Das hängt entscheidend davon ab, ob derjenige dann bessere Chancen bei der Wahl hat und wer der Spitzenkandidat ist. Wie das genau aussehen kann, müssen wir sehen, wenn sich die Frage stellt. Das tut sie derzeit nicht.“

Um das CDU-Profil zu stärken, sei auch eine Besinnung in der Wirtschaftspolitik nötig. „Wir müssen als CDU wieder klarere ordnungspolitische Positionen beziehen. Es muss deutlich werden, dass wir zuerst einmal die Leistungen des Einzelnen würdigen und fördern, bevor wir über staatliche Leistungen reden“, sagte der CDU-Landeschef. „Das Leistungsprinzip ist für die CDU zentral, das ist zuletzt manchmal etwas untergegangen, das müssen wir wieder ins Zentrum unserer Politik rücken.“

„Grüne werden zu unserem Hauptwettbewerber“

Im Streit über die Flüchtlingspolitik sei es nicht sinnvoll, „immer wieder neu über das Jahr 2015 und die damals praktizierte humanitäre Aufnahme von Flüchtlingen zu debattieren“. Das sei ist rückwärtsgewandt, so Heintze. „Es geht jetzt darum einerseits alles für eine schnelle Integration zu tun – und andererseits diejenigen rasch in ihre Heimat zurückzuschicken, die entweder kein Bleiberecht haben oder die kriminell geworden sind.“

Insgesamt zeigt sich Heintze optimistisch. „Wenn wir den Menschen ein gutes Personalangebot machen, haben wir gute Chancen, viele Wähler von der AfD zurückzugewinnen“, sagt er. „Die AfD hat ja nun auch ihr Feindbild verloren.“ Allerdings entwickelten sich zuletzt „die Grünen zum Hauptwettbewerber der CDU“, so Heintze. „Zum einen besetzen sie immer mehr bürgerliche Themen, indem sie etwa über den Wert des Heimatgefühls reden. Zum anderen dürfen wir ihnen aber auch Themen wie Ökologie oder gesunde Ernährung nicht allein überlassen, die immer mehr Menschen wichtig sind."