Hamburg. Der Schulsenator zu den geplanten Schließungen von bis zu acht katholischen Schulen. Andere katholische Organisationen als Träger?

Das Erzbistum Hamburg will bis zu acht der 21 katholischen Schulen schließen. Gibt es noch Wege, dies zu verhindern? Welche Zukunftsperspektive haben die Schüler? Das Abendblatt sprach mit Schulsenator Ties Rabe (SPD).

Acht von 21 katholischen Schulen sollen geschlossen werden. Im Interesse der Schüler und ihrer Eltern – sehen Sie sich sowie Senat und Bürgerschaft jetzt in der Verantwortung?

Ties Rabe: Ich bedaure die Entscheidung der katholischen Kirche. Die katholische Kirche ist der größte Privatschulträger mit einer langen Tradition. Aber die Verantwortung im Privatschulwesen ist klar geregelt: Die privaten Schulträger tragen die Verantwortung für die Organisation und Pädagogik der Privatschulen. Der Staat trägt die Verantwortung für eine angemessene Finanzierung aller Privatschulen, die für alle Schulträger gleich sein muss. Und er trägt die Verantwortung dafür, dass alle Kinder eine gute Schule besuchen können.

Und was heißt das genau?

Rabe: Der Senat steht zu seiner Verantwortung gegenüber Kindern und Eltern sowie zu seiner Verantwortung für eine angemessene Privatschulfinanzierung. Deshalb werden Hamburgs staatliche Schulen in den kommenden Anmelderunden die zusätzlich zu erwartenden Kinder aufnehmen und ihnen hervorragende Bildungswege ermöglichen. Das Erzbistum hat uns darüber hinaus zugesichert, dass die an den betroffenen katholischen Schulen bereits aufgenommenen Kinder ihren Bildungsweg im katholischen Schulsystem bis zum Ende fortsetzen können. Die Hamburger Privatschulfinanzierung ist im Bundesvergleich sehr hoch, auch hier werden wir unserer Verantwortung gerecht. Darüber hinaus bieten wir dem Erzbistum weiterhin Gespräche an.

Ein direktes Gesprächsangebot an die Adresse des Erzbistums gibt es von Ihnen in der jetzigen Situation nicht. Warum nicht?

Rabe: Das ist falsch. Nachdem die Schulbehörde im Dezember aus Medienberichten von den Schließungsplänen erfahren hat, habe ich als zuständiger Senator dem Erzbischof umgehend einen Brief geschrieben und ein Gesprächsangebot gemacht.

Und wie war die Reaktion?

Rabe: Der Erzbischof hat mich am vergangenen Donnerstag angerufen, wir haben uns ausgetauscht und weitere Gespräche auf Arbeitsebene vereinbart.

Wann und wie haben Sie von den geplanten Schulschließungen erfahren?

Rabe: Die Schulbehörde hatte zunächst aus Medienberichten von den Schließungsplänen erfahren. Vertreter des Erzbistums haben die Spitzenbeamten der Schulbehörde dann drei Tage vor der öffentlichen Pressekonferenz über die Schließungspläne informiert.

Hätte sich das Erzbistum vor der Entscheidung an Sie wenden sollen?

Rabe: Private Schulträger entscheiden selbst über ihre Schritte, da machen wir niemandem Vorschriften. Es gibt durchaus private Schulträger, die frühzeitig das Gespräch mit der Schulbehörde suchen und dann Lösungen und Varianten diskutieren.

Welche hausgemachten Probleme sehen Sie bei den katholischen Schulen?

Rabe: Ich bitte um Verständnis dafür, dass die Schulbehörde keinen privaten Schulträger bewertet.

Der Ganztag und die Inklusion stellen die Schulen in privater Trägerschaft vor große finanzielle Probleme. Halten Sie eine stärkere Beteiligung der Stadt für möglich, ja eventuell sogar erforderlich?

Rabe: Die zusätzlichen Aufgaben sind selbstverständlich zusätzlich finanziert worden. Dazu hat der Senat den privaten Schulträgern für Inklusion und Ganztag zusätzliche und angemessene Mittel zur Verfügung gestellt, die sich an den Kosten des staatlichen Schulsystems orientieren. Die trägergestützte Ganztagsbetreuung (GBS) wird sogar zu 100 Prozent finanziert, genauso wie die Schülerkosten für Schülerinnen und Schüler an Sonderschulen. Auch insgesamt ist Hamburgs Förderung deutlich höher als in den meisten anderen Bundesländern.

Gleichwohl kritisieren die privaten Schulträger die vom Staat bereitgestellten Investitionsmittel als zu niedrig. Sehen Sie hier Spielraum für Erhöhungen?

Rabe: Handlungsbedarf sähe ich dann, wenn die Hamburger Förderung im Vergleich zu anderen Bundesländern geringer wäre. Das ist aber nicht der Fall. Im Vergleich zu anderen Bundesländern ist die Hamburger Förderung sehr großzügig, in zentralen Bereichen beispielsweise um 30 Prozent höher als die Förderung in Schleswig-Holstein.

Ist es aus Ihrer Sicht nicht klüger, die Schulen in katholischer Trägerschaft zu retten, weil die Kosten für die Steuerzahler sonst noch höher sind?

Rabe: Hamburg finanziert Schulen in privater Trägerschaft, wie gesagt, außerordentlich gut. Die Erstattung wurde in den letzten 15 Jahren deutlich verbessert und schrittweise von 65 auf 85 Prozent angehoben. Unter diesen Rahmenbedingungen wirtschaften private Schulträger in Hamburg verantwortungsvoll und durchaus erfolgreich. Hamburg kann nicht einen einzelnen Schulträger besser stellen als die anderen.

Reichen die Kapazitäten staatlicher Schulen, um alle Schüler aufzunehmen?

Rabe: Ja.

Wie geht es jetzt konkret weiter? Haben sich die Vertreter bei Ihnen schon zum Gespräch angesagt?

Rabe: Ich gehe davon aus, dass es weitere Gespräche geben wird. Wichtiger ist aber, dass das Erzbistum mit den betroffenen Eltern, Schülern und Lehrkräften Lösungen erörtert.

Noch einmal konkret nachgefragt: Welche Chancen sehen Sie für den Erhalt der drei Standorte St. Sophien, Harburg und Neugraben, die noch eine Schonfrist bis zum Schuljahr 2019/20 haben? Ist hier eine Übernahme durch den Staat vorstellbar?

Rabe: Der Staat kann und darf keine katholischen Schulen betreiben. Allerdings sind durchaus andere Träger, beispielsweise andere katholische Organisationen, denkbar. Wenn es entsprechende Lösungsvorschläge gibt, werden wir das sehr konstruktiv begleiten.