Hamburg. Die geplante Dauerausstellung im Einkaufszentrum sei unwürdig, sagen Linke und Opfer. Die Kulturbehörde hält dagegen.

Im neu entstehenden Büro- und Einkaufstempel „Stadthöfe“ gegenüber der Fleetinsel wird ein neuer „Ort der Erinnerung“ eingerichtet. Er soll die Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft würdigen und die Auseinandersetzung mit den Opfern fördern. Aber es gibt Streit – um die Form des Gedenkens, den Begriff der Würde und den Ort selbst.

In den Gebäuden Am Neuen Wall 88 und Stadthausbrücke 4 waren von 1933 bis zur Ausbombung 1943 das Polizeipräsidium, die Leitung der Kripo und das Hauptquartier der Gestapo untergebracht. Linkspartei, Verfolgtenverbände und Geschichtswerkstätten kritisieren die Pläne von Kulturbehörde und Investor Quantum. Die Linke kündigte einen Bürgerschaftsantrag zum Thema an. Am Dienstagnachmittag demonstrierten zudem rund 100 Menschen an der Stadthausbrücke.

Kulturbehörde betont den Premierencharakter der Ausstellung

Der Linken-Bürgerschaftsabgeordnete Norbert Hackbusch warf Stadt und Bauherr vor, keinen geeigneten Träger für die Gedenkstätte und keine erinnerungshistorisch professionelles Konzept dafür entwickelt zu haben. „Immerhin geht es um den zentralen Ort der Stadt, an dem gefoltert wurde“, sagte Hackbusch. Die jetzt ergangene behördliche Einladung zu einem Beteiligungsverfahren komme viel zu spät.

Kultursenator Carsten Brosda: „Mit dem ‚Ort der Erinnerung‘ soll in den Stadthöfen künftig erstmals umfänglich über die Vergangenheit des Gebäudes als Zentrale des Terrors informiert werden: Wir wollen einen echten Ort des Gedenkens und des kritischen Austausches schaffen.“

Senator lädt zur Beteiligung ein

Bisher waren zur Würdigung des historischen Ortes nur zwei Gedenktafeln am Gebäude angebracht. Jetzt soll auf einer Hauptfläche im westlichen Eingangsbereich eine Ausstellungsfläche von etwa 70 Quadratmetern eingerichtet werden. Die wechselnden Inhalte sollen von der Stadt und der KZ-Gedenkstätte Neuengamme kommen bzw. koordiniert werden, hieß es aus der Kulturbehörde.

Und: „Wir laden alle Kultur- und Forschungsinstitutionen, Geschichtswerkstätten, Verbände und Initiativen dazu ein, in enger Zusammenarbeit mit der Kulturbehörde und der KZ-Gedenkstätte Neuengamme daran mitzuwirken, dass die grausame Vergangenheit des Gebäudes angemessen dargestellt wird und zur Auseinandersetzung mit unserer heutigen Verantwortung anregen kann“, sagte der Senator. Diese „wichtige Beteiligung“ solle in Form eines „dauerhaften Beirates verstetigt“ werden und in die Ausstellungen einfließen.

Linke gegen Kombination von Ausstellung und Broterwerb

Derzeit ist ein „Dreiklang von Ausstellung, Buchhandlung und Literatur-Café“ vorgesehen, der von Hackbusch allerdings rundweg abgelehnt wird. „Der Gedenkort soll organisiert werden von jemandem, der nicht in erster Linie das Gedenken sichert, sondern in erster Linie den Broterwerb mit dem Buchladen. Diese Verbindung geht einfach nicht.“

Die Kulturbehörde bezeichnete die Kritik als unfair. Mit Stephanie Krawehl, der Betreiberin des Literatur-Cafés, sei von der KZ-Gedenkstätte Neuengamme eine sehr anerkannte Persönlichkeit vorgeschlagen worden, die in der Vergangenheit gezeigt habe, dass sie der Aufgabe durchaus gewachsen sei. „Man sollte ihr jetzt die Chance geben, das zu machen“, sagte Kulturbehördensprecher Enno Isermann.

Der Kaufvertrag verlangt die würdige Gedenkstätte

Die Stadt hatte beim Verkauf des Gebäudes an den Investor Quantum 2009 im Kaufvertrag festlegen lassen, dass ein „würdiger Ort der Erinnerung“ eingerichtet wird. Hackbusch: „Offenbar sind sich die Behörden jetzt aber nicht so recht einig darüber, was unter „würdig“ zu verstehen ist: ein professionelle Ausstellung mit einem echten Kurator oder eine nebenbei mit betriebene Gedenkstätte. “ Ersteres würde Geld kosten, letzteres eher nicht.

Die Kulturbehörde wies darauf hin, dass zur Gedenkstätte auch der historische Verbindungsgang zwischen den Arrestzellen und den Verhörräumen zu zählen ist. Der sogenannte „Seufzergang“ ist weitgehend im Originalzustand erhalten. Darüber hinaus soll die zentral gelegene Brückenarkade über dem Fleet Informationstafeln die 200-jährige Baugeschichte des Gebäudes dokumentieren.