Hamburg. Grünen-Politikerin Katharina Fegebank plädiert für Gespräche über Jamaika-Koalition. Sie nennt auch Bedingungen.

Die Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank fieberte dem Wahlergebnis bei der Grünen-Party im „Knust“ an der Feldstraße entgegen.

Was überwiegt bei Ihnen: die Erleichterung über das Ergebnis der Grünen, das besser ausfällt als erwartet, oder das Erschrecken über die AfD, die mit gut 13 Prozent in den Bundestag einzieht?

Katharina Fegebank: Das steht nebeneinander. Es ist ganz bitter, dass erstmals in der deutschen Nachkriegsgeschichte eine rechtspopulistische Partei gleich mit einem zweistelligen Ergebnis in den Bundestag einzieht. Das wird die Debatten in der Republik verändern. Alle demokratischen Parteien müssen jetzt in die politische Auseinandersetzung gehen und die populistischen Parolen der AfD entlarven.

Die AfD kann sich vor der inhaltlichen Auseinandersetzung nicht mehr drücken, wir werden sie in diese Diskussionen zwingen und zeigen, dass sie keine praktischen Antworten für die realen Probleme hat. Über das gute Abschneiden der Grünen bin ich heute Abend sehr erleichtert, mir ist eine Zentnerlast von den Schultern gefallen. Wir waren schon abgeschrieben und totgesagt und scheinen – wenn sich die Hochrechnungen bestätigen – nun sogar besser abgeschnitten zu haben als bei der letzten Wahl. Das zeigt, dass unser Eindruck aus den vielen Gesprächen mit den Bürgern nicht getrogen hat. Dass viele Leute eine Partei wollen, die differenziert argumentiert und den Mut hat, sich klar auf Zukunftsthemen zu konzentrieren.

Die AfD entzaubern – wie macht man das?

Katharina Fegebank: Wir dürfen uns von diesem Wahlergebnis nicht entmutigen lassen. Wir müssen die Argumente der AfD auseinandernehmen und sie nicht durchkommen lassen mit ihren Parolen, die wenig mit der Realität zu tun haben, sondern Ängste schüren und ganze Bevölkerungsgruppen stigmatisieren und ausgrenzen. Das müssen wir immer und immer wieder zur Sprache bringen – am Arbeitsplatz, in den Familien und Freundeskreisen, in den Parlamenten und jetzt auch besonders im Deutschen Bundestag. Ich hoffe, dass wir den Rechtsruck des heutigen Abends alle gemeinsam als Auftrag begreifen, die Stimmen der Vernunft laut zu erheben. Vielleicht wird die Gesellschaft durch dieses Ergebnis stärker politisiert.

An ihrem Ziel, drittstärkste Kraft zu werden, sind die Grünen gescheitert.

Katharina Fegebank: Wir freuen uns, dass wir besser abgeschnitten haben, als viele vorhergesagt haben. Und es freut mich besonders, dass uns das gelungen ist mit der Konzentration auf unsere grünen Herzensthemen, von denen manche gesagt haben, sie seien von gestern. Offenbar haben sie doch den Nerv vieler Bürgerinnen und Bürger getroffen.

Jetzt stehen die Zeichen auf eine Jamaika-Koalition.

Katharina Fegebank: Kanzlerin Angela Merkel hat den Auftrag, eine Regierung zu bilden. Für die Grünen gilt: Wer sein Programm ernst nimmt, der verhandelt auch darüber. Wir werden uns Gesprächen mit allen demokratischen Parteien nicht verschließen und sie ernsthaft führen. Wenn es dazu kommt, werden wir aber anhand unserer Inhalte, die wir im Wahlkampf sehr klar benannt haben, entscheiden, ob das eine Regierungsoption ist oder nicht. Wir können mit allen reden, aber nicht über alles.

Welches sind denn die Inhalte, ohne die es mit den Grünen nicht geht?

Katharina Fegebank: Zentral für uns ist der Klimaschutz, die Frage, wie eine echte Energie- und Mobilitätswende gelingt, ein starkes Europa und die zentrale Zukunftsaufgabe Inte­gration – bei diesen Themen müssen sich unsere Vorstellungen in einer Regierung abbilden.

Und das Hamburger Wahlergebnis?

Katharina Fegebank: Das gute grüne Ergebnis in Hamburg ist auch eine Ermutigung für unsere politische Arbeit in der Stadt. Außerdem ist die AfD deutlich unter dem Bundestrend geblieben. Das macht mich stolz auf meine Stadt. Unser Koalitionspartner SPD hätte ein besseres Ergebnis verdient.