Hamburg . Durchfahrverbote, Tempolimits und harte Vorgaben für den Hafen. Umweltsenator legt Luftreinhalteplan vor.

Am Ende war Jens Kerstan doch mit sich selbst zufrieden. „Das war ein enormer Kraftakt“, sagte der grüne Umweltsenator bei der Präsentation der Eckpunkte zum neuen Luftreinhalteplan am Dienstag im Rathaus. „Es war gar nicht sicher, dass wir das schaffen würden.“ Nun aber habe man „als erste Großstadt“ tatsächlich einen Plan vorgelegt, der „alle Maßnahmen auf ihre Wirksamkeit hin berechnet“. Mit einem ganzen Bündel von Maßnahmen soll die Belastung der Hamburger Luft mit giftigem Stickoxid nun bis 2020 deutlich reduziert werden. Von 2025 an sollen dann die bereits seit 2010 geltenden EU-Grenzwerte überall eingehalten werden.

Zu den von Kerstan vorgestellten Vorhaben zählen neben den partiellen Durchfahrtsverboten für Max-Brauer-Allee und Stresemannstraße (siehe Seite 1) bereits bekannt Punkte wie der weitere Ausbau des Öffentlichen Personennahverkehrs (U4-Verlängerung, Bau der S4, Neubau der U5), die Förderung des Radverkehrs, die Ausweitung von Park+Ride oder Carsharing und die weitere Stärkung der Elektro-Mobilität. Hamburg will ja zudem von 2020 an nur noch emissionsfreie Busse kaufen und das Bussystem bis etwa 2030 vollständig umstellen.

Einführung von mehr Tempo-30-Zonen wird geprüft

Neben diesen stadtweit wirkenden Vorhaben sollen aber auch viele lokale Maßnahmen geprüft werden. Dazu gehören der vorgezogene Einsatz emissionsfreier E-Busse in besonders belasteten Gebieten, aber laut einem von Kerstan vorgestellten Eckpunktepapier an bestimmten Stellen auch die „Drosselung“ des Verkehrs – also die „Begrenzung der Verkehrsmengen durch Baumaßnahmen“. Geprüft wird auch die Einführung weiterer Geschwindigkeitsbegrenzungen auf Tempo 30 oder 40. Kerstan betonte, dass der Stickoxid-Ausstoß bei Tempo 40 am geringsten sei. Tempolimits und die Einführung von „grünen Wellen“ bei der Ampelschaltung sollten für eine „Verstetigung des Verkehrs“ sorgen.

„Der Dieselskandal und die teilweise grotesk hohen Abweichungen zwischen Labor- und Straßenmesswert bei Dieselautos waren 2012 beim letzten Luftreinhalteplan noch kein Thema“, so Kerstan. „Würden alle Autos die gesetzlichen Zulassungswerte auch auf der Straße einhalten, hätten wir schon heute nur noch an sehr wenigen Stellen in Hamburg ein Grenzwert-Problem.“ Da den offiziellen Angaben der Hersteller nicht zu trauen sei, habe man für die Berechnungen den Faktor 1,9 angelegt, so der Umweltsenator.

Emissionsfreie Busse sollen Werte verbessern

Bereits jetzt steht fest: An Holstenstraße, Bergedorfer Straße und Großer Burstah sollen die Grenzwerte durch den baldigen Einsatz emissionsfreier Busse eingehalten werden. An der Bahrenfelder Straße wird es Maßnahmen zur „Verstetigung“ geben, also möglicherweise Tempolimits. Auch an der Bernadottestraße und Holländischer Reihe ist laut Kerstan eine Drosselung nötig.

Stark in den Blick nimmt der neue Luftreinhalteplan nun auch den Hamburger Hafen. „Neu war auch für uns die Erkenntnis, dass die Hintergrundbelastung aus dem Hafen an einigen Straßen am Nordufer der Elbe ein erhebliches Problem für die Luftqualität ist“, sagte Kerstan. „Dem begegnen wir mit neuen und zusätzlichen Anstrengungen im Hafen.“

So soll es in „Bonus-Malus-System“ beim Hafengeld geben, sprich: Wer viel Dreck in die Luft pustet, zahlt mehr. Statt einer Landstromanlage am Burchardkai der HHLA sollen dort vier sogenannte PowerPacks für eine Strom-Versorgung der Schiffe sorgen, damit diese ihre Dieselmotoren nicht mehr laufen lassen müssen. In Altenwerder und bei Eurogate sollen zudem zwei neue Landstromanlagen entstehen. Fähren, Barkassen und Schlepper würden mit modernen Antrieben ausgestattet, so Kerstan. Zudem sollen die Hafenbahn elektrifiziert und Anreize für die Nutzung von Lkw mit Euro VI-Norm gesetzt werden.

Gerichte müssen über Fahrverbote entscheiden

Veröffentlicht werden soll der Luftreinhalteplan am kommenden Montag. Dann beginnt die Frist der offiziellen Auslegung, die bis zum 8. Juni läuft. Bis zum 23. Juni können Stellungnahmen abgegeben werden, etwa von den Umweltverbänden.

Durchfahrtsverbote wurden laut Kerstan auch für andere Straßen, etwa Nordkanalstraße, Spaldingstraße, Elbchaussee, Palmaille, Willy-Brandt- oder Habichtstraße geprüft, aber als nicht umsetzbar oder unverhältnismäßig verworfen. Ob die geplanten Teilsperrungen an der Max-Bauer-Allee und Stresemannstraße kommen, hängt noch von einer Grundsatzentscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes ab. Dieses wird voraussichtlich im Laufe des Jahres entscheiden, ob Länder und Kommunen lokale Beschränkungen für bestimmte Motorentypen an einzelnen Straßen überhaupt anordnen dürfen.