Hamburg. Künftig sollen in Spezialkliniken feste Vorschriften gelten – sonst kann die Gesundheitsbehörde den Versorgungsauftrag entziehen.
Als einen „Beitrag, um das Vertrauen der Patienten in Krankenhäuser zu stärken“, sieht Hamburgs Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks (SPD) die neuen Vorgaben – von einer „Überregulierung“ spricht hingegen die Hamburgische Krankenhausgesellschaft (HKG): Der Senat hat am Dienstag eine Verordnung beschlossen, wonach ab dem 1. Juli nur noch die Hamburger Kliniken eine Herz-, Thorax- oder Gefäßchirurgie betreiben dürfen, die rund um die Uhr genügend Fachärzte, Krankenpfleger und bestimmte Geräte vorhalten. Für die Neurochirurgie gelten ähnliche Vorgaben seit Jahresbeginn.
Bisher orientierten sich Kliniken an Empfehlungen von medizinischen Fachgesellschaften. „Die konnte man einhalten, man musste es aber nicht“, sagte Prüfer-Storcks. Künftig gelte: Weise eine Klinik nicht nach, dass sie die Standards erfülle, könne die Behörde ihr den Versorgungsauftrag für bestimmte Leistungen entziehen. Die Klinik dürfte dann zwar weiter bestimmte Behandlung anbieten, allerdings würden die gesetzlichen Kassen diese nicht mehr bezahlen.
FDP: „Mehr Bürokratie und Überregulierung“
„Die Vorgaben engen den Handlungsspielraum der Krankenhäuser ein“, sagte HKG-Geschäftsführerin Claudia Brase. „In der Herzchirurgie haben wir die besten Ergebnisse bundesweit. Nun bekommen wir Regelungen für etwas, das fantastisch läuft.“ Es sei nicht nachgewiesen, dass die Vorgaben zu besseren Behandlungen führten und es gebe kein zusätzliches Geld, um die Vorgaben zu erfüllen.
„Die neuen Untergrenzen lassen sich in den zeitlichen Vorgaben des Senats nicht erfüllen, ohne dass andere Stationen auszubluten drohen“, sagte FDP-Politikerin Jennyfer Dutschke. Solange Fachkräfte fehlten, seien die Vorgaben sinnlos. Auch sie sprach von „mehr Bürokratie und Überregulierung“.
Prüfer-Storcks geht allerdings davon aus, dass die meisten Hamburger Kliniken die Standards schon erfüllen. Zudem verwies sie darauf, dass Hamburg zusätzliches Geld vom Bund für mehr Pflegepersonal bekommen würde, wenn es zu einer Großen Koalition käme. Demnach sollen Untergrenzen für die Stärke des Pflegepersonals künftig auch bundesweit gelten.
Zur Finanzierung soll bundesweit eine Milliarde Euro pro Jahr zur Verfügung gestellt werden, jeweils die Hälfte von den Ländern und aus dem Gesundheitsfonds der Krankenkassen. In Hamburg werden es nach Angaben der Senatorin 32 Millionen Euro mehr für Personal sein. Zudem will der Senat auf die jährliche Investitionssumme von 95 Millionen Euro für Baumaßnahmen noch 25 Millionen drauflegen.
„Hamburg braucht echte Leuchttürme, keine gefühlten“
So kritisch HKG-Geschäftsführerin Claudia Brase die Qualitätsvorgaben sieht, so erfreulich findet sie eine weitere Neuerung, die Prüfer-Storcks am Dienstag vorstellte: So sollen an 32 Standorten in Hamburg Zentren ausgewiesen werden, die über eine herausragende Expertise verfügen. Dadurch könnten Kliniken mit den Krankenkassen über Zuschläge für spezielle Leistungen verhandeln. Die Senatorin sprach von „Leuchttürmen.“
Zu weit geht dieses Vorhaben dem Verband der Ersatzkassen (VDEK) in Hamburg: Vom Gesetzgeber wird außerdem betont, dass es sich bei den Leistungen, die ein Zentrum erbringt, um eine Besonderheit handelt – um besondere Aufgaben, die nur in eng begrenzten Ausnahmefällen vorliegen können. Dass sich jetzt an fast jedem Hamburger Krankenhaus ein Zentrum befindet, legt die Vermutung nahe, dass der Begriff zu großzügig verwandt wird“, sagte Kathrin Herbst von der VDEK-Landesvertretung. „Hamburg braucht echte Leuchttürme, keine gefühlten.“