Hamburg. Die Urteilsbegründung lässt Spielraum für neue Kritik am Hamburger Luftreinhalteplan. Umweltbehörde trotzdem zuversichtlich.
Aller Voraussicht nach werden die bundesweit ersten Dieselfahrverbote in der kommenden Woche in Hamburg eingeführt. Wie geplant wird dann ein Abschnitt der Max-Brauer-Allee für Diesel-Fahrzeuge schlechter als Euro 5 (bzw. V für Lkw) gesperrt – und ein Stück der Stresemannstraße für Lkw schlechter als Euro VI.
Die seit vergangenem Freitag vorliegende Begründung des Dieselurteils des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig gäben nach erster Durchsicht wohl keinen Anlass von den Plänen abzurücken, hieß es aus der zuständigen Umweltbehörde.
Urteilsbegründung lässt Spielraum für Kritik
Gleichwohl könnten die Ausführungen der Leipziger Richter auch Spielräume für neue Kritik und womöglich auch neue juristische Hebel gegen den Hamburger Luftreinhalteplan geben, der die Verbote enthält. Zum einen weisen die Richter nämlich in den Texten, die auf der Internetseite der Deutschen Umwelthilfe (DUH) zu lesen sind, mehrfach darauf hin, dass die Grenzwerte bei giftigen Stockoxiden (NOx) bereits 2020 eingehalten werden müssen. Nach dem von Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne) vorgelegten Hamburger Luftreinhalteplan (LRP) werden die Grenzwerte an einigen Straßen erst 2025 eingehalten.
„Mit der aktuellen Urteilsbegründung wird die Luft für den Hamburger Luftreinhalteplan deutlich dünner“, sagt BUND-Chef Manfred Braasch. „Das Bundesverwaltungsgericht stellt klar, dass eine Einhaltung der Grenzwerte erst nach 2020 nicht zulässig ist. Hamburg muss also mehr tun, die zwei Fahrverbote, die in Kürze kommen, reichen bei weitem nicht aus.“ Die Auswertung der jüngsten Monatswerte aus dem April 2018 zeigten sogar einen Anstieg der Belastung gegenüber April 2017.
Umweltbehörde gibt sich optimistisch
Die Umweltbehörde bewertet die Lage naturgemäß anders. „An 99,9 Prozent des etwa 4000 Kilometer langen Straßennetzes in Hamburg werden nach unseren Berechnungen bis 2020 die EU-Grenzwerte eingehalten“, sagt ihr Sprecher Jan Dube. Hinzu komme, „dass die Zulassungszahlen für Neu- und Gebrauchtwagen mit Dieselantrieb seit 2017 deutlich schneller verringert haben, als wir es in den Berechnungen zum Luftreinhalteplan annehmen konnten“. Daher würden die Grenzwerte voraussichtlich früher eingehalten.
Zum zweiten aber könnte die Urteilsbegründung das Fahrverbot an der Max-Brauer-Allee infrage stellen. Die Richter weisen nämlich darauf hin, dass Sperrungen nicht zulässig seien, wenn sie an anderer Stelle zu einer „erstmaligen oder weiteren Überschreitung“ des Grenzwertes führen. Das aber ist laut LRP eine Folge der Dieselfahrverbote an der Max-Brauer-Allee.
Schlechte Luft an der Reeperbahn durch Fahrverbote
Die führt durch Ausweichverkehre zu einem Anstieg der Stickoxid-Belastung an der Reeperbahn, wo der Grenzwert ohnedies überschritten wird. Die Umweltbehörde sieht aber auch hier kein Problem. Die „äußerst geringfügige temporäre Erhöhung“ werde an der Reeperbahn irgendwann etwa durch den Einsatz emissionsarmer Busse ausgeglichen.
Ob die Behörde mit all dem richtig liegt, werden am Ende möglicherweise auch in Hamburg wieder die Gerichte klären müssen – falls der BUND, Anwohner oder auch Dieselfahrer sich zu Klagen entschließen sollten.