Hamburgs Bürgermeister hat kein Verständnis für das Vorgehen der Uni und äußert sich beim SPD-Parteitag gegenüber dem Abendblatt.
Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz hat den Umgang mit einem bislang in der Bundeswehruniversität hängenden Fotos des früheren Bundeskanzlers Helmut Schmidt, das ihn in Wehrmachtsuniform zeigt, kritisiert. „Bei allem Verständnis für eine kritische Überprüfung der Vorgänge in der Bundeswehr, scheint man in diesem Fall doch über das Ziel hinausgeschossen zu sein“, erklärte Scholz am Sonnabend am Rande des SPD-Parteitages in Wilhelmsburg mit Blick auf die Entscheidung, das Foto abzuhängen.
Die Vergangenheit des Altkanzlers in der Wehrmacht sei bekannt. „Seine Lebensleistung als Bundeskanzler, als Verteidigungsminister, als Innensenator und Publizist weist weit über diese Zeit hinaus, weshalb er zu Recht Namensgeber der Bundeswehr-Universität in Hamburg geworden ist“, sagte Scholz.
Auswirkungen des Bundeswehr-Skandals erreichen Hamburg
Zuvor hatten die Auswirkungen des Skandals um eine vermeintliche rechte Terrorzelle und um extremistisches Gedankengut in der Bundeswehr Hamburg erreicht. In der Helmut-Schmidt-Universität am Holstenhofweg wurde ein Foto des Altkanzlers gefunden, das ihn in Wehrmachtsuniform zeigt. Die Aufnahme wurde abgehängt.
Die Bundeswehr hat es sich zur Aufgabe gemacht, in ihren Institutionen nach Devotionalien aus der NS-Zeit zu suchen. Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) hat in der Bundeswehr einen neuen Umgang mit ihren Traditionen angeordnet.
Schmidt-Foto hing im Studentenwohnheim
„Das Foto hing im Flur eines Studentenwohnheims“, sagte Dietmar Strey, Sprecher der Helmut-Schmidt-Universität, dem Abendblatt. Der Generalinspekteur der Bundeswehr habe alle Dienststellen aufgefordert, eine Bestandsaufnahme zu machen, um nach NS-Devotionalien wie Wehrmachtsbildern, -waffen und -ausrüstungsgegenständen zu suchen. Der Disziplinarvorgesetzte der Studenten habe daraufhin entschieden, das Foto abhängen zu lassen, so Strey.
Das wirkt kurios, weil Schmidt schließlich der Namensgeber der Einrichtung ist, aus seiner Zeit bei der Wehrmacht nie ein Geheimnis gemacht und sich immer wieder eindeutig von der NS-Diktatur distanziert hat. „Wir haben uns entschlossen, das Foto durch eine unmissverständlichere Darstellung zu ersetzen“, so Strey. Es gebe schließlich Unmengen von Fotos, die „für die Person repräsentativer sind als dieses hier“.
Das Foto habe schon seit Jahren im Flur gehangen, schon bevor die jetzige Generation von Studenten dort eingezogen sei. Der Sprecher ist sich sicher, wenn Schmidt, der 2015 gestorben ist, von der Existenz des Fotos an der Stelle gewusst hätte, wäre seine Reaktion gewesen: „Nehmt das mal ab! Scheiß Krieg!“
Einige Studenten befürworteten Schmidt-Foto
Die Universität teile die Entscheidung des Disziplinarvorgesetzten, das Bild abzuhängen, so Strey. Das sei aber offensichtlich nicht bei allen Studenten so. „Einige hielten das Entfernen des Fotos offenbar für falsch.“ Aber nicht nur die Studenten. Strey erreichen immer mehr E-Mails, die sich kritisch mit der Entscheidung zum Schmidt-Foto auseinandersetzen. Ein Aspekt ist ihm besonders wichtig: „Wir haben nicht am Andenken von Helmut Schmidt gekratzt.“
Johannes Kahrs, Hamburger SPD-Bundestagsabgeordneter und Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion im Haushaltsausschuss, sagt dazu: „Im Kern halte ich das für groben Unfug. Wenn die Ministerin nach dreieinhalb Jahren Dienstzeit entdeckt, dass sie etwas ändern will, dann soll sie den Traditionserlass ändern. Helmut Schmidt in einen Topf mit drei kriminellen Rechtsradikalen zu werfen, ist ungehörig und zeigt mehr, dass sie Angst um ihren eigenen Arsch hat als dass sie sich vor die Truppe und ihre Soldaten stellt. Führungs- und Haltungsversagen liegen hier nicht bei der Truppe, sondern bei der Ministerin, die nicht zusammen mit ihren Offizieren dieses Problem löst, sondern stattdessen die Bundeswehr und alle ihre Angehören unter einen Gesamtverdacht stellt.“