Hamburg. Das Oberverwaltungsgericht bestätigt ein Zwangsgeld gegen Hamburg. Die EU droht mit Klage gegen die Stadt.

Die Luft in Hamburg wird nicht besser – und die Gerichte und die Europäische Union scheinen allmählich die Geduld mit den politisch Verantwortlichen hier und in anderen Metropolregionen zu verlieren. Das Oberverwaltungsgericht Hamburg hat nun die Anordnung eines Zwangsgeldes von 5000 Euro gegen die Stadt bestätigt, sollte der Senat nicht bis spätestens 30. Juni 2017 einen neuen Luftreinhalteplan vorlegen. Dieser muss geeignet sein, die seit Jahren deutlich über den Grenzwerten liegenden Belastung der Hamburger Luft mit giftigen Stick­oxiden zu reduzieren.

Bereits 2014 war Hamburg verurteilt worden

Bereits Ende 2014 war Hamburg zu einem zügigeren Vorgehen gegen die gesundheitsschädliche Luftbelastung verurteilt worden. Dabei ließ sich der rot-grüne Senat allerdings so viel Zeit, dass das Verwaltungsgericht Mitte 2016 einem Zwangsgeldantrag des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) gegen die Stadt entsprach. Der Senat hatte dagegen Einspruch erhoben – und nun auch vor dem Oberverwaltungsgericht (OVG) eine Niederlage kassiert. Mag die Summe von 5000 Euro auch unerheblich sein, so zeigt die Entscheidung des OVG doch einmal mehr, dass die Stadt endlich selbst handeln muss, wenn sie am Ende gerichtlich verordnete Fahrverbote vermeiden will.

„Wir sehen uns mit der Entscheidung bestätigt“, sagte BUND-Landes­geschäftsführer Manfred Braasch. „Der Hamburger Senat tut zu wenig für die Luftreinhaltung in Hamburg. Die Grenzwerte zum Schutz der menschlichen Gesundheit werden seit Jahren massiv überschritten. Es ist ein Armutszeugnis für die Hamburger Politik, dass die Beachtung geltenden Rechts gleich mehrfach eingeklagt werden muss.“

Aus Brüssel könnte eine Klage auf Hamburg zukommen

Auch die EU hat nun die Gangart gegen Deutschland weiter verschärft. Im laufenden Vertragsverletzungsverfahren wegen des permanenten Ver­stoßes gegen die Grenzwerte in vielen Regionen hat sie nun eine „mit Gründen versehene Stellungnahme“ an die Bundesregierung geschickt. Ein solches Schreiben ist bereits der zweite Schritt in dem Verfahren, schon 2014 hatte die Europäische Kommission Maßnahmen gegen die Belastung der Luft mit Stickstoffdioxid verlangt. Im nächsten Schritt droht Deutschland eine Klage der Kommission vor dem Europäischen Gerichtshof. In dem Brief bezieht sich die EU auf 33 deutsche Regionen, darunter den „Ballungsraum Hamburg“.

Kommentar: Senat muss Hamburger endlich vor giftigen Abgasen schützen

Die von der EU für Hamburg aufgeführten Durchschnittswerte zur Luft­belastung zeigen, dass von einer deutlichen Verbesserung der Luft in den vergangenen Jahren keine Rede sein kann. Obwohl nur 40 Mikrogramm des giftigen Stickoxids pro Kubikmeter Luft erlaubt sind, lag die Belastung in Hamburg im Jahresmittel laut EU 2013 bei 63 Mikrogramm­, 2014 bei 62 Mikrogramm und 2015 erneut bei 63 Mikrogramm.

EU-Grenzwerte werden seit Jahren überschritten

Die EU-Grenzwerte für Stickstoffdioxid (NO2) gelten bereits seit Januar 2010 und werden an den Straßenmessstationen in Hamburg seit Jahren überschritten. Hauptquellen der giftigen Stickoxide, die zu chronischem Husten, Bronchitis, Asthma, Entzündungen oder Lungenkrebs führen können, sind vor allem Dieselabgase, also vor allem der Kfz-Verkehr und Schiffe.

In der vom grünen Senator Jens Kerstan geführten Umweltbehörde reagierte man am Donnerstag zurück­haltend. Kerstan hatte zuletzt, auch angesichts des Betrugs der Autohersteller an Kunden und Umwelt, gelegentliche Fahrverbote als mögliche Reaktion auf die nicht stark genug sinkende Luft­belastung ins Spiel gebracht.

Senat will bis zum 30. Juni Maßnahmen vorlegen

„Der Senat wird bis zum 30. Juni – dem vom Verwaltungsgericht im Juli 2016 gesetzten Datum – aufzeigen, wie und mit welchen Maßnahmen schnellstmöglich die Grenzwerte für Stickstoffdioxid eingehalten werden sollen“, hieß es am Donnerstag. „Mit welchen Maßnahmen die Werte am Ende erreicht werden, lässt sich erst sagen, wenn alle umfangreichen Berechnungen durchgeführt und ausgewertet sind. Mit diesen Berechnungen erfüllt die Stadt Hamburg eine Vorgabe aus dem Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg.“

Die CDU warf Kerstan vor, das Thema auszusitzen. „Seit den vollmundigen Ankündigungen zum Luftreinhalteplan hat Umweltsenator Kerstan keine einzige nennenswerte Maßnahme zur Verbesserung der Luftqualität in Hamburg umgesetzt. Kerstan muss endlich einmal liefern“, sagte CDU-Umweltpolitiker Stephan Gamm. „Anders kann man der Luftschadstoffe nicht Herr werden. Statt mit Hochdruck am Luftreinhalteplan zu arbeiten, versucht er auf juristischem Wege gegen die gesetzte Frist im Juni vorzugehen.“